Schwerer Schlag gegen Onlinehandel mit sogenannten "Designer Drogen"
Die Landeszentralstelle Cybercrime (LZC) der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz und die Kriminalinspektion Betzdorf führen ein umfangreiches Ermittlungsverfahren gegen Händler sogenannter Designer Drogen (Neue psychoaktive Substanzen). Kürzlich führte die Arbeit länderübergreifend zum Erfolg: Vier Männer sind in Untersuchungshaft, zwei davon aus dem Kreis Altenkirchen. Bandenmäßig im großen Stil verkauften die Beschuldigten diese gefährlichen Drogen, die leider im noch als "Legal High Drugs" bezeichnet werden und bei Jugendlichen beliebt sind.
Betzdorf. Die Kriminalinspektion Betzdorf und die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz teilten dazu mit: Am Morgen des 7. Dezember wurden im Kreis Altenkirchen sowie in Nordrhein-Westfalen und Hessen von 139 Polizeibeamten aus Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hessen insgesamt zwölf Objekte von zehn Beschuldigten durchsucht. Dabei konnten an fast allen Durchsuchungsorten große Mengen neue psychoaktive Substanzen, allein an einem Durchsuchungsort in Nordrhein-Westfalen circa 50 Umzugskartons mit fast 30.000 zum Abverkauf vorbereiteter Verpackungseinheiten mit jeweils mehreren Gramm „Kräutermischungen“ sichergestellt werden. Die Bande vertrieb ihre Drogen zu Grammpreisen zwischen 12 Euro und 30 Euro. Die Auswertung der sichergestellten Beweismittel hat gerade erst begonnen. Das ganze Ausmaß der Betäubungsmittelgeschäfte der Bande lässt sich noch nicht abschätzen.
Die Beschuldigten produzierten und vertrieben als „Kräutermischungen“, „Badesalze“, „Liquids“ oder „Pflanzendünger“ bezeichnete neuartige psychoaktive Stoffe. Diese als Rauschmittel genutzten Substanzen enthalten Inhaltsstoffe, insbesondere synthetische Cannabinoide und amphetaminähnliche Stoffe, die dem Betäubungsmittelgesetz oder dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz unterfallen. Die Bestellungen wurden über eine Vielzahl eigens hierfür durch die Beschuldigten erstellten und betriebenen Online-Shops abgewickelt. Im Laufe der Ermittlungen konnten insgesamt 13 solcher von den Beschuldigten im „clearnet“ betriebener Online-Shops festgestellt werden. Die Auslieferung der Ware erfolgte auf dem Postweg, die Bezahlung per Vorkasse oder Nachnahme. Hierzu hatten die Beschuldigten zahlreiche Bankkonten im In- und Ausland eingerichtet. Es ist von einem Kundenstamm von mehreren tausend Personen auszugehen. Die Täter brachten zuletzt täglich weit über 100 Päckchen und Pakete auf den Postweg.
Die Durchsuchungen führten darüber hinaus zur Sicherstellung zahlreicher Computer, Datenträger und Mobiltelefone sowie großer Mengen Verpackungsmaterial zum Portionieren und Versenden der Drogen. Beschlagnahmt wurden auch knapp 25.000 Euro Bargeld und weitere Vermögenswerte, unter anderem Bankguthaben, Hausgrundstücke, sowie mehrere, zum Teil hochwertige Fahrzeuge. Insgesamt wurde Vermögen der Beschuldigten in Höhe von annähernd 2,5 Millionen Euro arrestiert.
Vier deutsche Beschuldigte wurden festgenommen. Es handelt sich um einen 48-Jährigen aus Duisburg, einen 58-Jährigen aus Oberhausen und einen 29-jährigen und einen 39-jährigen Beschuldigten aus dem Kreis Altenkirchen. Der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Koblenz hatte zuvor auf Antrag der LZC Haftbefehle gegen die vier Beschuldigten wegen des Verdachts des bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und neuen psychoaktiven Stoffen erlassen. Die vier Beschuldigten wurden am Morgen des 8. Dezember dem Haftrichter vorgeführt, der die Haftbefehle aufrechterhielt. Die Beschuldigten, die sich in Untersuchungshaft befinden, machten vor dem Haftrichter keine Angaben zur Sache.
Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz sowie die Kriminalinspektion Betzdorf bedanken sich bei den Polizeipräsidien Koblenz, Duisburg, Oberhausen und Gießen, der Polizeikreisbehörde Höxter, dem Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz und dem Polizeipräsidium Einsatz, Logistik und Technik für die hervorragende Zusammenarbeit.
Hintergrund:
Die Landeszentralstelle Cybercrime (LZC) ist am 1. Oktober 2014 bei der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz eingerichtet worden. Die Zentralstelle zieht Ermittlungen aus dem Bereich der Internetkriminalität des gesamten Landes dann an sich, wenn es sich entweder um Verfahren von besonderer Bedeutung, besondere Schwierigkeit und/oder von besonderem Umfang handelt.
Neue psychoaktive Stoffe
Unter neuen psychoaktiven Stoffen versteht man neuartige, künstlich hergestellte psychoaktive Substanzen, welche im Wesentlichen aus synthetischen Cannabinoiden oder Derivaten bzw. Isomeren diverser herkömmlicher chemischer Betäubungsmittel, wie etwa Amphetamin oder Metamphetamin, bestehen. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die neuen psychoaktiven Substanzen auch als Designerdrogen oder fälschlich als „Legal Highs“, „Herbal Highs“ oder „Research Chemicals“ bezeichnet.
Bis zur Einführung des NpSG (26.11.2016) war der Umgang mit neuen psychoaktiven Stoffen nur dann unter Strafe gestellt, wenn der konkrete Wirkstoff in der Anlage 3 zum Betäubungsmittelgesetz genannt war. Dies führte dazu, dass permanent neue, chemisch abgewandelte psychoaktive Substanzen entwickelt wurden. Von den neuen psychoaktiven Substanzen gehen für die oft jungen Konsumenten erhebliche Gefahren aus, da mangels klinischer Untersuchungen und mangels entsprechender klinischer Erfahrungswerte die körperlichen Auswirkungen sowie etwaige Kurz- oder Langzeitfolgen der synthetischen Rauschmittel nicht abzuschätzen sind. Hinzu kommt, dass der Wirkstoffgehalt und die Wirkungsintensität der synthetischen Rauschmittel regelmäßig um ein Vielfaches höher sind als bei herkömmlichen Cannabisprodukten.
In den letzten Jahren kam es deshalb auch zu einem erheblichen Anstieg der Zahl von Todesfällen nach dem Konsum neuer psychoaktiver Substanzen. Im Jahre 2016 wurden bundesweit 98 Todesfälle durch „Legal highs“ registriert. (PM)
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