Gedenkfeier in Hamm: Botschaft von Komponist Samuel Adler
Traditionell erinnern in Hamm am 9. November die Zivil- und die beiden Kirchengemeinden, an die Reichspogromnacht von 1938. Seit Jahren ist der Synagogenplatz mit seinem Denkmal und dem Kulturhaus dafür der würdige Platz. Hier stand einst das jüdische Gotteshaus, bevor es in Flammen aufging. In diesem Jahr, dem Wetter geschuldet, wurde die Gedenkfeier im Kulturhaus durchgeführt. Eine Grußbotschaft aus New York des Komponisten Samuel Adler wurde verlesen.
Hamm. Am Mittwochabend, 9. November, gestaltete die Ortsgemeinde, gemeinsam mit den beiden Kirchengemeinden, die Gedenkfeier für die jüdischen Mitbürger, die im November 1938 dem Regime und seinen Handlangern zum Opfer fielen. Ortsbürgermeister Bernd Niederhausen verlas 26 Namen, teilweise ganze Familien, und sagte „auch möchten wir Denen gedenken, deren Namen wir nicht mehr wissen“.
Im Anschluss verlas Pastoralreferent Thomas Buballa (kath. Kirche) das Kaddisch, ein jüdisches Totengebet. Hieran schloss sich das Geläut der Kirchen im Ort an und die Anwesenden gedachten still und stehend den Opfern von Terror und Gewalt.
Musikalisch umrahmt wurde die Gedenkfeier durch Christian Becher. Wie kaum ein anderer beherrscht Becher die Kunst, auf dem Euphonium zu spielen. Dieses Instrument, erfunden 1843, mit dem warmen Klang ist als Soloinstrument in berühmten Kompositionen zu finden. Der jüdisch-amerikanische Komponist Samuel Adler schrieb eigenen Stücke für Becher, die zur Aufführung gelangten. Neben der Musik wurden Grußworte von dem jüdisch-amerikanischen Komponisten Samuel Adler verlesen.
Zitat:
„Ich freue misch sehr, einige Worte zu Christian Bechers Aufführung meines Werkes beizusteuern, das ich für ihn geschrieben habe. Für mich sind der 9./10. November 1938 von ganz besonderer Bedeutung, da ich die Ereignisse dieser Tage in Mannheim miterlebt habe. Dort bin ich geboren und dort war mein Vater Oberkantor der Hauptsynagoge. Dreimal an diesem Tag konnten wir der Gestapo entkommen und so verhindern, dass mein Vater ins Konzentrationslager gebracht wurde. Er versuchte danach, nach Holland zu fliehen, wurde aber an der Grenze gefasst und in das Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht. Vier Tage lang hörten wir nichts von ihm und dachten, er sei ermordet worden. Dann bekamen wir eine Nachricht von ihm. Man hatte ihn freigelassen unter der Auflage, dass Land innerhalb 14 Tagen zu verlassen, ansonsten würde er lebenslänglich eingesperrt werden. Zum Glück hatten wir bereits unsere Pässe für die Ausreise in die USA und auch ihm gelang, wie uns, im Jahre 1939 die Flucht.
Wir sind seither gemeinsam einen langen Weg gegangen und ich habe das Gefühl, dass es dabei zu einem verständnisvollen Dialog zwischen Deutschen und Juden gekommen ist, der zu echtem Verstehen und Einsicht geführt hat. Und so hoffe ich auf ein fruchtbares Miteinander in den Beziehungen unserer beiden Gesellschaften für die Zukunft“.
Allen Anwesenden war anzumerken, wie bewegt und auch betroffen sie die Worte des Komponisten machten. Niederhausen sagte zum Schluss dass er immer wieder auf das Bild hinter dem Modell der Synagoge geblickt habe und dies eine Vorstellung von den schrecklichen Ereignissen jener Nacht erzeuge.
Am Ende bat Franz Rohringer darum dem Musiker Christian Becher statt dem verdienten Applaus, stehend die Anerkennung zu zeigen. (kkö)
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