Pläne für "Windpark Hümmerich" aufgeben
In einer Pressemitteilung fordern die Naturschutzinitiative, die Organisationen Gnor und Pollichia die sofortige Aufgabe der Pläne für Windindustrieanlagen auf dem Hümmerich in der Verbandsgemeinde Wissen. Insbesondere wird das Haus Hatzfeldt zu Wildenburg als Flächenbesitzer kritisiert, und dem einstigen "Ökomanager des Jahres" Profitgier vorgeworfen.
Region/Wissen/Mittelhof. Ausführlichen gehen die drei Umwelt- und Naturschutzorganisationen in ihrer Stellungnahme auf die Pläne eines "Windparks Hümmerich" ein. Die Kreisverwaltung Altenkirchen erhielt einen Antrag auf Genehmigung von Windindustrieanlagen im Landschaftsschutzgebiet „Elbergrund, Elbbachtal und Sieghöhen bei Durwittgen“ für das Projekt „Windpark Hümmerich“. Hierzu ist auch eine Befreiung von den Schutzzielen des Landschaftsschutzgebiets erforderlich.
In einem Gutachten wird der Region ein „ästhetisch ungewöhnlich attraktives Landschaftsbild der Westerwaldlandschaft“ bescheinigt. Dennoch wurden dort Windkraftanlagen direkt neben dem Landschaftsschutzgebiet errichtet und es sollen noch mehr werden. Rechtlich gesehen kann die Firma Altus AG eine sogenannte Befreiung beantragen, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen. Denn gemäß der Teilfortschreibung des noch aktuellen Landesentwicklungsprogramms (LEP IV) von 2013 ist für die Errichtung in Landschaftsschutzgebieten folgendes niedergeschrieben: „…in sonstigen Schutzgebieten mit Zielcharakter ist die Errichtung von Windenergieanlagen zulässig, wenn die Windenergienutzung mit dem Schutzzweck vereinbar ist“, also der Schutzgebietsverordnung nicht widerspricht. Was aber würde das für Folgen haben, sollte so ein Vorgehen Schule machen? Zählen Schutzgebiete im Zuge der sogenannten Energiewende überhaupt noch?
Ja, sagt das Verwaltungsgericht Koblenz. Es hat diesem Dammbruch einen Riegel vorgeschoben. Vor wenigen Tagen hat dies die Verweigerung einer Baugenehmigung von zwei Windenergieanlagen durch die Genehmigungsbehörde in einem Landschaftsschutzgebiet nahe der Mosel bei Cochem bestätigt. In der Begründung heißt es unter anderem: „Die zur Genehmigung gestellten Vorhaben seien auch mit dem Schutzzweck der Landschaftsschutzgebiet-Verordnung nicht vereinbar.“ Zudem stellt das Gericht heraus, dass eine begründete Ablehnung beantragter immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen generell rechtmäßig ist; ein Anspruch auf die Genehmigung besteht laut Verwaltungsgerichtsordnung nämlich nicht.
"Wenn dieses Urteil rechtskräftig wird, haben wir endlich eine klare Aussage für den Schutz von Landschaften. Denn auch bei Landschaften handelt es sich um ein „öffentliches Interesse“. Unverbaute Landschaften sind ein wichtiger Teil des Naturschutzes, haben einen Wert an sich und sind für uns Menschen lebensnotwendig", heißt es in der Pressemitteilung.
„Aber nicht nur der Landschaftsschutz ist durch diese Windindustrieanlagen gefährdet. Die vier geplanten Windindustrieanlagen sollen sogar innerhalb des „Vogelschutzgebietes Westerwald“ sowie in der Nähe des FFH-Gebiets „Sieg“ errichtet werden. Diese europäischen NATURA 2000-Gebiete dienen dem Zweck des länderübergreifenden Schutzes gefährdeter, wildlebender und heimischer Pflanzen- und Tierarten und ihrer natürlichen Lebensräume. Demnach steht auch hier der Natur- und Artenschutz auf dem Spiel und soll einer falschen Energiepolitik zum Opfer fallen. Die Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten hat bereits 2007 eine Empfehlung herausgegeben und diese 2015 bekräftigt, die einen Abstand der 10-fachen Anlagenhöhe, mindestens jedoch 1.200 Meter, zwischen EU-Vogelschutzgebieten und Windkraftanlagen vorsieht. Selbst in Rheinland-Pfalz ist eine Ausweisung von Windenergiestandorten in NATURA 2000 Gebieten prinzipiell untersagt, wenn die Windenergienutzung zu einer erheblichen Beeinträchtigung des jeweiligen Schutzzweckes führen. Hier steht einmal mehr eine fachlich begründete Empfehlung im Gegensatz zu verwaltungstechnischen Vorgaben“, machte Antonius Kunz vom Arbeitskreis Westerwald der Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (GNOR) deutlich.
"Die Flächen beheimaten seltene und geschützte FFH-Tierarten wie den Rotmilan, die Abendsegler, die Rauhautfledermaus, die Zwergfledermaus, die Haselmaus und auch die Wildkatze. Auch artenreiche Windwurfflächen und Altholzbestände wären betroffen. Die dazu angefertigten leider teils mangelhaften Gutachten behaupten, dass der Einfluss der Windenergieanlagen auf diese Arten gering ist oder durch Ausgleichsmaßnahmen geregelt werden könne. Dieser Bewertung können die Naturschutzverbände nicht folgen, so dass eine ausführliche Stellungnahme auch dazu bei der Genehmigungsbehörde erfolgen wird. Weiterhin handelt es sich beim Hümmerich und den direkt umliegenden Gebieten um einen geeigneten und wertvollen Lebensraum für das Haselhuhn und den Schwarzstorch“, erklärte Dipl. agr.-Ing Gerhard Bottenberg, Länderbeirat der Naturschutzinitiative.
Wieso steht diese besondere Fläche überhaupt zum Ausbau der Windenergie zur Debatte? Diese Frage ist an Hermann Graf Hatzfeldt zu Wildenburg zu richten. Dieser ist der Flächenbesitzer der geplanten Standorte. Graf Hatzfeldt ist einer der größten Privatwaldbesitzer in Rheinland-Pfalz. Aber nicht nur das. Er galt bislang als engagierter Umweltschützer, wurde vom WWF sogar einmal zum „Ökomanager des Jahres“ gekürt, schreibt Bücher über nachhaltige Waldnutzung und ist in vielen Gremien und Vorständen von Naturschutz betreibenden Organisationen und Stiftungen zu finden.
„Wir haben Graf Hatzfeldt und sein Engagement für die Natur bisher geschätzt. Nunmehr ist er aber dabei, aus offensichtlichen Profitgründen seine eigenen Wurzeln zu verlassen. Von nachhaltiger Waldnutzung wäre dann nichts mehr übrig geblieben, es sei denn, er versteht darunter, nachhaltig Profit auf Kosten von Natur, Wälder und Landschaften zu machen. Er ist nämlich dann dafür verantwortlich, dass einzigartige Landschaften wie Hümmerich, Elbergrund, Elbbachtal, Sieghöhen und auch das Wildenburger Land unwiederbringlich zerstört würden“, erklärte Harry Neumann, Landesvorsitzender.
„Graf Hatzfeld handelt völlig verantwortungslos, indem er seine Flächen in einem Landschaftsschutzgebiet und Vogelschutzgebiet zur Verfügung stellt, damit dort Windindustrieanlagen errichtet werden können. Der Westerwald ist Schwarzstorch- und Rotmilanland, kein Windindustrieland. Wir fordern ihn auf, seine Pläne umgehend aufzugeben. Aufgrund der naturschutzfachlichen Restriktionen kann er seine Zusage, die Flächen zu verpachten, problemlos zurückziehen“, so Dr. Jürgen Ott, Präsident der Pollichia.
„Landschaftsschutzgebiete und Vogelschutzgebiete dienen dem Schutz von Landschaften und streng geschützter Vogelarten und nicht deren Industrialisierung. Daher werden wir gegen dieses Vorhaben mit allen uns zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln vorgehen. Die Genehmigungsbehörde fordern wir auf, keine Befreiung von der Landschaftsschutzgebiets-Verordnung zu erteilen“, erklärten abschließend Gerhard Bottenberg,(Länderbeirat der Naturschutzinitiative) Antonius Kunz (GNOR), Harry Neumann (Vorsitzender der Naturschutzinitiatve) und Dr. Jürgen Ott (POLLICHIA).