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Nachricht vom 10.11.2016    

Kultur des Erinnerns darf nicht untergehen

Der 9. November als "Reichskristallnacht" oder auch "Reichspogromnacht" bezeichnet, gehört zu den dunkelsten Kapiteln deutscher Geschichte. Mit der Gedenkstunde will man auch den Opfern einer unseligen Zeit die Würde zurückgeben. In Zeiten wo es wieder um Ausgrenzung und Rassismus in der öffentlichen Diskussion geht, ist Erinnern ein wichtiger Baustein um die Lehren für die Zukunft zu ziehen.

Kranzniederlegung in Betzdorf. Fotos: (GW)

Betzdorf. An die dunkelste Stunde deutscher Geschichte, an die Reichspogromnacht am 9. November 1938, erinnerte Bürgermeister Bernd Brato im Ratssaal in Betzdorf am Mittwochabend. In der zynisch verharmlost genannten "Reichskristallnacht" brannten mehr als 1000 Synagogen in Deutschland, 7500 jüdische Geschäfte wurden zerstört, die jüdische Bevölkerung durch die Straßen gehetzt. Nur wenige Nachbarn standen diesen Menschen bei, die meisten sahen weg und schwiegen.

Ein beschämendes Zeugnis für eine Kulturregion, so Bürgermeister Bernd Brato, mit fataler Wirkung, der damalige Wendepunkt, die Gewalteskalation, wies hin auf das kommende Grauen. Brato warnte davor dem Antisemitismus Raum zu geben, sei es mit Bemerkungen über Andersgläubige oder dem lapidaren:“ Man wird doch wohl mal sagen dürfen.“ Er zitierte den englisch-irischen Autor Edmund Burke: “Der Gute braucht lediglich nichts zu tun, damit das Böse triumphiert.“

„Im kollektiven Gedächtnis wollen wir den brutal ermordeten Menschen ihre Würde zurückgeben. Wir können nichts beschönigen aber wir können alles dafür tun, damit sich solche Gräueltaten nicht wiederholen“, sagte Brato. „Unsere Aufgabe ist es, uns zu unseren Werten zu bekennen, zu einer humanen und freien Gesellschaft“.

Marion Pfeifer von Bündnis 90/Die Grünen, sprach über die Kultur des Erinnerns, die sehr individuell sein könne. Sie forderte auf, sich immer wieder mit der Geschichte auseinander zu setzen und zitierte aus der Rede Richard von Weizäckers anlässlich des 40. Jahrestages zur Beendigung des 2. Weltkrieges:“ Der 8. Mai ist für uns vor allem ein Tag der Erinnerung an das, was Menschen erleiden mussten. Er ist zugleich ein Tag des Nachdenkens über unseren Gang der Geschichte. Je ehrlicher wir ihn begehen, desto freier sind wir, uns seinen Folgen verantwortlich zu stellen“.



Gerd Bäumer, der Geschäftsführer des Betzdorfer Geschichte Vereins (BGV), erinnerte an das damalige Geschehen, dessen Hintergründe heute vielfach ja nicht mehr so bekannt seien. Die Nationalsozialisten deuteten den Angriff des polnischen Juden Herschel Grynszpan am 7.11.1938 auf den Diplomaten Ernst von Rath in der deutschen Botschaft in Paris als Angriff des Weltjudentums auf das Deutsche Reich. Am 9. November folgte die Reichspogromnacht, die Nacht der brennenden Synagogen, die heute einen Teil der Erinnerungskultur der Deutschen ausmacht.

Die rund 40 Juden die Anfang 1930 in Betzdorf lebten, waren bis 1938 verzogen oder ausgewandert. Das 1935 am Betzdorfer Bahnhof prangende Schild:“ Juden sind in Betzdorf unerwünscht!“, zeigte die Gesinnung vieler Bürger. 21 der jüdischen Mitbewohner sind vermisst oder verschollen. Die zur Synagogengemeinde Hamm gehörenden Juden hatten in der Betzdorfer Viktoriastraße ihren Betraum, auch dieser wurde zerstört wie auch viele Schaufenster und Wohnungen. Bäumer mahnte mit den Worten des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt 1977 in Ausschwitz (Polen):“ Wir wissen, dass wir nichts ungeschehen machen können, aber wir können Folgerungen für die Zukunft ziehen.“

Nach einem Bildvortrag Mario Görögs, erarbeitet mit Schülern des Freiherr-vom-Stein Gymnasiums am Betzdorfer Bahnhof, der Namen und biographische Daten Betzdorfer Juden zeigte, begleitet von tiefgreifenden Liedern einer Kölner Gesangformation, legten Bernd Brato und Marion Pfeifer an der Gedenkrosette, in der Nähe des damaligen Bethauses in der Viktoriastraße, Kränze nieder. (GW)


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