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Professionelle Vermarktung gefordert
"Vor welchen Herausforderungen stehen wir?" - auf diese Frage sollte der Gastreferent Ulrich Schmalz beim 16. Kaufmannsessen des Treffpunktes Wissen Antwort geben. Unter anderem sah Schmalz den Verlust von Werten und Sekundärtugenden als große Herausforderung, der man begegnen müsse. Er forderte mehr Ideen für eine professionelle Vermarktung der Stadt.
Wissen. Der Treffpunkt Wissen hatte am Freitag zum 16. Kaufmannsessen eingeladen und in der frühlingshaft geschmückten Halle des Autohauses Ortmann im Gewerbepark Frankenthal waren zahlreiche Gäste erschienen. Treffpunkt-Vorsitzender Thomas Kölschbach begrüßte die Gäste aus Politik, Wirtschaft und örtlichen Unternehmen, die mit Spannung auf die Antworten zur Fragestellung des Abends, "Vor welchen Herausforderungen stehen wir?", warteten. Gastreferent Ulrich Schmalz, unter anderem ehemaliger CDU-Bundestagsabgeordneter und mit rund 40 Jahren politischer Erfahrung stieg ins Thema mit einem Blick auf die Geschichte ein. "Wer die Zukunft bestehen will, muss seine Herkunft und Vergangenheit kennen", sagte Schmalz. Er schlug zu Beginn den Bogen von den Kelten, Römern und Franken zur ersten urkundlichen Erwähnung Wissens im Jahr 913 bis hin zum Eisenbahnbau und dem Bau des Walzwerkes.
Schmalz hatte beim Einstieg in den Vortrag die nach seinen Worten ungewöhnliche Krisensituation, in der sich die Weltwirtschaft befindet, beleuchtet. Es gebe Frühindikatoren, die einen vorsichtigen Optimismus zuließen, meinte Schmalz. Als eine von insgesamt fünf Herausforderungen für die Zukunft sah Schmalz die Forderung: "Mehr netto vom brutto". Die viel zitierte Ausbeutung durch den Staat werfe kritische Fragen auf. Warum kommt der Staat mit dem Geld nicht aus? – so die rhetorische Frage, die Schmalz auch gleich beantwortete. Die Regelungswut des Gesetzgebers habe zu einem Bürokratieaufbau statt Abbau geführt. "Brauchen wir neun vollausgebildete Verbandsgemeinden im Kreis?", gab Schmalz zu bedenken. Die Landesregierung plane den Abbau von 25 Verbandsgemeinden, bei den dann entstehenden Fusionen würden dann Amtsräte zu Oberamtsräten, dies bringe keine Ersparnis.
In Frage stellte Schmalz die föderalen Strukturen in Deutschland. Brauche man 16 Landtage mit dem kompletten Abgeordnetenapparat angesichts der sich ändernden Machtstrukturen in Europa? Da in Brüssel die wichtigen Entscheidungen gefällt würden, werde dies auch Auswirkungen auf die Machtstrukturen in Deutschland haben.
Die Arbeit müsse wieder in den Mittelpunkt gestellt werden, nicht die Freizeit. Schmalz weiter: "Die Verkürzung der Arbeitszeit war eine Irrlehre."
Die demografische Entwicklung stand in den Betrachtungen ebenso wie die Zuwanderungsproblematik. "Wir werden in Kürze 11 Millionen weniger Einwohner in Deutschland haben, das hat es noch nie gegeben", prognostizierte Schmalz. Bei einem Spaziergang in Wissen hatte er 23 leerstehende Läden gezählt, ein Umstand, der Sorgen mache. Deutschland brauche Zuwanderung, die komme aus dem Süden und nicht wie oft behauptet aus dem Osten. Deutschland sei faul und bequem geworden, es müsse sich den Problemen, auch der Zuwanderung, deutlich mehr widmen.
Schmalz sprach vom dramatischen Verfall der Werteordnung. "Die Sekundärtugenden gingen verloren, die geistigen Grundlagen für den Werteverfall sind in den 68er Bewegungen zu sehen", meinte Schmalz. Am Beispiel "Verantwortung" zeigte er auf, dass zwar die eingerichteten Tafeln eine soziale Tat seien, aber letztlich die Menschen aus ihrer Verantwortung, ein Essen zu kochen, entlassen würden.
Einst sei die wirtschaftliche Kraft der Region aus dem Boden gezogen worden, der Erzbergbau habe die Grundlagen für Wohlstand und Zuwanderung geschaffen. Dann sei der Strukturwandel gekommen und heute müsse man fragen, woher zukünftig der Wohlstand komme. Schmalz forderte mehr Ideenreichtum und ging auf die Stadt ein. "Unser Wissen braucht Entwicklungsstrategien, die Stadt muss anziehend aussehen und geschmückt wie eine Braut", forderte er. Auf der Rathausstraße solle wieder der Rotdorn blühen, das Rathaus könne man in die ehemalige Post verlegen, und er regte für Wissen eine Erfindermesse an, wo man das Wortspiel Wissen benutzen könne. Wissen sei heute die Quelle des Wohlstandes und die Stadt brauche professionelle Vermarktung, meinte Schmalz. Der Mittelstand sorge für eine intakte Nation, er sei Garant für Stabilität und Demokratie. "Die Macht der Ideen kann vieles verändern, und in Anlehnung an den Satz Obamas: Yes, we can forderte Schmalz : "Versuchen wir es!" (hw)
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Von links: Gastreferent Ulrich Schmalz, Treffpunkt-Vorsitzender Thomas Kölschbach und Stellvertreterin Jutta Klomann-Busch freuten sich über eine stattliche Besucherzahl beim 16. Wissener Kaufmannsessen. Fotos: Helga Wienand
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