Nahverkehr soll im AK-Land attraktiver und effizienter werden
Alle zehn Minuten eine Straßenbahn, die einen von A nach B bringt. Was in größeren Städten zum Alltag gehört, ist in ländlichen Regionen wie dem AK-Kreis illusorisch. Hinzu kommt: Der demografische Wandel stellt den Öffentlichen Nahverkehr vor große Herausforderungen. Wie kann der Busverkehr auch in Zukunft gewährleistet werden – und vielleicht sogar attraktiver werden? Das stellten nun Vertreter des Kreises und des Verkehrsbverbundes Rhein-Mosel vor.
Altenkirchen/ Kreisgebiet. Von einem Quantensprung will der Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Rhein-Mosel (VRM) nicht reden. Aber Stephan Pauly sieht in der bevorstehenden Umbruchphase, vor allem der Buslinien im Kreis Altenkirchen, eine „tiefstrukturelle Neuausrichtung“, die weitreichende Vorteile für Pendler, Schüler und nicht zuletzt Touristen biete. Die Stichworte lauten Linienbündel, Vertaktung und Vernetzung sowie Qualitätsstandards. Aber von Anfang an.
Der demografische Wandel hat gerade für ländliche Regionen, zu denen das AK-Land gehört, auch Folgen für die Zukunft der Buslinien. Ohne die Beförderung von Schülern ist der Öffentliche Nahverkehr nahezu unvorstellbar. Und dabei handelt es sich um ein Zuschussgeschäft für den Kreis, wie Landrat Michael Lieber auf einem Pressetermin betonte. Er stellte zusammen mit Vertretern der Kreisverwaltung und des VRM den Stand und die Zukunft des Öffentlichen Nahverkehrs im AK-Land vor. Und folgt man Peter Deipenbrock von der Kreisverwaltung, scheint die größte Herausforderung, der sich die Verantwortlichen stellen werden müssen, der Schwund an Schülern zu sein. Für Busunternehmen ist es zunehmend weniger lukrativ, die Pennäler zur Schule zu transportieren.
Dabei war diese Pflichtaufgabe des Kreises noch nie kostendeckend, betonte Lieber. 6 Millionen Euro müssten jährlich zugeschossen werden vom Kreis, erklärte Lieber. Der Landrat wünscht sich, dass das Land im neuen Nahverkehrsgesetz den Öffentlichen Nahverkehr als Pflichtaufgabe der Kreise berücksichtigt – ganz nach dem Prinzip: Wer bestellt, der zahlt. Doch räumt Lieber ein: „Wir müssen sicher mehr zahlen. Das wird richtig Geld kosten.“ Gleichzeitig verweist der Landrat auf das Grundgesetz, in dem die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse festgeschrieben ist. „Die Mobilität muss im ländlichen Raum gewährleistet sein“, so Lieber.
Wie kann aber ein Nahverkehrsangebot auch in Zukunft erhalten werden für ertragsschwache Linien – und insgesamt sogar noch attraktiver und effektiver werden? Das Zauberwort lautet insbesondere Linienbündel. Mehrere Linien sind hier zusammengefasst, die für Busunternehmen wirtschaftlich attraktiven wie auch die unattraktiven. Durch diese Bündelung von Linien wolle man „Rosinenpickerei“ der Unternehmen vermeiden, erklärte der VRM-Geschäftsführer Pauly. Sieben Linienbündel werden Schritt für Schritt im AK-Land starten. Diesen Monat ist dies schon der Fall bei der Linie „Wildenburger Land“ und seit Dezember letzten Jahres bei der Linie „Altenkirchen-Wissen“. Es werden in den nächsten vier Jahren folgen: „Altenkirchen“, „Betzdorf-Kirchen-Herdorf“, „Gebhardshainer Land“ (Daaden-Gebhardshain), „Hamm“ und die „Raiffeisenregion Nord“ (Flammersfeld-Neuwied).
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Als Ziel gab Pauly vom VRM in diesem Zusammenhang auch eine engere Vernetzung zwischen Bahn und Bus aus – insbesondere für Touristen, die für Wandertouren auf beide Verkehrsmittel angewiesen sind, ein großer Vorteil. Und Apropos Vorteile: Laut Pauly verpflichten sich Unternehmen Qualitätsstandards einzuhalten. Fahrzeuge dürfen beispielsweise nicht älter als zehn Jahre sein, müssen ein gewisses Maß an Bequemlichkeit bieten oder behinderten- und kindergerecht sein. Daneben wird die Pünktlichkeit der Busse kontrolliert. Zudem sollen sich die Buskunden auf eine feste Taktung verlassen können, sprich: Die Abfahrt erfolgt beispielsweise stündlich zur selben Minute.
Außerdem kündigte Pauly ein System an, das nur den Namen gemein hat mit einer bekannten Serie aus den Achtzigern: Anruf-Linien-Fahrten (ALF). Wie der Name vermuten lässt, sollen Busse für manche Haltestellen telefonisch geordert werden. Die „Bestellung“ muss dabei mindestens eine Stunde vor Abholung erfolgen.
Gemischt fällt das Zwischenfazit des bereits gestarteten Linienbündels „Altenkirchen-Wissen“ aus: Auf der Habenseite stehe laut VRM ein Anstieg der Nachfrage durch kürzere Fahrzeiten und bessere Anschlüsse an die Schiene. Auch beschwerten sich weniger Schüler, da sie vor allem nachmittags besser nach Hause kämen. Allerdings werde der Ortsverkehr Wissen noch zögerlich angenommen. Und die Pünktlichkeit der „3-Länder-Bahn“ sei nicht zufriedenstellend gewesen zum Jahresanfang, was Unmut bei der Umstellung von Bus- auf Schienenverkehr erzeugt habe (Schülerverkehr nach Altenkirchen).
Doch es gelte grundsätzlich, wie Landrat Lieber zum Anfang des Pressetermins betont hatte: Bei der Neuausrichtung des Nahverkehrs müsse stets berücksichtig werden, dass die Akzeptanz der Bürger einige Zeit brauche. VRM-Geschäftsführer appellierte an die Bürger: „Es gibt dieses Angebot – nutzt es!“ (ddp)
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