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"Bologna-Schwarzbuch" erschienen
Mit dem "Bologna-Prozess" - gemeinhin auch kritisiert als neoliberale Ökonomisierung der Hochschulen und Beerdigung des Humboldtschen Bildungsideals - befassen sich die Professorden Christian Scholz (Saarbrücken) und Volker Stein (Siegen) als Herausgeber. Sie wollen wie auch die übrigen Autoren eine "Reform der Reform".
Siegen. Das Buch ist nicht schwarz, sondern blau. Das hat zwei Gründe: Zum einen publiziert der Deutsche Hochschulverband seine Arbeiten in dieser Farbe. Zum anderen - und das ist noch wichtiger - sehen die Autoren nicht zwingend schwarz für die Zukunft, sofern endlich Umdenken einsetzt. Genau das bezwecken die Professoren Christian Scholz und Volker Stein als Herausgeber sowie die insgesamt 13 Autoren mit ihrem gemeinsamen Buch: Vermittlung von wichtigen Informationen dazu, was die so genannte "Bologna-Reform" eigentlich wollte und was wirklich dabei herausgekommen ist.
Die vorgelegten Befunde sind schockierend und werfen ein böses Licht auf viele der handelnden Personen: Nicht nur werden die angestrebten Ziele eindeutig verfehlt, es werden auch immer neue Konzepte aufgesattelt, die zu einer Entmündigung von Studierenden und Professoren führen, gleichzeitig aber Institutionen wie die Hochschul-Rektorenkonferenz und externe Akkreditierungs-Agenturen in ihrer - so die Autoren des Buches - "unlegitimierten Macht" bestärken. Warum überhaupt ein Buch über den sogenannten Bologna-Prozess, die so genannte "Reform" des europäischen Hochschulsystems? Ist nicht alles gesagt zur deutschen Umsetzung von "Bologna", zu seinen Stärken, seinen Schwächen? Die Antwort ist eindeutig "Nein!": Viele Menschen wissen weder, dass es diesen Bologna-Prozess gibt, noch, welche verheerenden Wirkungen er in der deutschen Bildungslandschaft ausgelöst hat - für die Studierenden, für Fakultäten und Fachbereiche, für die einzelnen Hochschullehrer. "Dabei ist das Problem noch nicht einmal vollständig in der Wirtschaft angekommen, die ‚Bachelor welcome’ sagt, Lohnkostensenkung meint - und langsam gemeinsam mit dem Wissensstandort Deutschland untergeht", so Professor Volker Stein, der an der Universität Siegen eine Professur für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Personalmanagement und Organisation innehat.
Das "Bologna-Schwarzbuch" vereint neben den Herausgebern eine Reihe namhafter Professorinnen und Professoren: Peter J. Brenner, Karl-Otto Edel, Wolfgang A. Halang, Thomas Hering, Walter Krämer, Wilfried Krüger, Joachim Lege, Andrea Liesner, Konrad Paul Liessmann, Walter Slaje, Dietrich von der Oelsnitz, Jürgen Weibler, Stefan Winter. Sie alle wollen das, was Wissenschaftler üblicherweise tun: Sie weisen kritisch auf Fehlentwicklungen hin und zeigen Entwicklungslinien für die Zukunft auf.
Das Buch liefert nicht nur eine umfassende Analyse, es liefert am Ende auf zwei Seiten komprimiert auch provokante Konsequenzen, die sich nach Ansicht der Autoren aufdrängen: Exemplarisch zu nennen sind die sofortige Abschaffung der Akkreditierungen, das Ersetzen der aktuellen zentralen Planwirtschaft durch echte Marktlösungen und der Verzicht darauf, die Universitäten zu Fachhochschulen umzufunktionieren.
Auch wenn es immer noch Politiker, Funktionäre und Medienvertreter gibt, die die letzten 10 Jahre Bologna als Triumph feiern, es wird Zeit für eine wirkliche Reform: "Alle diejenigen, die sich an die Gleise der alten Bologna-Idee gekettet haben und jetzt nur noch auf Schadensminimierung setzen, sind aufgefordert, über neue Wege in die Zukunft nachzudenken und diese neue Zukunft mit zu gestalten", so der Saarbrücker Professor Christian Scholz. Dies setzt aber Verstehen der Vergangenheit und Diskurs über die Gegenwart voraus. Genau dazu will das vorliegende Buch beitragen.
Kontakt: Professor Dr. Christian Scholz, Universität des Saarlandes in Saarbrücken, Telefon 0681/302-41 20, E-Post scholz@orga.uni-sb.de; Professor Dr. Volker Stein, Universität Siegen, Telefon 0271/740-32 27, E-Post volker.stein@uni-siegen.de.
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