Neues Buch über Selbstverteidigung erschienen
Selbstverteidigungskurse der unterschiedlichen Vereine und Institutionen verzeichnen regen Zuspruch. Immer mehr Menschen wollen in Gefahrensituationen reagieren können, das sie dem Schutz durch die Polizei nicht mehr vertrauen. Thorsten Schmidt von der Sportgemeinschaft Westerwald, Gebhardshain, ist Trainer für solche Kurse, aber er legt auch Wert auf die theoretischen Kenntnisse und schrieb ein Buch.
Gebhardshain/Region. Spätestens seit den Vorfällen in der Silvesternacht 2015 in Köln denken zunehmend mehr Leute über Selbstschutz und ihre eigene Sicherheit nach. Dies belegt unter anderem die deutliche Zunahme der Beantragung so genannter „Kleiner Waffenscheine“, die zum Führen von Gas-/Schreckschusswaffen in der Öffentlichkeit berechtigen. Überdies verzeichnen Kursangebote zum Thema Selbstverteidigung hohe Zulaufzahlen.
Auch bei der Sportgemeinschaft Westerwald wird bereits seit acht Jahren neben der Kampfsportart Taekwondo in einer separaten Trainingsgruppe ein Selbstverteidigungskonzept im Dauertraining und bei zielgruppenorientierten Kursen angeboten. Der Unterschied zu anderen Kursen: Trainer Thorsten Schmidt vermittelt nicht nur Nahkampftechniken mit und ohne Waffen, sondern legt auch großen Wert auf theoretische Beschulung der Kursteilnehmer.
„Selbstverteidigung ist viel mehr als das bloße Erlernen von Techniken. In erster Linie muss ich mir die mentale Härte antrainieren, im Falle eines realen Angriffs überhaupt richtig reagieren zu können. Das ist auch für einen geübten Kampfsportler im Hochstress ausgesprochen schwierig. Darüber hinaus sollte ich im Vorfeld sehr viele Fragen für mich zweifelsfrei geklärt haben, da mir im Verteidigungsfall die Zeit dafür fehlt. Diese Fragen können aber darüber entscheiden, ob ich mich für Flucht oder Angriff entscheide, ob ich psychisch verarbeiten kann, einen anderen Menschen unter Umständen schwer zu verletzen und letztlich auch, welche rechtlichen Konsequenzen auf mich zukommen können. Durch ausgiebige und strukturierte gedankliche Auseinandersetzung mit dem Thema kann ich den Stress, der in einer kritischen Situation zwangsläufig auftritt, deutlich reduzieren“, schreibt der 46-Jährige, der im Hauptberuf als Kriminalbeamter tätig ist.
Er erklärt weiter, der Themenumfang des Theorieteils bei seinen Kursen habe stetig zugenommen, da sowohl im Training als auch bei Kursteilnehmern immer neue Fragen aufgekommen seien: Wie vermeide ich es, zum Opfer zu werden? Sollte ich mich bewaffnen? Wie kann ich deeskalierend auf einen potenziellen Angreifer einwirken, um einen Kampf zu vermeiden?
Die psychologischen, kommunikativen, taktischen und rechtlichen Zusammenhänge zur Vorbereitung auf eine mögliche Verteidigungssituation hat Schmidt nun in einem Buch zusammengefasst. Wer erwartet, hier Techniken vorgestellt zu bekommen, wie man einen Angreifer möglichst schnell überwältigt, wird vergeblich suchen. Der Autor zielt vielmehr darauf ab, dem Leser Hinweise zur mentalen, taktischen und logistischen Vorbereitung zu geben. Dabei differenziert er deutlich zwischen reglementiertem Kampfsport und einer realen Angriffssituation, in der das Risiko schwerwiegender Folgen ungleich höher ist. Die Inhalte werden dabei unter Bezug auf wissenschaftliche Erkenntnisse und anhand zahlreicher Beispiele vermittelt.
Immer wieder wirft der Autor Fragen auf, die der Leser für sich persönlich beantworten soll, um sich gedanklich mit einer kritischen Situation auseinandersetzen zu können. Der Autor zu diesem Thema: „Es macht keinen Sinn, einem Leser oder Kursteilnehmer vorzuschreiben, wie er sich in einer bestimmten Situation verhalten soll. Dazu sind die Menschen viel zu unterschiedlich. Was bei dem Einen gut funktioniert, liegt einem Anderen vielleicht gar nicht. Insofern stelle ich (nicht nur in meinem Buch, sondern auch beim Training) Ansätze vor, erkläre die Zusammenhänge und unterbreite verschiedene Lösungsvorschläge. Daraus kann dann jede(r) auswählen, was für sie oder ihn hinsichtlich Charakter, kommunikativen und körperlichen Fähigkeiten sowie Gewaltbereitschaft am besten passt.“
Wichtig ist Schmidt die Feststellung, dass das Buch kein praktisches Training ersetzen kann: „Wer sich wirksam verteidigen können will, muss das geübt haben. Kampferfahrung ist durch nichts zu ersetzen.“
Gleichzeitig ist die zentrale Frage des Buches aber auch die, ob man im Falle eines sich anbahnenden Angriffs überhaupt kämpfen sollte. Hier überrascht der Autor, der selbst seit über dreißig Jahren in Kampfsport und Selbstverteidigung aktiv ist: „Wenn es irgendwie möglich ist, mich einem Kampf zu entziehen, dann mache ich das. Wenn man die vielfältigen Risiken betrachtet, die mit einer Kampfsituation einhergehen, dann komme ich für mich zu dem Ergebnis: Einen Kampf zu vermeiden, ist nicht feige, das ist clever! Denn Selbstverteidigung ist eben alles, was mich vor negativen Folgen schützt.“
Thorsten Schmidt
Theoretische Grundlagen der Selbstverteidigung
Strategische Vorbereitung für den Ernstfall
157 Seiten
ISBN-13: 978-3-7448-1490-4
14,80 Euro
http://ts-dfns.jimdo.com
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