Amerika ist mehr als Trump
Der Meinung ist Politikwissenschaftler Dr. Andrew Denison, der am Donnerstagabend, 5. Oktober, auf Einladung von Ulrich P. Schmalz, dem Initiator des „Marienthaler Forums“, im Foyer des Wissener Kulturwerks über „Trumps Amerika“ referierte.
Wissen. Bereits zum dritten Mal war der promovierte Politikwissenschaftler Dr. Andrew Denison der Einladung des Marienthaler Forums gefolgt und viele interessierte Zuhörer waren gekommen, um die Sicht eines Mannes kennenzulernen, der beide „Welten“ kennt. Die Amerikanische und die Deutsche.
Geboren und aufgewachsen in Wyoming, wo er auch sein erstes Studium abgeschlossen hat, zog es ihn nach Deutschland und er studierte in Hamburg. Anschließend promovierte er in Washington.
Dr. Andrew B. Denison ist Direktor von Transatlantic Networks, dem Zentrum für politische Bildung und Beratung mit Sitz in Königswinter. Die Forschung des Zentrums konzentriert sich auf die Möglichkeiten und Grenzen einer Globalisierung der atlantischen Partnerschaft.
Dem Initiator des Marienthaler Forums, Ulrich Schmalz war es gelungen, den ausgewiesenen Experten für deutsch-amerikanische Beziehungen nach Wissen zu holen, der vor allem versuchte, auf die Frage, wie es mit Amerika mit Donald Trump als Präsident weitergeht, verständliche Antworten zu geben.
Die ständigen Personalwechsel im Weißen Haus sowie häufige Gesinnungsveränderungen des amerikanischen Staatsoberhauptes irritieren sowohl die Regierungschefs als auch die Bevölkerungen aller Kontinente. Diese Unsicherheit ist innerhalb der Bundesrepublik besonders stark zu spüren, gilt sie doch als wichtigster Partner Amerikas innerhalb Europas. Amerika ist Feindbild und Vorbild zugleich – „das Land der unbegrenzten Widersprüche“, meint Denison.
Wie steht es nun um das Verhältnis zwischen den USA und der Bundesrepublik beziehungsweise Europa und wie wird sich dieses Verhältnis entwickeln?
Dr. Andrew Denison meint: Amerika wird sich nicht von Europa entfernen! Trump kann Amerika nicht von heute auf morgen umkrempeln, auch wenn die Medien etwas anderes suggerieren. Er sitzt schließlich nicht alleine im Weißen Haus. Wenn er nicht kompromissfähig ist, müsse er entweder nachgeben oder andere machthabende Instanzen seien in der Lage, seine Macht einzugrenzen, so Denison. Immerhin besteht in den USA immer noch der Grundsatz „begrenzte Staatsmacht ist gute Staatsmacht.“
Die „Checks and Balances“ (Überprüfung und Ausgleich), befähigen Gerichte und den Kongress dazu, die Macht des Präsidenten einzuschränken. Staaten wie Kalifornien oder New York verfügen über Macht, die Trump nicht übergehen kann. Darüber hinaus gebe es wieder mehr Bürgerrechtsbewegungen in den USA, so der Politikwissenschaftler.
Das eigenartig erscheinende Wahlsystem der Vereinigten Staaten hat es möglich gemacht, dass Donald Trump trotz der Tatsache, dass er weniger Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte, Präsident wurde. Wenn man aber mal ehrlich ist, dann hat der „mächtigste Mann der Welt“ gar nicht so viel Macht, wie es immer scheint. Für den Großteil der Amerikaner ist Washington D.C. nämlich ganz weit weg und damit ist der Präsident ebenfalls weit entfernt von den Menschen und ihren Lebenswelten.
Aus diesem Grund findet Politik eher auf regionaler und lokaler Ebene statt.
70 Prozent der Einwohner von Wyoming, der konservativen Hochburg der Republikaner und Heimat Denisons, haben für Trump gestimmt. Meinungsumfragen zufolge ist die Mehrheit der Bürger allerdings gegen Trump. Wie kann das sein? Denison sagt, die meisten Amerikaner wollen nichts mit der Regierung zu tun haben, sehen sie eher als Problem an, „die da oben“ sollen sich nicht einmischen.
Der Regierungswechsel bedeutet Wandel. Viele dachten sich, wenn die Republikaner erst mal wieder regieren müssen, sehen sie, dass es gar nicht so einfach ist. In vier Jahren könne man dann eine weisere Entscheidung treffen. „Präsidenten kommen und gehen, Interessen bleiben bestehen.“
Doch wer hat Trump überhaupt gewählt? Auch darüber sprach Denison. Zum Einen sind es die enttäuschten Demokraten, die im Jahr 2008 noch für Obama gestimmt haben. Die Einkommen der Mittelschicht stagnierten, Arbeitsplätze fielen weg. Auf der anderen Seite stehen die Wohlhabenden mit niedrigem Bildungsniveau. Trump bietet einfache Lösungen, verhält sich trotzig gegenüber (intellektuellen) Eliten. Das kommt an.
Dr. Andrew Denison stellte abschließend vier Szenarien vor, wie sich ein Amerika mit Trump entwickeln könnte. Die Pax Atlantica – die atlantische Partnerschaft ist von großer Bedeutung. Europa mit seiner bedeutsamen Peripherie als wichtigster Wirtschaftspartner Amerikas bedeutet, dass beide Kontinente auch in Zukunft zusammenarbeiten werden.
Pax Americana – die globale Dominanz des Westens und der wirtschaftliche Handel sollen unter Vorherrschaft der USA gesichert und ausgebaut werden.
Multipolare Welt – die Verteilung der Macht ist ausgeglichen, die Staaten haben ein gleichberechtigtes Verhältnis zueinander und kein Staat dominiert den anderen.
Europa und die USA werden auch in Zukunft die Motoren der Weltwirtschaft sein, so der Vorausblick des Politikwissenschaftlers. Die Kritik Donald Trumps an NATO und Europa könne langfristig zur Vereinigung Europas führen.
Denison beendete seinen Vortrag mit einem Appell: Europa muss weiterhin in die transatlantische Zusammenarbeit investieren. Amerika und Europa müssen in vielen Bereichen zusammenarbeiten, um eine bessere Welt zu schaffen, das meint zumindest der Experte.
Er machte Mut. Man müsse vor Donald Trump keine Angst haben. Er zieht die Medien auf sich, er provoziert. Aber die USA sind mehr als Trump. Und wie sagt man so schön? Hunde, die bellen, beißen nicht. (rst)
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