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ARGE: Sorgen um die Zukunft
Eine Bilanz 2008, die sich sehen lassen kann, aber ein sorgenvoller Blick in die Zukunft. Das ist das Ergebnis der Trägerversammlung der ARGE, die am Montag im Altenkirchener Kreishaus tagte.
Kreis Altenkirchen. Der Vorsitzende der Trägerversammlung der ARGE, Heijo Höfer, und der Chef der Agentur für Arbeit in Neuwied, Karl-Ernst Starfeld, waren sich einig: Auf die ARGE (Arbeitsgemeinschaft nach SGB II) kommen schwierige Zeiten zu. Nicht nur, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise auch auf die Arbeitsgemeinschaft dunkle Schatten zu werfen beginnt, auch die Tatsache, dass der Vertrag am 31. Dezember dieses Jahres ausläuft, ohne dass von der Politik deutliche Signale zu vernehmen sind, wie es eigentlich weitergehen soll, gibt Anlass zur Sorge.
Zunächst aber konnte Vorsitzender Höfer bei der Präsentation der Arbeitsergebniss des vergangenen Jahres nur Gutes vermelden. Dass dies so ist, liege vor allem an der sehr effektiven Zusammenarbeit der kommunalen Seite mit der Arbeitsagentur. Es sei ein hervorragendes Jahr gewesen, was die Leistungen der ARGE vor allem bei Vermittlung und Integration der Betreuten ("Kunden") in den Arbeitsmarkt betrifft. Das äußere sich auch in der "Kundenzufriedenheit": Hier schniede die ARGE im Kreis Altenkirchen deutlich besser ab als der Bundesdurchschnitt. Aber nicht nur das: Trotz der intensiven Arbeit habe man auf der Leistungsseite zwei Millionen Euro weniger ausgegeben als eingeplant. Dies liege auch an der effizienten Arbeit der Mitarbeiter, die alle Möglichkeiten gut genutzt hätten, sagte Höfer. Dies freue besonders die involvierten Kommunen, denen diese Einsparungen zugute kommen. Wichtig sei, dass für die Kunden der ARGE die Mittel zu 97,21 Prozent ausgeschöpft worden seien für sinnvolle und nützliche Eingliederungsmaßnahmen, darunter Qualifizierung, Training, Eingliedrung von Jugendlichen und Vermittlung von 1-Euro-Jobs ("Arbeitsgelegenheiten"). Etwa 500 Menschen werden hier von den jeweiligen Trägern betreut.
Was die Verwaltungskosten betrifft, so befinde sich die ARGE im Kreis Altenkirchen in der Spitzengruppe in Rheinland-Pfalz, informierte Höfer. Die Entwicklung bei den Bedarfsgemeinschaften sei ebenfalls erfreulich gewesen: Deren Anzahl sei gegenüber 2007 gesunken "auf einen historisch niedrigen Wert" im vergangenen Sommer. Im Dezember gab es im Kreis Altenkirchen 3583 Bedarfsgemeinschaften, darunter 1755 Single-Haushalte, 833 mit zwei Personen, 547 mit drei Familienmitgliedern und 247 mit vier Personen.
Der Leiter der Agentur für Arbeit Neuwied, Karl-Ernst Starfeld, stimmte der Analyse Höfers zu. Das vergangene Jahr habe gezeigt, dass auch die von der ARGE betreuten Menschen von der positiven Entwicklung des Arbeitsmarktes profitiert hätten, darunter durch etliche Maßnahmen, die direkt einer Arbeitsaufnahme gedient haben. Insgesamt hatte die ARGE im vergangenen Jahr 500.000 Euro an Eingliederungszuschüssen an Unternehmen gezahlt. Eine Million Euro wurden für Qualifizierungsmaßnahmen ausgegeben mit zahlreichen erfolgversprechenden Ergebnissen, berichtete Starfeld. Die Arbeitslosigkeit sei zurückgegangen wie lange nicht mehr - auch ein Beleg dafür, dass die Zusammenarbeit in der ARGE "nachhaltig etwas gebracht hat", so der Agenturdirektor. Bei all diesen Erfolgen dürfe man aber nicht übersehen, "dass schwierigere Zeiten kommen", sagte Starfeld. Dennoch könne man konstatieren, dass der Teamgeist in der ARGE für die betreuten Menschen gut gewesen sei.
Positiv wurde von Josef Zolk vermerkt, dass bei der Langzeit-Arbeitslosigkeit eine deutliche Wende zum Besseren eingetreten sei. Auch auf diesem Gebiet hätten die Maßnahmen der ARGE gegriffen.
Bei all diesen Erfolgen im vergangenen Jahr dürfe man nicht vergessen, dass "wir mitten drin sind in einem rapiden Verschlechterungsprozess", warnte Höfer. Zunächst sei von dieser Entwicklung die Agentur für Arbeit betroffen, mit Verzögerung dann auch die Arbeitsgemeinschaften. Fatal sei, dass die Mittelzuweisungen durch den Bund noch unter dem Eindruck guter Wirtschaftsprognosen beschlossen worden seien, "aber mittlerweile laufen uns die Leute schon die Bude ein." Höfer beklagte, dass im laufenden Jahr 900.000 Euro weniger für Eingliederungsmaßnahmen zur Verfügung stehen - "damit müssen wir umgehen" und entsprechende Umschichtungen seien unablässlich. Höfer glaubt, dass auch die Arbeitsgemeinschaften vom Konjunkturprogramm II, das die Bundesregierung kürzlich aufgelegt hat, profitieren können. Er hofft auf weitere 300 bis 400.000 Euro an Eingliederungsmitteln aus diesem Topf. Auch auf den Kreishaushalt sieht Höfer angesichts dieser Entwickungen erhöhte Belastungen zukommen. Höfer zusammenfassend: "Es kommen schwierige Zeiten auf uns zu."
Dazu kommt, dass auch im Kreis Altenkirchen die ARGE in dieser Form in ihr letztes Jahr geht. Der Vertrag läuft nämlich im Dezember aus. Das Gesamtbudget der ARGE betrug im vergangenen Jahr 40 Millionen Euro, darunter 4,5 Millionen an Verwaltungskosten.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht die ARGE-Konstruktion als verfassungswidrig erklärt hatte, muss nun ein Nachfolgemodell geschaffen werden. Aber hier tut sich die Politik zum Leidwesen der Betroffenen noch reichlich schwer. Hier müsse sich bald etwas bewegen, "denn die Zeit drängt", sagte Starfeld. Er hoffe auf einen Konsens noch vor der Wahl, zumal von dieser ab kommendem Jahr möglicherweise vertragsfreien Situation auch viele befristete Arbeitsverträge betroffen wären, merkte Höfer an.
Laut Heiner Kölzer sind zurzeit 82 Mitarbeiter bei der ARGE im Kreis Altenkirchen beschäftigt, darunter 34 von der Agentur für Arbeit, 17 vom Kreis und 30 aus den Verbandsgemeinden und der Stadt Herdorf. Angesichts steigender Anforderungen an die Mitarbeiter wird von den Kunden ein genaues Profil erstellt, indem man nach Zielgruppen vorgeht. Unter den Kunden ist ein sehr großer Anteil von alleinerziehenden Mütter mit einem "großen Armutspotential", obwohl diese oft gut ausgebildet sind, berichtete Kölzer. Hier müsse gezielt qualifiziert und Teilzeitbeschäftigung angeboten werden. Eine andere Gruppe, die der besonderen Aufmerksamkeit bedürfe, seien Migranten, bei denen es oft erheblich an der notwendigen Sprachkompetenz fehlt. Zur Arbeit der ARGE-Mitarbeiter gehört auch, die Kunden auf Möglichkeiten staatlicher Hilfe hinzuweisen. Auch hier werde intensiv beraten. Viele Betroffenen wüssten nicht einmal, was ihnen zusteht und verharrten deshalb im Bereich der ARGE, obwohl dies, so Höfer, nicht mehr nötig wäre. Arbeitsagentur-Chef Starfeld wies darauf hin, dass die Arbeit der Mitarbeiter eine hohe Fach- und Sozialkompetenz erfordert. Deshalb sei im Mitarbeiterstab auch eine möglichst hohe Kontinuität nötig. Auch aus diesem Grund sei eine Nachfolgelösung seitens der Politik dringend notwendig. Dem konnte Josef Zolk nur zustimmen: "Mit jedem Moment ohne Regelung steigt die Verunsicherung bei den Menschen." (rs)