Oberverwaltungsgericht NRW stoppt Windenergieanlagen
Auf dem Knippen nahe Freudenberg sollten Windenergieanlagen errichtet werden. Dagegen klagte ein Landwirt. In erster Instanz wurde abgelehnt, das Oberverwaltungsgericht in NRW hob jetzt das Urteil auf und stellte Widerspruchsfristen her. Das kann Signalwirkung auf das nahe Wildenburger Land haben, wo ebenfalls Windenergieanlagen geplant sind.
Region. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG) hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Genehmigung von drei Windenergieanlagen auf dem Knippen/Freudenberg durch die Kreisverwaltung Siegen-Wittgenstein wieder hergestellt. Mit dem Beschluss hob das OVG den Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 4. Oktober 2016 auf und stellte die aufschiebende Wirkung wieder her.
Gegen den Genehmigungsbescheid hatte ein Landwirt mit Unterstützung der Naturschutzinitiative e.V. (NI) im Eilverfahren Einstweiligen Rechtsschutz (Baustopp) beantragt, weil er sich in seinen Rechten verletzt sah und das Ergebnis der durchgeführten Umweltverträglichkeitsvorprüfung für nicht nachvollziehbar hielt. „Damit müssen die Bauarbeiten am Windpark Knippen umgehend eingestellt werden“, betonte der Landesvorsitzende der Naturschutzinitiative e.V. (NI), Harry Neumann.
Das Gericht fordert unter anderem, dass der fachlich gebotene Abstand von 1.500 Meter zu den Brutstätten des Rotmilans im Rahmen der UVP-Vorprüfung hätte beachtet werden müssen. Damit stärkt das Oberverwaltungsgericht auch die bundesweit zu beachtende Fachkonvention, das Helgoländer Papier der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW). Das Gericht vertritt den folgerichtigen Standpunkt, dass das Helgoländer Papier aufgrund des aktuellsten Erkenntnisstandes zusätzlich zu dem veralteten Leitfaden in NRW berücksichtigt werden müsse. „Das ist eine gute Entscheidung für den Natur- und Artenschutz, die deutschlandweit zum verbindlichen Standard werden muss“, erklärte Harry Neumann.
Die NI ist der Auffassung, dass der Investor aus rechtlichen Gründen jetzt sogar ein völlig neues Verfahren einleiten muss, in dem auch die Bedeutung des Lebensraumes für das Haselhuhn zu untersuchen ist. „Am besten ist es, wenn er seinen Bauantrag zurückzieht und die bisherigen Bauteile wieder abbaut“, erklärte Gerhard Bottenberg, Länderbeirat NRW der Naturschutzinitiative e.V.
Das Gericht stellt eindeutig fest: „Es bestehen ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Genehmigungsbescheides des Antraggegners vom 27. August 2015“. Und weiter heißt es in der Entscheidung, dass der Antragsteller die Aufhebung des Genehmigungsbescheides verlangen könne, wenn „eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit“ nicht den Maßstäben des UVP-Gesetzes entspricht. Dies ist hier der Fall.
Das Oberverwaltungsgericht rügt zurecht noch weitere Mängel des Genehmigungsbescheides: Fehlerhafte Berücksichtigung des naheliegenden Vogelschutz- und FFH-Gebietes Westerwald, unzureichende und nicht sachgerechte Untersuchungen zum Schwarzstorch, keine Kartierung von Brutvögeln im Jahre 2014 und 2015. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass „bei summarischer Prüfung gewichtige Tatsachen“ für einen wahrscheinlichen Erfolg des Antragstellers in der Hauptsache sprechen.
Damit ist laut Pressemitteilung der Naturschutz Initiative völlig klar: Die Kreisverwaltung Siegen-Wittgenstein hat bei der Genehmigung der drei Windindustrieanlagen nicht genügend Sorgfalt walten lassen und die bereits im Jahre 2015 eingegangenen Stellungnahmen unter anderem der Kreise Altenkirchen und Olpe sowie von Naturschützern nicht ernst genommen und berücksichtigt. „Damit ist die Kreisverwaltung Siegen-Wittgenstein ihrer Verantwortung gegenüber den Schutzgütern Mensch und Natur erneut nicht gerecht geworden“, erklärte Gerhard Bottenberg, Länderbeirat der NI.
„Ohnehin haben wir bei der Kreisverwaltung Siegen-Wittgenstein den Eindruck, dass hier der Natur- und Artenschutz sowie die fachliche Expertise von anderen Behörden und Naturschutzverbänden nicht genügend berücksichtigt werden, offensichtlich sind diese auch gar nicht gewollt“, betonte abschließend Harry Neumann.
Die NI wird sich in das weitere Verfahren aktiv einbringen und auch das nahe gelegene Wildenburger Land vor seiner Industrialisierung mit Windenergieanlagen durch die Pläne des Grafen Hatzfeld schützen.
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