Auftakt zu den interkulturellen Wochen ein Flop
Es waren noch nicht einmal 20 Personen zur Auftaktveranstaltung der interkulturellen Wochen des DGB-Kreisverbandes Altenkirchen in Kooperation mit der IG Metall Betzdorf nach Alsdorf gekommen. Beleuchtet werden sollte das Thema Fluchtursachen mit MdB Gabi Weber und wie die Gesellschaft helfen kann. Nicht nur Krieg und Gewalt als Fluchtursachen wurden thematisiert.
Alsdorf. „Vielfalt. Das Beste gegen Einfalt.“ Unter diesem Motto steht das Programm der interkulturellen Woche vom Bündnis für Demokratie und Menschenfreundlichkeit statt Rassismus und Ausgrenzung des Landkreises Altenkirchen.
Zur Auftaktveranstaltung hatten der DGB-Kreisverband Altenkirchen und die IG Metall Betzdorf in das Haus Hellertal eingeladen. DGB-Kreisvorsitzender Bernd Becker bemerkte schon in der Begrüßung, dass diese Veranstaltung gut das Doppelte an Besuchern hätte vertragen können. Eine Feststellung, die angesichts von weniger als 20 Teilnehmenden schon als vorsichtig bezeichnet werden kann.
Die Veranstaltung richtete sich an alle politisch interessierten und besorgten Bürgerinnen und Bürger, Menschenfreunde und solche die es werden wollen. Referentin des Abends war MdB Gabi Weber (stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im Bundestag und selbst Gewerkschafterin). Sie sprach zum Thema „Warum Menschen fliehen – und wie wir helfen können“. Weltweit seien aktuell 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Davon seien 38,2 Mio. sogenannte Binnenflüchtlinge, also Flüchtlinge im eigenen Land/Kontinent, bzw. in direkten Nachbarländern. Asylsuchende wären 1,8 Mio. der Flüchtlinge. Heute begäben sich täglich 42.500 Menschen auf die Flucht aus ihrer Heimat. In Deutschland hätten in 2015 etwa eine Million Menschen Asyl gesucht, im Jahr zuvor seien aber auch 126.800 Flüchtlinge in ihre Heimat zurückgegangen.
Zu den Ursachen von Flucht gehörten nicht nur Krieg und Gewalt. Viele Menschen würden auch von den Lebensumständen die in ihrer Heimat herrschten dazu getrieben zu fliehen. In Ländern mit Regierungen ohne Rechtssysteme würden bestimmte Volksgruppen unterdrückt, Enteignung von Land und die folgende Not, sowie schlechte Arbeits- und Bildungschancen seien weitere Fluchtgründe. Auch der Klimawandel treibe die Menschen in die Flucht. So sehen Experten Bangladesch als einen weiteren Staat, aus dem künftig die Menschen fliehen werden, da das Land langsam im Meer versinkt.
Im Rahmen ihres Amtes hat Weber schon viele Entwicklungsländer bereist und konnte neben den Ursachen für die Flucht auch von Entwicklungszusammenarbeit berichten. Diese jedoch verläuft weitaus langsamer und ist nur in kleinen Schritten zu vollziehen. Anschubfinanzierungen, Ausbildung, nachhaltige Produktion und so weiter, erbringen nicht von heute auf morgen die notwendigen Ergebnisse. Weber erklärte aber auch, dass Produktions- und Konsumverhalten der Industrieländer großen Einfluss auf die Situation der Menschen in den Entwicklungsländern haben. Während es bei uns kaum noch Schuh- und Textilproduktion gibt, werden diese Produkte in Asien unter unglaublich schlechten Bedingungen für die Menschen hergestellt.
Uwe Wallbrecher, der erste Bevollmächtigte der IG Metallgeschäftsstelle Betzdorf, ergänzte dies noch mit einer eigenen Erfahrung. So erfuhr er vor kurzem, dass Laugenbrezeln in Indien vorproduziert und dann hier in Deutschland nur noch aufgebacken werden. „Bei uns wird alles daran gesetzt dreckiges Geld zu verdienen“, so sein Resümee. Den Menschen in den Entwicklungsländern werde ihre Lebensgrundlage durch die Arbeit für andere entzogen. Das sei die Folge der Globalisierung und somit ein weiterer Grund, weshalb Menschen ihre Heimat verlassen.
In der anschließenden Diskussion wurden auch die Waffenlieferungen Deutschlands als Grund für Flucht benannt. Dass die Waffenlieferungen Kriege ermöglichen sei zwar korrekt, die Konflikte aber wären tiefgreifender und oft schon vorher da. Zudem gäbe es gerade in Afrika viele Konflikte die nicht mit Waffen von außen, sondern mit Macheten ausgetragen würden. Ein anderer Teilnehmer sah in der Tatsache, dass Nahrungsmittel zur Strom- und Biogasgewinnung verwendet würden einen Grund für die Teuerungsraten und somit für Not und Elend. Ein weiterer Diskussionsteilnehmer sah die generelle Einmischung der Industrienationen in den Entwicklungsländern als die Ursache allen Übels. Abschließend gilt der Satz von Weber: „Wenn in allen Ländern gute Bedingungen herrschen, gibt es keine Gründe zur Flucht“.
Die nächste Veranstaltung der interkulturellen Woche findet am Samstag, den 17. September von 12 bis 17 Uhr rund um das Rathaus Betzdorf statt, ein internationales Freundschaftsfest. (anna)
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