Dr. Tom Enders zeigt Zukunft beim Marienthaler Forum auf
Im Rahmen des Marienthaler Forums lud Ulrich Schmalz den Vorstandsvorsitzenden der Airbus Group, Dr. Tom Enders, nach Hamm ins Kulturhaus ein. Enders skizzierte die Zukunft der Luftfahrt, mit Lufttaxis und Elektro- und Hybrid Flugzeugen im Zusammenhang mit den heutigen digitalen Möglichkeiten. Seine Ratschläge für die ökonomische Attraktivität der Region stoßen zum Denken an.
Hamm. Es war nicht einfach Dr. Tom Enders für das Marienthaler Forum zu gewinnen. Besonders die schlechten Verkehrsverhältnisse sorgten für einige Schwierigkeiten und Enders musste mit einem Hubschrauber eingeflogen werden. Trotz einiger Verspätung kam Enders gut gelaunt und voller Energie im Kulturhaus Hamm an, wo zahlreiche Gäste geduldig und ebenfalls gut gelaunt auf ihn warteten.
Der gebürtige Westerwälder ist heute Unternehmensleiter von Airbus. Enders ist damit verantwortlich für 135.000 Mitarbeiter. Neben zivilen Flugzeugen werden Helikopter, militärisches Gerät und Ariane-Trägerraketen auf der ganzen Welt produziert und verkauft. Enders stellte sich den Fragen von Ulrich Schmalz und Josef Sanktjohanser, Präsident des Deutschen Handelsverbandes.
Vor allem wollten die beiden Moderatoren wissen, wie sich der Brexit auf das Unternehmen auswirkt, wie die Zukunft und die Chancen von Airbus aussehen, inwieweit die kulturellen und wirtschaftlichen Unterschiede der verschiedenen Länder sich bemerkbar machen und woher Enders die Energie, über seinen langen Berufsweg hinweg, nimmt.
Der Brexit hat bisher keine Auswirkungen auf das Unternehmen. In Großbritannien ist Airbus jedoch die zweitgrößte Luftfahrt-Firma. Daher ist das Interesse natürlich groß, dass der Brexit einigermaßen ohne Schwierigkeiten verläuft. Doch bisher verhält sich das Unternehmen ruhig, betont Enders. Neue Chancen sieht er vor allem im asiatischen Markt, im Besonderen in China. Enders kam gerade aus China angereist, wo sie derzeit ein Innovationscenter errichten. Asien ist für Airbus mit Abstand der größte Markt. Früher hatte man die Einstellung seine Errungenschaften so gut wie möglich vor den Chinesen zu schützen. Doch heute weiß man, dass auch Innovation in China möglich ist. Wer hätte im Jahr 1990 geglaubt, dass es möglich ist, ein Ein-Parteien-System mit Planwirtschaft mit dem Kapitalismus zu verbinden. Heute ist dies Normalität. Auch während der Wirtschaftskrise hatte Airbus Glück, dass der chinesische Markt stabil blieb, so Enders
Der Chef von Airbus ist zudem der Meinung, dass Europa eine einheitliche Verteidigung benötigt. Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungsunion (ESVU) ist bisher jedoch ein Konzept, das noch nicht seine Umsetzung gefunden hat. Militärisch und ökonomisch wäre dies sinnvoll, beschwichtigt Enders. Dabei spielt bei Enders Aussagen auch ein wenig Eigeninteresse mit, die wirtschaftliche Stabilität im militärischen Bereich von Airbus auf diese Weise zu sichern.
Die Zukunft für Airbus sieht Enders im Hybrid bzw. Elektrifizierung der Luftfahrt und in Lufttaxis. Gerade wird ein Hybridflieger geplant, der 100 Passagiere transportieren kann. Dieser hätte den Vorteil sehr leise starten und landen zu können. Ziel ist es in dieser Form nicht nur etwas für die Umwelt zu tun, sondern auch den Fluglärm, unter dem viele Menschen momentan noch zu leiden haben, zu dezimieren. So wären eventuell auch das Aufheben des Nachtflugverbotes und damit eine bessere Wettbewerbsfähigkeit möglich. Helikopter sind ebenfalls sehr laut. Momentan wird ebenfalls auf diesem Gebiet an Demonstratoren gearbeitet, die in der Lage sind ohne Pilot zu fliegen. In der Luftfahrt ist es viel leichter möglich ohne Pilot zu fliegen, als beim Automobil. „In der Luft kommt einem selten eine Mutter mit Kind entgegen“, verdeutlicht Enders. Wenn der Fluglärm kein Hindernis mehr darstellt, sind darüber hinaus Lufttaxis denkbar. Die Städte werden immer größer und der Verkehr kaum händelbar. Warum also nicht neben U-Bahnen unter der Erde auch die dritte Dimension nutzen.
Airbus betreibt zudem „Open Innovation“, um wettbewerbsfähig zu bleiben. „Wir haben zwar viele Mitarbeiter. Dies heißt jedoch nicht, dass wir die Besten und Klügsten auf der Welt haben.“, erklärt Enders. Durch die Digitalisierung ist es möglich, dass Unternehmen sich mit Ingenieuren auf der ganzen Welt über eine Plattform vernetzen können. Airbus gab das Design einer Cargo Drone in Auftrag. Gewonnen hat dann ein junger Mann aus Sibirien. Dies kostete das Unternehmen einen Bruchteil von Zeit und Geld. Statt fünf bis zehn Millionen, gab Airbus gerade Mal 150.000 Euro für das Projekt aus. Enders gab zu, dass diese Methode auch Schattenseiten hat, jedoch nicht mehr aufzuhalten ist. Dies sei die spannendste Entwicklung in der Arbeitswelt momentan, unterstreicht er.
„Was wir bisher im Rahmen der Digitalisierung erlebt haben, ist ein laues Lüftchen, im Gegensatz dazu, was uns in den nächsten fünf Jahren erwartet“, fügt Enders hinzu. Doch bisher agieren die meisten Unternehmen noch in den alten Mustern. Die Digitalisierung bringt nur Mehrwerte, wenn alle Mitarbeiter auch mitmachen. Mit der Digitalisierung muss gleichzeitig auch ein Umdenken kommen.
Unterschiede zwischen den aus verschiedenen Ländern stammenden Mitarbeitern, sieht Enders kaum. „Je enger man am Geschehen dran ist, desto weniger Unterschiede sieht man.“, sagt er. Die Klischees stimmen heute weites gehend nicht mehr. Man sollte lieber die Klischees vergessen und schauen, dass man gute Mitarbeiter hat, rät Enders.
Auf die Frage hin, wie Enders es schaffe immer so viel Energie aufzuwenden, antwortete er, dass es dafür kein spezielles Rezept gebe. Wenn man für eine Sache brennt, ist es kein Problem jeden Morgen um 5 Uhr aufzustehen und sich zu motivieren. Man mobilisiert dann automatisch genügend Energie. Dennoch findet es Enders schade, dass die jungen Leute bereits früh einen Karriereplan erstellen. So könne man nicht mehr nach links und rechts schauen und entdecken, was es noch so alles gibt. Dies sei wichtig, um ein Gefühl zu entwickeln, was einen antreibt und Spaß macht. Darüber hinaus ist es wichtig sich immer neu zu erfinden. Besonders viel Energie gebe ihm aber auch das multinationale Umfeld von Airbus.
Zum Schluss fragte Schmalz Enders noch, dass wenn er in zehn Jahren in Rente gehen würde, er doch sicher dem Landrat zur Seite stehen, ihn mittels seines Erfahrungsschatzes unterstützen und damit die Region weiter voran bringen könnte. Darüber musste Enders etwas schmunzeln. Dann habe er ja noch zehn Jahre Zeit, um sich etwas Passendes zu überlegen. Enders würde nicht raten altbackene Industrien aufrecht zu erhalten, sondern neue Industrien versuchen anzusiedeln. Zwar wäre Gentechnik in Deutschland etwas verpönt, aber es ist eine boomende Industrie, die momentan verpasst wird. Zudem sollte man versuchen den Westerwald attraktiv für Mitarbeiter zu machen. Man sollte nicht das Offensichtliche bewahren, sondern sich überlegen, wie man darüber hinwegkommen kann.
Enders gab somit einen guten Denkanstoß für die Gäste des Marienthaler Forums und einen Einblick in die Zukunft der Luftfahrt und der digitalen Möglichkeiten. (jkh)
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