Kultur |
Herdorfer Wallfahrer setzen alte Tradition fort
Eine Renaissance hat die Wallfahrt nach Marienstatt auch für Herdorfer Pilger erfahren. Sie setzen damit eine alte Tradition fort.
Herdorf. Nachdem das Wallfahren zum Zisterzienser-Kloster Marienstatt an der Nister eine große Renaissance erfahren hat, war auch der Wallfahrt in diesem Jahr eine starke Beteiligung beschieden. Nach alter Sitte machten sich die besonders Ausdauernden von Herdorf aus zu Fuß auf dem langen Marsch. Es konnten aber auch Teilstrecken zurückgelegt werden, der Rest wurde dann per Bus absolviert. Vor dem nun wieder prächtig restaurierten Gotteshaus findet sich jedes Mal eine vieltausendköpfige Menge ein, immer ein besonderes Erlebnis der Zusammengehörigkeit und des Festigens des gemeinsamen Glaubens.
Nur die wenigstens Wallfahrer aus dem Städtchen dürften noch wissen, dass sie damit eine uralte Tradition fortsetzen und sich zum Teil auf Wegen befinden, die vor ihnen bereits tausende Wallfahrer beschritten haben. Die Rudimente eines alten Wallfahrerkreuzes können davon berichten.
Dieses Kreuz samt Fahnenmast stand etwas oberhalb des alten Wasserbassins am Ende der Biersdorfer Straße an einen nun überwucherten Fußweg, der nur noch von wenigen Spaziergängern unter die Sohlen genommen wird. Inmitten eines Hainbuchenbestandes, umgeben von rotem Fingerhut, duftendem Gamander und rankenden Brombeeren, stand versteckt das aus Beton gegossene Kreuz mit dem gusseisernen Korpus. Das Betonkreuz ist zerborsten, nur noch das Fundament ist vorhanden und wohin der eiserne Korpus gekommen ist, weiß niemand mehr. Hinter dem Kreuz stand ein Fahnenmast. Er konnte mittels eines Gelenkes abgeknickt werden, um die Fahne leichter befestigen zu können. Die Fahnenstange ist mittlerweile vermodert, der Stumpf steckt noch in der eisernen Befestigung.
Auf dem Weg zum Kreuz kommt man am alten Wasserbassin vorbei, das mit der Verlegung der ersten Wasserleitungen im Ort erbaut wurde. Es versteckt sich heute hinter Gebüsch und Gesträuch und gemahnt mit seiner Zinnen bewehrten Mauer an eine alte rheinische Ritterburg. Eine Eisentüre mit handgeschmiedeten Angeln, die noch vom alten Schlossermeister Geilhausen stammen können, schließt das Innere vor neugierigen Blicken und Füßen ab. Von der einstigen Verblendung mit ziegelroten Plättchen sind nur noch Reste vorhanden. Ob sich eine Restaurierung dieses wunderlichen Bauwerkes lohnen würde, das immerhin an die Anfänge Herdorfer Trinkwasserversorgung erinnert, wäre zu überdenken. Zumindest könnte eine erklärende Tafel den Herdorfer Heimatwanderweg arrondieren .
Kreuz und Fahnenmast standen auf dem so genannten Mittelberg. Der Pilgerweg verfiel, nachdem durch den Hachenburger Seifen ein neuer und weniger steiler Weg gebaut wurde, der dann auch von den Pilgern bevorzugt genutzt wurde. Das alte Kreuz wäre nun rund 90 Jahre alt geworden und es wurde einst von Karl Utsch hergestellt und aufgestellt.
Es war nachweislich bereits das dritte Pilgerkreuz an dieser Stelle. Das zweite wurde als hölzernes Kreuz aufgerichtet und darüber wird in der Chronik der kath. Pfarrgemeinde St. Aloisius berichtet. Mit Datum vom 20. September 1864 hat Pfarrer Eifel geschrieben: "Von Alexander Euteneuer wurde ein neues Stationskreuz auf dem Mittelberg angeschafft, was vom Kapuzinerpater Gregorius aus Mainz mit großem Gepränge und bedeutsamem Zulauf des Volkes aus der Umgebung, nachmittags um drei Uhr, eingeweiht wurde. Die Kreuzpredigt erfolgte darauf in loco (am Ort)." Pfarrer Nikolaus Eifel stammte aus Trittenheim (Mosel) und war nur drei Jahre lang Seelsorger in Herdorf. Er verstarb 1867 und wurde begraben am Fuße des großen Missionskreuzes auf dem alten Friedhof, dem heutigen Parc St. Laurent, wo das Kreuz heute noch steht.
Die Pilgergänge nach Marienstatt haben damit eine lange Tradition. Am Oktavtag von Fronleichnam ging sogar eine Prozession dorthin.
Noch Pfarrer Gerhard Thomè (in Herdorf von 1867 bis 1897) erhielt alle drei Jahre vom Bistum in Trier die Genehmigung, die Prozession in kirchlichen Gewändern zu begleiten, wenn mindestens 200 Gläubige sich daran beteiligten. Dieser Brauch ist um 1900 eingeschlafen. (Rainer Wirth)
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Nur noch der Sockel erinnert noch an das alte Missionskreuz, ebenso der Stumpf des Fahnenmastes, versteckt in Gebüsch und Farnkraut. Fotos: Rainer Wirth
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