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Nachricht vom 11.11.2016    

Reform heißt: Planvolle Umgestaltung bestehender Verhältnisse

Gastautor Josef Zolk schrieb einen Beitrag zur Diskussion um Gebietsänderungen. Denn es gibt schon verwirrende Versuche, auch die Kreisgrenzen anzutasten. Dabei gibt es durchaus Alternativen, die nachdenkenswert sind. Zolk mahnt Sachlichkeit an und warnt vor unüberlegten Schritten. Das Gutachten wird erst im nächsten Jahr vorliegen.

Gastautor Josef Zolk mahnt zu Sachlichkeit und Besonnenheit. Foto: pr

Region. Sehr viel wird seit langem und jetzt nach der Landtagswahl konzentrierter und intensiver über die „Kommunal- und Verwaltungsreform“ in Rheinland-Pfalz diskutiert. Manches ist schon erledigt worden, andere Gebietsänderungen stehen an, und da und dort gibt es Versuche, selbst kreisüberschreitend aus anderen Verbandsgemeinden sich die für die Zukunft scheinbar notwendige Einwohnerzahl herauszupicken zu wollen.

Das Ganze läuft unter dem Begriff „Kommunal- und Verwaltungsreform“ – und da wird es spannend. Denn Reform bedeutet „Umgestaltung und Erneuerung von vorhandenen gesellschaftlichen oder politischen Verhältnissen, um sie zu bessern“ oder eine „planvolle und gewaltlose Umgestaltung bestehender Verhältnisse“. Rheinland-Pfalz hat zurzeit bei ca. 4 Millionen Einwohnern rund 2.300 eigenständige Kommunen, mehr als jedes andere Land in der Bundesrepublik. Nordrhein-Westfalen hat bei ca. 17,8 Millionen Einwohnern ca. 400 Kommunen.

Natürlich hängt dies in Rheinland-Pfalz mit den vielen Ortsgemeinden zusammen, von denen rund 600 unter 300 Einwohner haben. Bereits seit Jahren wäre es dem Innenminister per Ministerentscheid möglich, Ortsgemeinden unter 300 Einwohnern mit anderen Ortsgemeinden zusammen zulegen. Natürlich stellen die Ortsgemeinden einen wichtigen kulturellen Wert an sich dar und binden viele Bürgerinnen und Bürger in ehrenamtliche Tätigkeiten ein. Das gelingt aber auch in den größeren Kommunen wie viele Beispiele gerade auch in Rheinland-Pfalz zeigen. Aber niemand hat offenkundig den Mut, die kleinen Ortsgemeinden zusammenzulegen, was notwendig und sinnvoll wäre. Nach Einwohnern liegen unter den 50 kleinsten Gemeinden in Deutschland 35 in Rheinland-Pfalz und die haben alle weniger als 50 Einwohner, unter den 100 kleinsten 72 in Rheinland-Pfalz, alle mit weniger als 67 Einwohner.

Jetzt geht es aber um die Zukunft der Verbandsgemeinden, die sicherlich nicht die Identifikationskraft haben wie Ortsgemeinden. Aber es geht (noch) nicht um die Grenzen der Landkreise. Die damit zusammenhängenden Fragen sollen erst dann diskutiert werden, wenn nächstes Jahr ein entsprechendes Gutachten, dessen Vergabe einvernehmlich von SPD, CDU und Grünen, verabredet war, vorliegt. Es ist nicht zu verstehen, dass jetzt vor den nächsten Schritten dieses Gutachten nicht abgewartet wird. Jetzt wird der zweite Schritt vor dem ersten getan.



„Wer das erste Knopfloch verfehlt, kommt mit dem Zuknöpfen nicht zu Rande“, sagte Goethe in Maximen und Reflexionen. Und das trifft genau auf viele der jetzt angestrebten Gebietsänderungen zu. Da werden vor den notwendigen Regelungen bei den Landkreisen Gebietsänderungen bei den Verbandsgemeinden vorwärtsgetrieben (wohl auch um den Gerichten zu zeigen, dass die Zwangsfusionen der letzten Jahre keine Eintagsfliegen waren). Da wird nicht nur das erste Knopfloch verfehlt. Mit planvoller politischer Reform hat dies alles nichts zu tun – das sind reine Gebietsänderungen, ohne genaues Konzept, zumal wenn man weiß, dass Kommunen vorgegeben wurde/wird, sucht euch Partner. Und wenn das nicht klappt, bekommen sie einen Partner von oben. Das klingt nach dem Motto: Wenn ihr keine Braut findet, bekommt ihr sie von uns.

"Ich halte eine sinnvolle und durchdachte Neustrukturierung für notwendig, bei Ortsgemeinden, bei Verbandsgemeinden, bei Landkreisen. Und ich frage natürlich auch, ob 16 Länder in der Bundesrepublik noch die zukunftsweisende Struktur darstellen. Von 16 Ländern erhalten 12 Mittel aus dem Länderfinanzausgleich (2015 über 9 Mrd.); darüber hinaus erhielten 2013 auch 12 Länder zusätzlich Bundesergänzungszuweisungen. Sicher ist es richtig, dass aus der Fusion zweier finanzschwacher Länder noch kein finanzstarkes neues Land wird. Dies gilt aber auch bei Gebietsänderungen von Kommunen. Nur noch wenige Kommunen können ihren Haushalt ausgleichen. Bund und Länder bürden den Kommunen neue Aufgaben auf, ohne die finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen", schreibt Zolk.

In Rheinland-Pfalz wird gern der aus Nassau stammende Freiherr vom Stein zitiert. Stein wollte finanziell gesunde Gemeinden. Davon sind wir weit entfernt. "Für mich ist klar: Eine vernünftige Verwaltungs- und Kommunalreform, die auch den Namen verdient, ist notwendig. Reine Gebietsänderungen ohne weitergehende Konzeption machen keinen Sinn". Reform heißt: Planvolle Umgestaltung zu besseren Verhältnissen. Da ist viel Luft nach oben.



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