Flüchtlinge im Kreis brauchen unsere Hilfe
Der Deutsche Land-Frauenverband e.V. und Landrat Michael Lieber hatten zu einem politischen Diskussionsabend in der evangelischen Landjugendakademie in Altenkirchen geladen. Ein emotionaler Abend mit bewegenden Schilderungen betroffener und mitwirkender Menschen.
Altenkirchen. Mit einer herzlichen Dankesrede an alle ehrenamtlichen Helfer und mitwirkenden Personen rund um das Thema „Flüchtlinge im Kreis – was können wir tun?“ wurde die politische Informationsveranstaltung am Donnerstagabend, den 18. Februar in der Landjugendakademie eröffnet. Durch das Programm führte Gerlinde Eschemann, Vorsitzende des LFV Altenkirchen. An ihrer Seite referierten ebenso Landrat Michael Lieber, Joachim Brenner, Referatsleiter Sozialverwaltung sowie Maik Treck, Geschäftsführer des Fördervereins für die Erstaufnahmeeinrichtung Stegskopf e.V.
„Hier vor Ort ist eine –Koalition der Willigen- unverzichtbar“, sagte Gerlinde Eschemann. „Bund, Länder, Kommunen und Bürger müssen sich vor Ort zusammentun, damit den Menschen, die in Angst und Not zu uns fliehen, erste selbstverständliche Hilfe zuteilwerden kann.“ Konkrete Beispiele in der Region würden zeigen, dass großes ehrenamtliches Engagement für geflüchtete Menschen vorhanden sei. Darunter die Beispiele der Flüchtlingshilfen Flammersfeld, Heller-Daadetal, Cafe Terra in Hamm sowie die Flüchtlingshilfe Schöneberg. Frieden, Freiheit, Sicherheit und Heimat seien Sehnsüchte aller Menschen und hier gilt es Verantwortung zu übernehmen.
Auch Landrat Michael Lieber zeigte sich bewegt von der aktuellen Situation im Landkreis Altenkirchen: „Das oberste Ziel ist es, den Menschen ein Dach über den Kopf zu geben und sie zu versorgen, ihnen Sicherheit zu geben.“ Es sei eine große Kraftanstrengung für alle - Bund, Länder, Kommunen und Gemeinden. Gerade hier in Deutschland habe man eine historische Verpflichtung und könne somit ein Stück von der Geschichte begleichen. „Als die ersten Flüchtlinge im Erstaufnahmelager Stegskopf am 29. Oktober vergangenen Jahres eintrafen, war dies ein bewegender Moment für uns alle mit hoher Bedeutung“, meinte Lieber.
Im Anschluss gab Joachim Brenner, Abteilung Sozialverwaltung, einen Überblick über die Flüchtlingszahlen. „Im Juni 2015 waren bereits über 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Dies ist die größte Zahl seit Ende des Zweiten Weltkrieges“, erläutert Brenner. Im Landkreis Altenkirchen leben derzeit 1.650 Asylsuchende. Länder wie Syrien, Afghanistan und Albanien stellen hier den größten Anteil der Bevölkerungsgruppen dar, gefolgt vom Kosovo, Iran und Serbien. Die Aufgaben der Kreisverwaltung und Kommunen seien klar strukturiert. Als oberste Priorität gelte die Unterbringung, also Beschaffung von Wohnraum, gefolgt von staatlichen Transferleistungen, wie Geld– und Sachleistung, sowie die direkte Betreuung. Diese flächendeckende Betreuung sei ohne Mithilfe der ehrenamtlichen Mitarbeiter schlicht nicht möglich. Von Fahrtdiensten über Beschaffungen von Sachgegenständen, wie Herd oder Kühlschrank, bis hin zur sprachlichen Betreuung. Das alles habe man den Bürgerinnen und Bürgern zu verdanken, die sich mit Fürsorge und einem großen Herz frei heraus engagieren. Integration beginne dann, wenn man aufeinander zugeht.
Dies griff auch Maik Treck, Geschäftsführer des Fördervereins Stegskopf, in einer darauffolgenden Ansprache auf: „400 Menschen stehen morgens auf und helfen! Eine großartige und einfach beeindruckende Tätigkeit“, schilderte Treck. Sichtlich berührt von den vielen Eindrücken und Emotionen, die mit einer Arbeit im direkten Umfeld von Not und Leid selbstverständlich aufkommen. Die Gründung des Vereins im vergangenen Dezember sei hauptsächlich mit dem Zweck der Spendensammlung zur Durchführung von integrativen Maßnahmen interkultureller Begegnung gewesen. Man sei bemüht, eine stetige Verbesserung der Lebens-, Freizeit- und Fortbildungsbedingungen für Flüchtlinge und Asylsuchende auf dem Stegskopf zu erzielen. „Der Stegskopf ist ein spannungsfreier Raum mit vielen Frauen und Kindern, die Platz für ein individuelles Leben haben“. Problematisch sei das begrenzt zur Verfügung stehende Budget sowie die daraus resultierende Limitierung in der Förderfähigkeit. Man wolle breite Massen erreichen und nicht nur kleine Gruppen.
Um dies zu Unterstützen gab es im Anschluss eine Scheckübergabe der Landfrauen in Höhe von 250 Euro an den Förderverein Stegskopf e.V. Auch die offene Fragerunde zeigte deutlichen Aufklärungsbedarf in der Bevölkerung und unter den Landfrauen: „Was können wir als Landfrauen hier tun? Wie können wir auch als Bürgerinnen und Bürger aktiv mithelfen?“
Hier ist der gemeinsame Tenor klar: Die Entscheidung zu helfen, muss aus sich heraus getroffen werden. Hände in den Schoß legen und sich darüber beklagen wie man diese Probleme bewältigen könne, würde nicht funktionieren. Es gibt viele Möglichkeiten der Mithilfe: Von Verfügungsstellung eines Wohnraums, über Sprachpatenschaften bis hin zur persönlichen Betreuung oder Bereitstellung von Sachgütern. Man müsse die eigenen Fähigkeiten mit Mut und Herz dort einsetzen, wo sie am meisten gebraucht werden. Auch um die Verwaltung zu entlasten ist eine unterstützende Arbeit der Bevölkerung erforderlich. Nur so könne man den hohen Anfragen gerecht werden und zukünftig schnellere Hilfe leisten. „Aus Flüchtlingsstrom sollen wieder Menschen werden“, so Maik Treck.
Und genau diese Menschen um die es hier geht, waren an dem Informationsabend ebenso anwesend und erzählten ihre berührende Geschichte von der Verfolgung und Flucht aus ihrer Heimat. Einer von ihnen ist Dolmetscher Safi. Er arbeitete in seinem Heimatland Afghanistan als Dolmetscher in einer großen Organisation, die unter anderem gegen den Anbau von Opium-Feldern anging. Aus dieser Arbeit heraus erfuhr Safi massive Probleme, zudem entwickelten sich dramatische familiäre Schicksale mit Terrorgruppen, die ihn zur Flucht bezwangen. Über die klassische Balkanroute kam Dolmetsher Safi zu uns nach Deutschland. Seit sechs Monaten lebt er nun im Kreis Altenkirchen und besucht zweimal wöchentlich einen Förderkurs. „Ich freue mich so sehr dass ich hier sein darf“, dankte der junge Mann allen Anwesenden im Raum. „Ich habe nun keine Angst mehr, da ich hier in Altenkirchen bin“.
Mit weiteren berührenden Schilderungen der Flucht von anderen Menschen in Not sowie offenen Publikumsfragen, endete ein emotionaler Abend, der zum Nachdenken auffordert. Wir alle sind Menschen und stehen in gegenseitiger Verpflichtung zu helfen damit Leid, Not und Gewalt ein Ende finden. Nur so können wir den Frieden auf der Erde herbeirufen und zu einem globalen Wandel beitragen. Der Anfang beginnt in jedem selbst. Katrin Bosch
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