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Ziel: Den Jugendschutz stärken
Alkohol und Drogen sind oft Ursache von Jugendstraftaten. Die Forderung, den Jugendschutz zu verstärken, wurde deshalb in einer Informations-Veranstaltung im Rahmen der jüngsten Sitzung des Fachgremiums "Rat für Kriminalitätsvorbeugung" in Daaden unterstrichen. Eingeladen waren auch zwei Vertreter der Justiz.
Daaden. Zur jüngsten Sitzung des Fachgremiums "Rat für Kriminalitätsvorbeugung" waren erstmals zwei Vertreter der Justiz eingeladen: Bürgermeister Wolfgang Schneider konnte Oberstaatsanwalt Gebhard Weber und Jugendrichterin Tanja Becher als Gäste im Daadener Rathaus begrüßen. Schneider erläuterte eingangs die Beweggründe der Werkstatt. Aus Sicht der Verbandsgemeinde Daaden sei ein regelmäßiger Informations-Austausch zwischen dem Rat für Kriminalitäts-Vorbeugung, Polizei, Staatsanwaltschaft und Richtern sehr wichtig. Insbesondere bat er um Erläuterungen zu den Sanktionsmöglichkeiten und –verfahren bei Straftaten Jugendlicher.
Oberstaatsanwalt Gebhard Weber gab dem Fachgremium einen Überblick zum Jugendstrafrecht. Wenn man die öffentliche Berichterstattung betrachte, könne man der Ansicht sein, dass eine bedrohlich steigende Jugendkriminalität vorliege. Daher sollten Zahlen und Fakten die Situation verdeutlichen. "Nur etwa 8 Prozent aller 14 bis 20-Jährigen werden polizeilich auffällig. Lediglich bei zirka 2,5 Prozent der Jugendlichen erfolgt eine strafrechtliche Verurteilung. Drei bis fünf Prozent der Jugendlichen sind hierbei Mehrfachtäter", führte Weber aus. Bei Kleintaten erfolge regelmäßig eine Einstellung der Verfahrens, im Juristendeutsch auch Diversion genannt. Aus der Kriminalstatistik ergebe sich folgende Rangfolge der Deliktsarten: 40 Prozent Diebstähle, 20 Prozent Rauschgiftdelikte, 15 Prozent Gewaltdelikte und 10 Prozent Sachbeschädigungen. Gewalttäter würden zunehmend jünger und die Täter stünden oftmals unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen. 10 Prozent der registrierten Täter seien Mehrfach- und Intensivtäter, bei denen mangelhafte Schulbildung, zerrüttete Familienverhältnisse und mangelnde erzieherische Kompetenz der Eltern zu verzeichnen seien.
"Nach dem Jugendgerichtsgesetz soll auf junge Täter in erster Linie erzieherisch eingewirkt werden. Dazu dient der Täter-/Opfer-Ausgleich mit anschließender Diversion", so der Referent. Diese Maßnahme - vor Einleitung eines Verfahrens - erfolgt bei kleineren bis mittleren Straftaten eines einsichtigen Täters. Im Landgerichtsbezirk Koblenz macht dieser Bereich etwa 45 Prozent der Fälle aus.
Weitere, einschneidende Maßnahmen sind Erziehungsmaßregeln und so genannte "Zuchtmittel", insbesondere Sozialstunden und Jugendarrest. Bei besonders schweren Taten könnten Jugendstrafen zwischen 6 Monaten und 10 Jahren verhängt werden. In etwa 20 Prozent der Fälle komme es zu diesen Bestrafungen, davon würden etwa Zweidrittel der Strafen zur Bewährung ausgesetzt.
Nach Ansicht von Staatsanwalt Weber und Richterin Becher kann es durch gezielte Präventionsarbeit gelingen, Straftaten zu verhüten. "Insbesondere Drogen- und Alkoholprävention ist ein probates Mittel, da viele Straftaten von drogen- und alkoholbeeinflussten Personen getätigt werden", so Jugendrichterin Becher. Intention des deutschen Jugendstrafrechts sei, nicht möglichst hart, sondern schnell und angemessen zu bestrafen.
Kripochef Franz Orthen und Norbert Skalski, Leiter der Polizeiinspektion Betzdorf, berichteten übereinstimmend, dass die Anzeigenbereitschaft im ländlichen Raum steige. Richterin Becher stellte die Angebote der Hilfseinrichtung "Die Brücke" beim Amtsgericht Betzdorf sowie der Drogenberatung der Caritas vor. Oftmals würden den Tätern die Konsequenzen aus den begangenen Delikten erstmals vor Gericht bewusst. Bei manchen Verurteilten handele es sich um die erste Erfahrung mit Sanktionen, da mangelnde erzieherische Kompetenz der Eltern ein Fehlverhalten der Jugendlichen bisher nicht sanktioniert habe.
Fakt sei, dass vier bis fünf Prozent der Jugendlichen 40 bis 50 Prozent der Jugendstraftaten begehen. Die Zugänglichkeit und Verfügbarkeit von Alkohol und Drogen sei auch im Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion Betzdorf ein Problem, meinten die Polizisten. Die Behörden vereinbarten, die Einhaltung der Jugendschutz-Bestimmungen durch Gastwirte, Getränkehandel und Vereine verstärkt zu überwachen, da viele Auffälligkeiten und Probleme in engem Zusammenhang mit Alkoholkonsum durch Jugendliche stehen. Bei diesen Maßnahmen soll auch das Jugendamt eingebunden werden.
Insbesondere mit Veranstaltern soll eine konsequente Einhaltung der Jugendschutzgesetze vereinbart werden.
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Foto: Bürgermeister Wolfgang Schneider (2. von rechts) und Mitglieder des Rats für Kriminalitätsvorbeugung der Verbandsgemeinde Daaden wurden von Jugendrichterin Tanja Becher und Oberstaatsanwalt Gebhard Weber (Bildmitte) zum Thema Jugendkriminalität informiert.