Grüne weisen auf Gefahren von CETA und TTIP hin, werden sich aber enthalten
Am 30. Oktober wurde CETA unterschrieben. Nun muss das Handelsabkommen mit Kanada noch durch das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente ratifiziert werden. Bündnis 90/ Die Grünen kündigten bei einer Infoveranstaltung zu dem Thema an, dass sie zwar gegen CETA und TTIP in der bisherigen Form sind, aber falls es zu einer Abstimmung im Bundesrat kommen wird, sie sich gemeinsam mit den anderen Parteien der Landesregierung enthalten werden.
Nauroth. Der Kreisverband Altenkirchen von Bündnis 90/ Die Grünen lud zum Thema „TTIP und CETA - Gefahren für Verbraucher, die kommunale Daseinsvorsorge und die Landwirtschaft “ mit der Ministerin für Umwelt ,Ulrike Höfken, am Donnerstag, den 10. November in das Gemeindezentrum in Nauroth ein.
Kreisvorstandssprecherin Anna Neuhof erklärte, dass man sich nicht wundern sollte, dass so viele Menschen nach Deutschland migrieren, wenn sie von den westlichen Industrieländern ausgebeutet werden. „Wir wollen Handel, aber nur, wenn er fair ist. Es muss aufhören, dass beispielsweise Tomaten von Holland in den Senegal importiert werden. Der Senegal kann selbst Tomaten anbauen“, sagte Neuhof.
Höfken erzählte, dass sie es nicht glauben konnte, als sie hörte dass Donald Trump zum neuen Präsident der USA gewählt wurde. Sie ist der Meinung, dass dies mit der Welthandelsentwicklung zu tun habe. „Freihandel ist nicht per se etwas Gutes.“, sagte sie dazu. Im Rahmen der WTO sehen die westlichen Industrieländer nicht mehr in Gänze ihre Interessen berücksichtigt und weichen somit auf bilaterale Handelsabkommen, wie TTIP und CETA aus, wo Entwicklungsländer ganz ausgeschlossen werden, so Höfken. Die beiden Handelsabkommen werden 47 Prozent der Weltwirtschaft ausmachen.
Bei CETA und TTIP geht es jedoch nicht nur um die wirtschaftliche Beziehung. „Wenn dies so wäre, hätten wir gar kein Problem.“, betont Höfken. Die eigentliche Problematik ist, dass die Verträge nicht kompatibel mit dem europäischen Recht sind. Zudem ist eine regulatorische Kooperation in den Handelsabkommen festgehalten. Diese besteht aus einem Abgleich der EU mit Kanada bzw. den USA von Gesetzesvorhaben bis in die Landes- und Kommunalpolitik hinein. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Gesetzesgrundlagen vom Arbeits- bis zum Patentrecht der Handelspartner, kann dies schwerwiegende Veränderungen für Deutschland bedeuten. „Es darf keine Paralleljustiz geben.“, so Höfken. Obwohl diese bereits in einigen früher abgeschlossenen Abkommen existiert - zum Beispiel in der Energiecharta.
Höfken stellte während der Info-Veranstaltung die Handelsabkommen CETA und TTIP sowie ihre Gefahren vor. So sollen Käse und Schweinefleisch im Rahmen von CETA nach Kanada importiert und hormonfreies Rindfleisch in die EU importiert werden Wie die Hormonfreiheit garantiert werden soll, wurde jedoch nicht festgehalten. Ob das Abkommen mehr Arbeitsplätze schafft und für eine bessere Wirtschaft sorgen wird, legen verschiedene Studien unterschiedlich aus und bleibt daher noch unklar.
Die Erfahrung aus NAFTA, dem Handelsabkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko, zeigen jedoch, dass aus den Verträgen Gewinner und Verlierer hervorgehen. In den USA mussten 60.000 Fabriken geschlossen werden und in Mexiko ist der Maispreis zwischen 1985 und 2003 um 64 Prozent gefallen. Nach einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo) wird die EU als Verlierer des TTIP Abkommens hervorgehen. Die Wertschöpfung im Bereich der Lebensmittelindustrie soll in den nächsten 10 Jahren um 0,5 Prozent sinken, in Deutschland sogar um 0,7 Prozent. Nach einer Studie des U.S. Department of Agriculture (USDA) wird ebenfalls die amerikanische Landwirtschaft stärker von TTIP profitieren. Die USA wird 5,5 Milliarden Umsatz durch den Export von Rindfleisch und Milch machen, während die EU nur 0,8 Milliarden durch ihren Export generieren wird. Darüber hinaus wird die USA 41 Milliarden aus dem Export von Schweinefleisch erhalten, während Europa nur 1,2 Milliarden generieren wird, so die Ministerin
Höfken sieht vor allem die Gefahren von TTIP und CETA in der „Aushöhlung von Standards“, der „Privatisierung öffentlicher Bereiche“, dem „Ausschluss von Drittländern“, der „Aushebelung der Justiz“ und der „Entmachtung der demokratischen Strukturen“. Weiter sprach Höfken die Themen Gentechnik, Chemikalien und Tierschutz an, die bekannter Weise in den USA und in Kanada anders gehandhabt werden als in Europa.
„Wir fordern daher Positivlisten statt Negativlisten in den Verträgen, keine Einschränkung der Entscheidungsfreiheit durch Standstill- oder Ratchet Klauseln und die kommunale Daseinsvorsorge gehört nicht auf den Weltmarkt“, erklärte Höfken abschließend.
„Wir müssen der Wallonie sehr dankbar sein, dass sie nochmal wegen CETA nachverhandelt hat.“, meinten Höfken und Neuhof. Leider stehen die Nachverhandlungen lediglich im Raum und wurden nicht mit in den Vertrag hineingenommen, der am Sonntag, den 30. Oktober unterschrieben wurde. Daher müssen die Bauern der Wallonie hoffen, dass Kanada freiwillig die ausgehandelten ILO-Kernarbeitsnormen (International Labour Organization), das Vorsorgeprinzip und die Austrittsklausel, die jedoch nur für Belgien gelten, einhält.
„Was können wir noch tun, nachdem CETA unterzeichnet wurde?“, fragte eine besorgte Bürgerin. Der Protest und die Demonstrationen waren nicht umsonst. Diese haben das Bewusstsein überhaupt erst geschaffen. Sonst wäre nie in der Öffentlichkeit darüber diskutiert worden. Daher ist es auch weiterhin wichtig zu Demonstrieren und zu diskutieren, damit weiter an den Abkommen gearbeitet und nachverhandelt werden, antwortete Höfken.
„Wieso wurde CETA überhaupt so schnell unterschrieben?“, fragte ein Anderer. Wahrscheinlich um ein politisches Zeichen zu setzen, meinte Höfken dazu.
Doch was die Grünen nun tun werden, interessierte die Bürger besonders. Die Antwort war enttäuschend: eigentlich gar nichts.
Das Handelsabkommen mit Kanada muss noch durch das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente ratifiziert werden. Die Chance, um noch ein Veto gegen CETA einlegen zu können. Falls es zu einer Abstimmung im Bundesrat kommen wird, werden die rheinland-pfälzischen Bündnis 90/ Die Grünen zusammen mit den beiden anderen Parteien der Landesregierung sich jedoch enthalten. Genauso würden sie auch bei TTIP verfahren. Da sich die Landesregierung nicht einig über CETA und TTIP ist, wurde im Koalitionsvertrag festgehalten, dass sich die Parteien enthalten werden, erklärt Höfken. Kreisvorsitzende Katrin Donat fügt hinzu, dass dies jedoch nur der Fall ist, wenn sich die Parteien eben nicht einigen können.
Somit ist von Seiten der rheinland-pfälzischen Landesregierung schon einmal kein politisches Zeichen zu TTIP und CETA zu erwarten. Lieber legt das Land die Entscheidung in die Hände der anderen Bundesländer. Demonstrationen und Proteste der Bürger aus Rheinland-Pfalz sind daher leider überflüssig gewesen. (jkh)
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