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Nachricht vom 20.12.2016    

Kreishaushalt 2017: Defizit frisst Gestaltungsmacht auf

Letztlich sahen die Kreistagsmitglieder keine andere Möglichkeit, als dem Zahlenwerk für das kommende Jahr zuzustimmen. Kaum Einfluss oder gar Einsparpotentiale machten die Redner in dem Minus-Haushalt aus. Bei aller demonstrierten Ohnmacht sind für 2017 aber auch Investitionen in die Zukunftsfähigkeit geplant.

Zum achten Mal in Folge verabschiedeten die Kreistagsmitglieder einen Haushalt, der nicht ausgeglichen ist. Foto: Daniel Pirker

Altenkirchen/ Kreisgebiet. Kreisbeigeordneter Konrad Schwan (CDU), der den erkrankten Landrat Michael Lieber zurzeit vertritt, unternahm erst gar nicht den Versuch, die Lage zu beschönigen in seinen Ausführungen zum kommenden Haushalt: Die Kreisverwaltung bringe das Zahlenwerk nicht mit Begeisterung ein. Die Lage sei so ernst wie nie.

Aber wie gestaltet sich die Ist-Situation für den Kreishaushalt? Der Jahresfehlbedarf im Ergebnishaushalt weist ein Minus von über 5,6 Millionen Euro auf. Über 5 Millionen Euro muss der Kreis Altenkirchen an Investitionskrediten aufnehmen, über 4 Millionen Euro an Liquiditätskrediten. Man stehe mittlerweile gar vor der Situation, dass die Investitionskredite durch die Liquiditätskredite getilgt werden müssten, erklärte Konrad Schwan.

Zum achten Mal in Folge kann der Kreishaushalt nicht ausgeglichen werden, wie Udo Quarz (Linkspartei) betonte. Damit sei absehbar, wann das Eigenkapital aufgebraucht sei – und die Handlungsfähigkeit des Kreises noch weiter eingeschränkt werde. Auch Gerd Dittman von den Grünen sorgte sich um das Schmelzen des Eigenkapitals.

Große Sorge um Gestaltungsspielraum

Wie sehr die Handlungsfähigkeit bereits jetzt eingeschränkt ist, offenbart ein Blick auf die Ausgaben für den Straßenbau: 2011 hatte man noch 6,9 Millionen Euro investieren können, 2017 werden es nur 2,7 Millionen Euro, stellte Hubert Wagner für die FWG heraus. Udo Quarz sagte, dass man hier dringend wieder auf ein höheres Niveau kommen müsse. Grundsätzlich sorgten sich viele Redner um den schrumpfenden Gestaltungsspielraum. Investitionen müssten geschoben werden, wie Konrad Schwan sagte.

Immerhin: Rund 4,3 Millionen Euro fließen laut ihm beispielsweise in den Ausbau von Schulen und eine halbe Millionen Euro in Kindergärten. Für die Sanierung der Holzbachtalstrecke, die von der Westerwaldbahn befahren wird, sind 350.000 Euro eingeplant. Ein Lichtblick in Sachen Investitionen in die Zukunft ist für die Kreispolitik der geplante DSL-Ausbau. 13,2 Millionen Euro sind hier vorgesehen (Bezuschussung von Bund und Land 90 Prozent).

Immer mehr scheint der Kreis auf Zuwendungen aus der Kreisumlage angewiesen zu sein, über die von den Verbandsgemeinden, Städten und Gemeinden Gelder fließen. Auch hier müssen die Kreispolitiker ein Minus akzeptieren, da laut Schwan manche Verbandsgemeinden einen spürbaren Rückgang der Gewerbesteuer zu verzeichnen hätten. Doch an dem Umlagesatz von etwas über 44 Prozent wollte keine der im Kreistag vertretenen Parteien rütteln. Eine Erhöhung stelle nichts anderes als einen Verschiebebahnhof für die Schulden der jeweiligen Gliederungen dar, sagte etwa Hubert Wagner (FWG). Für Udo Quarz (Die Linke) ist hier mit dem derzeitigen Niveau „das Ende der Fahnenstange“ erreicht.



Ausgaben für Sozialbereich steigen stetig

Zu kämpfen hat der Kreis außerdem mit steigenden Aufwendungen im Sozialbereich. Dazu gehören etwa nicht gedeckte Personalaufwendungen in den Kindertagesstätten. Und im Jugendhilfebereich ist seit Jahren laut Konrad Schwan der Personalbedarf am Steigen. Insgesamt sei die Kreisverwaltung in den letzten zehn Jahren um 60 Stellen gewachsen. Hier habe man allerdings keine Möglichkeit gefunden, dies zu vermeiden. Vor allem im Bereich der Jugendhilfe müssen die Kreispolitiker mit Kostensteigerungen leben, auch aufgrund von mehr Familien mit Problemen, so Schwan. Und auf eine finanzielle Entspannung im Sozialbereich darf man offenbar auch nicht hoffen. Schwan rechnet beispielsweise mit einem Anstieg der Hilfe zur Pflege. Und für 2017 sind schon 14 neue Stellen im Sozialbereich vorgesehen.

In Richtung Bund und Land stellte Hubert Wagner (FWG) fest, dass Sozialstandards immer höher gesetzt würden - zu Lasten der kommunalen Ebene. „Wo bleibt ein finanzieller Ausgleich?“, fragte er rhetorisch mit Blick auf die Kosten für Kindergärten. Die Erhebung eines sozial gestaffelten Beitrags sei dem kostenlosen Besuch der Einrichtungen vorzuziehen. Josef Zolk (CDU) war hier anderer Meinung und verwies auf den Nutzen für sozial schwache Familien. Und Tobias Gerhardus (CDU) stellte grundsätzlich in den Raum: „Wäre gerade im sozialen Bereich nicht weniger mehr?“ Gerd Dittmann (Grüne) begrüßte, dass der Kreis es trotz seiner Finanzlage geschafft hätte, Akzente im Bereich der Armutsbekämpfung zu setzen.

Angesichts der miserablen Haushaltslage bleibt die Frage: Was leistet sich der Kreis freiwillig? Tatsächlich sind 99 Prozent Pflichtausgaben. Nicht gezwungen wäre der Kreis, seine Kultureinrichtungen wie die Kreismusikschule zu finanzieren. Damit ist allerdings nicht zu rechnen. Immer wieder klang in den Beiträgen der Redner durch, welchen hohen Stellenwert sie Kreisvolkshochschule und Co. einräumen. (ddp)



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