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Mittelstand nicht sterben lassen
Wenn ein FDP-Politiker und Wirtschaftsexperte im Geburtsort von Friedrich Wilhelm Raiffeisen ein Plädoyer der Hilfe zur Selbsthilfe in wirtschaftlich schwierigen Zeiten hält, dann ist das nicht uninteressant. Der Kandidat um das Amt des Ortsbürgermeisters von Hamm, Detlef Klein, hatte seinen langjährigen Freund Rainer Brüderle eingeladen und er kam. Der Vortrag im Kulturhaus Hamm am Dienstagnachmittag war mehr als nur Wahlkampfhilfe, beide Männer verbindet eine jahrzehntelange Freundschaft. Brüderle warnte vor zuviel Staat in den Belangen der sozialen Marktwirtschaft.
Hamm. Es ist eine Freundschaft, die schon jahrzehntelang hält und immer wieder auch prominente Bundespolitiker nach Hamm führt. Mit dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden der FDP (zugleich auch stellvertretender Vorsitzender des FDP-Bundestagsfraktion), Rainer Brüderle, und Detlef Klein ist das solch eine Freundschaft, die beide Liberalen auf ihren ganz unterschiedlichen Positionen pflegen. In diese Freundschaft ist auch Hans-Artur Bauckhage eingebunden, er kam ebenfalls zum Treffen der FDP Hamm, um die Freunde wiederzusehen und natürlich die Ziele liberaler Politik bis auf die örtliche Ebene zu transportieren.
FDP-Kandidat um das Amt des Ortsbürgermeisters ist Detlef Klein, der im Gruß an die Parteifreunde und Bürger deutlich machte, dass ihm Hamm am Herzen liegt. "Mit mir wird es keine Tunnellösung für 10 Millionen Euro als Ortskernentlastungsstraße geben", stellte Klein deutlich heraus. Diese Straße sei ein Traum bis heute, und man müsse sich angesichts von rund 7 Millionen Euro Gesamtschulden der Ortsgemeinde auf andere Lösungen besinnen. "Der Bau des Kreisels im Bereich der Lindenallee/Marktzentrum ist von allen gewollt, hier sind der Bund und der Kreis beteiligt, das kann sich die Ortsgemeinde leisten", sagte Klein. Mit Freude übergab er das Mikrofon an den Parteifreund. "Ich freue mich, dass Detlef Klein für das Amt des Ortsbürgermeisters kandidiert, er ist ein handfester Typ, der mit Engagement und Temperament für seine Heimatgemeinde eintritt", sagte Brüderle. Er warb in seiner Rede für eine hohe Wahlbeteiligung, nicht nur mit Blick auf die Kommunal-, sondern auch auf die Europawahl.
Brüderle ist in Berlin nicht nur stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfaktion, sondern auch wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion und deren Arbeitskreisleiter. Er artikulierte in Hamm auch seine Ansichten zur Banken- und Wirtschaftskrise. "Niemand weiß zurzeit genau, wie viel Geld genau verbrannt wurde, mit den sogenannten toxischen (wertlosen) Papieren, die die Bankenkrise und die jetzt folgende Wirtschaftskrise auslöste. Der Rettungsschirm für die Banken war richtig, aber der Staat muss jetzt auch wieder den Ausstieg finden", sagte Brüderle. Bislang habe weder die Bundesregierung noch die Bankenaufsicht Konsequenzen aus der Finanzkrise gezogen. Es fehle die Aufsicht. Brüderle erteilte Staatsbanken eine klare Absage.
Angesichts der aktuellen Krise der Opel-Werke sah der FDP-Wirtschaftsexperte ein schwieriges Feld, und das mit deutlich gemischten Gefühlen. "Wir dürfen nicht bei jedem Betrieb einsteigen, der in Schwierigkeiten geraten ist, wir wollen keine Staatsbetriebe", warnte Brüderle. Mit Blick auf die Diskussion um Arcandor meinte der liberale Politiker, dass hier erst einmal die Vermögen der Besitzer und die gesunden Betriebszweige gefragt seien, bevor der Staat die Steuerzahler belaste. Hier gebe es eine reiche Familie (Schickedanz) und einen gesunden Betriebszweig (Thomas Cook).
"Der Mittelstand stirbt leise in diesem Land, das kann nicht sein", schimpfte Brüderle und stellte die Arbeitsplätze und die Ausbildungsleistungen des Mittelstandes in den Fokus. Die Großkonzerne sorgten für den rasanten Arbeitsplatzabbau in Deutschland und weltweit. Er forderte deutliche Steuererleichterungen für die mittelständischen Betriebe aber auch für die Arbeitnehmer. "Die Abwrackprämie ist ein Strohfeuer, ebenso die Konjunkturprogramme der großen Koalition, wenn sie nicht zeitnah umgesetzt werden können. Wir brauchen die Belebung der Binnenkonjunktur, die Weltkonjunktur kann Deutschland nicht retten", so Brüderle. Brüderloe forderte Steuerentlastungen für die Bürger, die dann selbst entscheiden, ob sie ein Auto oder ein Möbelstück kaufen.
Harsche Kritik übte der Wirtschaftsexperte am deutschen Erbschaftssteuerrecht, das dazu führe, dass immer mehr Betriebe weggingen und sich in Österreich oder Schweiz niederließen. Brüderle forderte mehr Freiräume in Deutschland für Unternehmertum und innovative Ideen. "Wir sind hier völlig überreglementiert", so seine Kritik.
In der Diskussion kamen Themen wie die drohende Geldentwertung zur Sprache, das Thema Schwarzarbeit, es gab einen Streifzug durch aktuelle politische Themen aus der Sicht der Liberalen. Auch das Thema Wahlrecht für Ausländer kam vor, hier waren türkischstämmige Hämmscher im Publikum, die zwar gerne wählen möchten, dies aber nicht dürfen.
Dem offiziellen Ende folgte das persönliche Gespräche mit Brüderle, Bauckhage und Klein auf dem Synagogenplatz. Bürgermeister Rainer Buttstedt schaute vorbei und brachte ein Geschenk für Brüderle. Mann genoss den späten Nachmittag mit einem Frisch gezapften Bier, den leckeren Grillwürstchen und den Gesprächen. (hw)
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FDP-Freunde seit vielen Jahren sind Rainer Brüderle, Detlef Klein und Hans-Artur Bauckhage (von links). Fotos: Helga Wienand
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