SPD-Kreiskonferenz: Lewentz stolz auf eigene Regierungsarbeit
Es überraschte nicht, dass der SPD-Landesvorsitzende in Eichelhardt die Landesregierung positiv darstellte. Der Landesminister gab sich darüber hinaus stellenweise durchaus selbstkritisch. Auch Knackpunkte auf Bundesebene klammerte er nicht aus – Stichworte: ein SPD-Präsident und eine Koalition mit der Linkspartei.
Eichelhardt/ Kreis Altenkirchen. Die Zeiten der spannungsgeladenen Aussprachen auf SPD-Versammlungen gehören der Vergangenheit an? Jein. Immerhin drei Genossen wollten die Gelegenheit nutzen, dem Landesvorsitzenden ihre Meinung zu sagen, darunter auch der ehemalige Landtagsabgeordnete und langjährige DGB-Kreisvorsitzende Franz Schwarz.
Aber von Anfang an: Die Kreis-SPD hatte seine 99 Delegierten zur Konferenz eingeladen. Und immerhin 89 fanden sich im Dorfgemeinschaftshaus Eichelhardt ein. Der Saal war voll. Man kann mutmaßen, dass dies nicht an dem eher formalen Akt der Wahl von Delegierten lag, der auf der Tagesordnung stand. Schließlich stand im Zentrum der Zusammenkunft die Rede des SPD-Landesvorsitzenden und Innenministers Roger Lewentz. Das Thema seines Vortrags: „sozialdemokratische Handschrift in der rheinland-pfälzischen Landespolitik“. Es verblüfft niemanden, dass Lewentz hier ein positives Bild zeichnete.
Wäre ein Franz Müntefering auf der Bühne gestanden, hätte er Lewentz Einschätzung wahrscheinlich so auf den Punkt gebracht: Landespartei gut, Koalition gut, sympathische und durchsetzungsstarke Ministerpräsidentin. In den Worten des SPD-Landesvorsitzenden klang das so: Dass die SPD bei der letzten Landtagswahl überraschend gut abschnitt, lag vor allem an einem guten Programm und der tollen Spitzenkandidatin Malu Dreyer. Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hätte sehr schnell zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zusammengefunden. Man sei rasch handlungsfähig gewesen. Keine Selbstverständlichkeit Lewentz zufolge. Immerhin mussten die Grünen erhebliche Stimmenverluste verkraften, während die FDP direkt den Weg in eine Regierung fand nach einer fünfjährigen Phase der außerparlamentarischen Opposition. Und klar, die neue Koalition trage eine sozialdemokratische Handschrift.
Das machte der Landesvorsitzende an mehreren Punkten deutlich. So zeigte sich Lewentz stolz angesichts der Wirtschaftsentwicklung. Das machte er vor allem an der niedrigen Arbeitslosigkeit fest. Immer noch stehe Rheinland-Pfalz hier im Ländervergleich auf Platz 3. Das führte er auch auf die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik der SPD zurück, die seit Anfang der 1990er die jeweiligen Landesregierungen anführt. Wichtig ist für Lewentz, dass auch Menschen auf dem Land Arbeit finden. Und trotz Schuldenbremse stellt das Land dem Verkehrsminister 120 Millionen Euro für den Straßenbau zur Verfügung, rund 30 Millionen mehr als Lewentz selbst noch als Minister für Infrastruktur zuständig war in der letzten Legislaturperiode. Geld nehme die Landesregierung daneben für den Breitbandausbau in die Hand. Bis 2018 sollen flächendeckend mindestens 50 Mbit/s verfügbar sein.
Der Innenminister warnte des weiteren vor einer näher rückenden Terrorgefahr. Auch hier sei das Land nicht untätig. Beispielsweise seien Sondereinsatzkommandos und Polizei besser ausgestattet worden. Und Apropos Polizei: Hier leiste sich Rheinland-Pfalz laut Lewentz die höchsten Einstellungszahlen seit drei Jahren.
Die Familien- und Bildungspolitik nimmt traditionell einen hohen Stellenwert bei der Sozialdemokratie ein. Die Rede von Lewentz machte hier keine Ausnahme. So betonte er Betreuungsangebote während der Sommerferien, Neueinstellungen von Lehrern (270 zu Schuljahresbeginn), gebührenfreie Bildungsangebote oder finanzielle Unterstützung für angehende Meister. All das sei die logische Fortentwicklung der SPD-Politik in Rheinland-Pfalz.
Den politischen Gegner, und damit die CDU, streifte Lewentz nur hin und wieder. Beispielsweise sei der „Wackelkurs“, den Julia Klöckner in Sachen Flüchtlingspolitik gefahren hatte, mit ausschlaggebend für das schlechte Abschneiden der CDU bei der Landtagswahl gewesen. Der momentane Spendenskandal, der die Christdemokraten in Rheinland-Pfalz durchrüttelt, musste selbstverständlich auch eine Rolle im Lewentz-Vortrag spielen, wenn auch nur eine kleine. So wünscht er sich, dass CDU-Landeschefin Klöckner selbst „vor die Kameras geht“.
Nun ist die SPD in Rheinland-Pfalz auch kein ungeschriebenes Blatt, wenn es um eigene Skandale geht – Stichworte Nürburgring oder geplatzter Hahn-Deal, der in die Ressortzuständigkeit von Lewentz fällt. In Eichelhardt betonte er, dass er für den missglückten Kaufversuch Verantwortung übernehme. Man sei einem betrügerischem Unternehmen aufgesessen.
Die Bundespolitik war Anlass für einen älteren Genossen, das Wort zu ergreifen. Er sprach von „Wischiwaschi“ und klagte: „Wir schlafen vor uns hin.“ Auch kritisierte er den Mitgliederschwund in der eigenen Partei. Man müsse wieder mehr Jüngere für die SPD motivieren. Eine direkte Auseinandersetzung mit dieser Kritik vermied Lewentz, warb allerdings dafür, mehr Bürger dafür zu begeistern, das demokratische Leben mitzugestalten.
SPD-Urgestein Franz Schwarz forderte daneben, dass die Verbindungen der Partei zu den Gewerkschaften wieder gestärkt werden müssten. Der ehemalige Landtagsabgeordnete und langjährige DGB-Kreisvorsitzende fragte rhetorisch: „Wie viele Kollegen aus den Gewerkschaften sitzen unter uns?“ Das wollte Lewentz so nicht stehen lassen: Natürlich seien Gewerkschaftsmitglieder in der Partei jederzeit willkommen. Und natürlich pflege man den Schulterschluss mit den Gewerkschaften. Dies sei auch einer der Gründe, wieso die Linkspartei in Rheinland-Pfalz nie Fuß fassen konnte. Schwarz vermisste außerdem, dass zu wenig Mut gemacht werde innerhalb der Partei.
Wie es um die SPD in Rheinland-Pfalz steht aus seiner Sicht, hatte Lewentz zuvor in seiner Rede erklärt. Auch wenn Altersstruktur und Neueintritte besser sein könnten - man sei bezogen auf die Einwohnerzahlen der am zweitstärksten organisierte Landesverband. Und in diesem seien die Mitglieder hochmotiviert, was sich nicht zuletzt an den vielen Delegierten zeigte, die den Weg in das Dorfgemeinschaftshaus fanden. Die hielten sich indes mit Applaus zurück während der eher sachlich vorgetragenen Rede ihres Landesvorsitzenden. Leben zog in den Saal bei zwei Themen ein: So zeigte sich Lewentz offen gegenüber Frank-Walter Steinmeier als möglichen Nachfolger von Bundespräsident Joachim Gauck. Prompt erntete er damit energisches Klopfen auf Tischen von den Delegierten. Positiv äußerte sich der SPD-Politiker auch gegenüber einer Koalition aus SPD, Grünen und Linkspartei auf Bundesebene – auch wenn hier eine klare Benennung ausblieb. Lewentz sagte: „Ich hätte vor einer Dreier-Koalition an anderer Stelle keine Angst.“ (ddp)
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