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Bezirksverband Marienstatt mit stolzer Geschichte
Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. In Friesenhagen wird der Bezirksverband Marienstatt im Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften e. V. am Samstag, 5. September, sein 75-jähriges Jubiläum feiern. Aus diesem Anlass hat der Vorstand des Bezirksverbandes unter Schirmherrschaft von August Hermann Graf von Hatzfeldt-Wildenburg-Dönhoff neben hochrangigen Ehrengästen seine ihm angeschlossenen acht Bruderschaften zu Pontifikalmesse mit Bundespräses Weihbischof Dr.Heiner Koch und Abt Andreas Range O.Cist. zu Umzug und Festakt mit anschließendem Tanz eingeladen. Im folgenden wird die Geschichte des Bezirksverbandes skizziert.
Von Uwe Büch
Marienstatt/Friesenhagen. Auf Betreiben von Pfarrer Dr. Peter Louis wurde am 27. Februar 1928 in Leverkusen-Bürrig die "Erzbruderschaft vom Heiligen Sebastianus" als Dachverband der Schützenbruderschaften aus dem Rheinland und Westfalen gegründet. Eine Struktur musste geschaffen werden, um die im Mai 1928 bereits 65.000 Einzelmitglieder zählende Vereinigung katholischer Männer zu führen und zu verwalten. Diözesan- und Bezirksverbände waren das Bindeglied zur Basis.
Am 10. Mai 1934 (Himmelsfahrtstag) trafen sich die Bruderschaften von Friesenhagen, Gebhardshain, Morsbach, Mudersbach, Niederfischbach und Schönstein, angeführt von ihren Präsides und Brudermeistern, zur Gründungsversammlung in der Abtei Marienstatt. Die Feierlichkeiten begannen mit einer Pontifikalmesse, zelebriert von Abt Dr. Eberhardt Hoffmann. Nach dem gemeinsamen Mittagessen traten um 13.30 Uhr alle Bruderschaften im Abteihof an und unter den Klängen der Steinebacher Bergkapelle marschierten sie zum kaiserlichen Friedhof. Hier hielten Dr. Placidus Hülster (Prior der Zisterzienserabtei) und Pfarrer Brungs aus Mudersbach "kernige" Ansprachen. Nach der Rückkehr zum Abteihof fand dort vor dem erschienen Generalpräses, Pfarrer. Dr. Peter Louis und zahlreichen Ehrengästen, eine große Parade aller Schützen statt. Daran anschließend ergriff Dr. Louis das Wort zu einer langen Rede, deren Inhalt aber nicht überliefert ist.
Die eigentliche Gründungsversammlung der Bruderschaften des Siegerlandes fand anschließend im Jugendheim der Abtei statt.
Bereits am 5. März 1936 wurde die Erzbruderschaft durch die GeStaPo (Geheime Staats Polizei) aufgelöst und in den Jahren 1939 bis 1945 und während der Besatzungszeit war den Bruderschaften ein öffentliches Auftreten untersagt.
Nie jedoch konnten die Machthaber die Schützenbruderschaften entwurzeln; diese blieben der Grundhaltung und Richtschnur ihres Handelns immer treu und so kam das geistliche Leben nicht zum Erliegen. Der Wahlspruch "Glaube - Sitte - Heimat" und "Aus alter Wurzel neue Kraft" hat auch oder gerade in der heutigen Zeit sehr viel Ausdruckskraft und eröffnet große Perspektiven und sollte der Jugend einer sich im Umbruch befindliche Gesellschaft, Sinn und Halt für die Zukunft geben.
Erst 1947 wurden in der englischen Zone die Bruderschaften bis zum Diözesanverband und 1949 in der französischen Zone wieder zugelassen.
Aufgrund ihrer späteren Gründung wurden die Bruderschaften von Selbach (1935), Wehbach-Wingendorf (1951) und Birken-Honigsessen (1968) Mitglied im Bezirksverband Marienstatt.
Die letzte Erwähnung der 1928 gegründeten St. Sebastianus Schützenbruderschaft aus Morsbach stammt aus dem Kölner Stadtanzeiger vom 30. April 1953.
Am Festtag blicken die Schützenbruderschaften noch einmal auf 75 geschichtsträchtige Jahre ihres Bezirksverbandes zurück. Die Geschicke wurden in dieser Zeit von Josef Breiderhof (1934 bis 1959) aus Schönstein, Josef Alfes (1959 bis 1963) aus Friesenhagen, Richard Schmidt (1963 bis 1980) aus Schönstein, Egon Schneider (1980 – 1988) aus Niederfischbach und seit 1988 von Werner Demmer aus Birken-Honigsessen geleitet.
Als Bezirkspräsides standen Pfarrer Brungs (1934 bis 1936) aus Mudersbach, Dechant Andreas Adenäuer (1950 bis 1959) aus Wissen, Pfarrer Gustav Ernsting (1959 bis 1978) aus Schönstein, Pater Maurus Mohrs (1978 bis 22. Oktober 2000) aus der Abtei Marienstatt und seit dem 22. Oktober 2000 Dechant Georg Stricker aus Friesenhagen den Schützenbrüdern geistlich zur Seite.
Gesellschaftliches Zusammenleben und Ereignisse
Seit 1952 kämpfen in jedem Jahr die amtierenden Majestäten der Mitgliedsbruderschaften um die Würde des Bezirkskönigs. Anfangs wurden die Insignien am gleichen Tag dem "neuen" Bezirkskönig im Rahmen einer kleinen Feier überreicht und seit den 80ger Jahren bildet der Bezirkskönigsball, ausgerichtet von einer jährlich wechselnden Bruderschaft, einen würdigen Rahmen.
Am 30. Juni 1964 fand unter der Leitung des Bezirksbundesmeisters Richard Schmidt und Bezirkspräses Pfarrer Ernsting, beide aus Schönstein, ein glanzvoller und denkwürdiger Schützentag in der Abtei Marienstatt aus Anlass des 30-jährigen Bestehens des Bezirksverbandes, statt.
Seit 1965 in unregelmäßigen Abständen und ab 1994 alle fünf Jahre findet ein Bezirkskaiser-Schießen statt. In dem neuen Schützenhaus der Sankt-Sebastianus-Schützenbruderschaft Schönstein wurde Alfons Quast aus Schönstein die Ehre des 1. Kaisers des Bezirksverbandes im Jahre 1965 zuteil.
"Große Beteiligung bei Wallfahrt und Schützentreffen" - unter dieser Überschrift berichtete die Presse über die Feierlichkeiten des Bezirksverbandes Marienstatt anlässlich seines 40-jährigen Bestehens im Jahre 1974. Paul Reifenröther aus Gebhardshain wurde den Schützenbrüdern als neuer (2.) Bezirkskaiser präsentiert.
Tausende Schützen aus dem gesamten Bundesgebiet kamen am 7. Mai 1978 zum Bundesköniginnentag nach Niederfischbach. Um die Ausrichtung dieser überregionalen Großveranstaltung des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften hatte sich der damalige Bezirksbundesmeister Richard Schmidt in Verbindung mit der Sankt-Hubertus-Schützenbruderschaft Niederfischbach beworben und den Zuschlag erhalten. Die Schirmherrschaft hatte Baronin Pia von Hövel übernommen. Die Liste der Ehrengäste führten der Bundeshochmeister Dr. Maximilian Graf von Spee und Bundespräses Max von Gallwitz an. In einem fast zwei Kilometer langen Festzug präsentierten sich nachmittags die Königinnen in ihren festlichen Kleidern.
Die neue Bezirksstandarte wurde am 3. Juni 1982 in der Basilika der Abtei Marienstatt feierlich geweiht. Sie wurde von dem Brachbacher Josef Christ gefertigt. Zu diesem Festakt hatten sich alle acht Bruderschaften des Bezirksverbandes eingefunden und der damalige Bezirkspräses Pater Maurus Mohrs führte in seiner Rede aus, dass Fahnen Zeichen der Gemeinschaft seien und ihre Segnung vor allem den Menschen gelte, die sich zu einem gemeinsamen Ideal zusammengefunden hätten; für die Bruderschaften sei dies die Verteidigung des Glaubens und das Eintreten für Sitte und Heimat.
Das 50-jährige Bestehen des Bezirksverbandes Marienstatt wurde in einem feierlichen und würdigen Rahmen in Marienstatt am 12. Mai 1984 gefeiert. Abt Dr. Thomas Denter plädierte in seiner Festpredigt dafür, den Geist der Bruderschaften auch in die Gesellschaft zu tragen. Die Festansprache hielt der Hochmeister des Bundes, Dr. Maximilian Graf von Spee. Besonders beeindruckt war er von der großen Anzahl der Jungschützen. Zum dritten Bezirkskaiser wurde Ingolf Hermann von der St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft Mudersbach gekürt, der kurz zuvor in Marienstatt den Aar von der Stange geholt hatte. Erstmalig wurde zu diesem Jubiläum auch eine Festschrift herausgegeben, deren Beiträge von dem damaligen Bezirks-Geschäftsführer Werner Demmer und dem Bezirksjungschützen-Meister Bernd Schmitz in mühevollen Recherchen zusammengetragen worden waren.
Bereits 1989 wurde mit Gudrun Utsch-Gnatowski von der St. Petrus Schützenbruderschaft Wehbach-Wingendorf die erste Frau Bezirkskönigin. Am Samstagnachmittag, dem 27. August1994, trafen sich die Mitglieder aus den Bruderschaften des Bezirksverbandes Marienstatt und ihre Ehrengäste, unter ihnen der Landrat des Kreis Altenkirchen, Herbert B. Blank ,in der Pfarrkirche St. Anna in Selbach. Die Festpredigt hielt Abt Dr. Thomas Denter aus der Abtei Marienstatt. Auf dem Kirchenvorplatz wurden alle Anwesenden mit einem Ständchen des Musikvereins Brunken begrüßt. Nachdem die Böllerschüsse der St. Seb. Schützenbruderschaft Schönstein verklungen waren, begab sich der Festzug mit Marschmusik zum Schützenhaus, wo nach einer kurzen Begrüßung das Kaiserschießen freigegeben wurde. 59 Schützen aus acht Bruderschaften rangen um die Kaiserwürde. Die für 17 Uhr geplante Kaiserkrönung musste verschoben werden, denn erst um 18.45 Uhr holte der 502. Schuss den Aar von der Stange. Bezirkskaiser wurde Frank Weidenbruch von der St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft 1402 vom Heister zu Schönstein, welcher von Bezirkspräses Pater Maurus Mohrs gekrönt wurde. Seit diesem Zeitpunkt wird die Bezirkskaiserwürde alle fünf Jahre ausgeschossen.
In der Pfarrkirche St. Sebastianus in Friesenhagen wurde am 22. Oktober 2000 Pater Maurus Mohrs nach 22 Jahren aus seinem Amt als Bezirkspräses verabschiedet und Pfarrer Georg Stricker feierlich in sein neues Amt als Bezirkspräses des Bezirksverbandes Marienstatt durch Diözesanpräses Pfarrer Reinhold Steinröder eingeführt. Neben Vertretern aller acht Mitgliedsbruderschaften nahm auch Pfarrer Gustav Ernsting, der bis zu seinem Tod in Friesenhagen wohnte, aktiv an der Heiligen Messe teil.
In den Jahren 1999 und 2004 wurden den Schützenbrüdern Heinz Quast von der St. Petrus Schützenbruderschaft Wehbach-Wingendorf und Herbert Mockenhaupt von der St. Sebastianus Schützenbruderschaft Mudersbach die Ehre des Bezirkskaisers des Bezirksverbandes Marienstatt zuteil.
Bereits am 16. Mai dieses Jahres trafen sich die Schützenschwestern und -brüder der acht Bruderschaften des Bezirksverbandes in der Abtei Marienstatt, um mit Abt Andreas Range und Bezirkspräses Dechant Georg Stricker eine Dankandacht zeitnah zum 75. Gründungstag zu begehen. Vor der Basilika traten alle Bruderschaften an, um dann in geschlossener Formation das Gotteshaus zu betreten. Nach dem Dankgottesdienst bestand die Möglichkeit zu einem Beisammensein im Pfarrheim. Dies wurde von Allen sehr gut angenommen und so war der Saal bis auf den letzten Platz besetzt.
Auf dem Schießstand der St. Hubertus Schützenbruderschaft Selbach wurde am 23. August ab 15 Uhr die Bezirkskaiserwürde des Jubeljahres 2009 ausgeschossen. Dem neuen Kaiser Ansgar Herzog von den Hubertus-Schützen in Selbach werden am Samstag, 5. September, in Friesenhagen feierlich die Insignien des Bezirksverbandes Marienstatt für die kommenden fünf Jahre verliehen.
Das Bruderschaftsleben hat sich aber nicht nur auf Feiern und Jubiläen beschränkt. Es wurden auch jährlich im Herbst Bezirkseinkehrtage abgehalten, deren Teilnehmerzahl aber von Jahr zur Jahr bedauerlicher Weise geschrumpft ist.
Große Erfolge der aktiven Schützen
Große Erfolge und herausragende Leistungen konnten auch die aktiven Schützen verbuchen, allen voran der am 2. Mai 2007 verstorbene Schützenbruder Rainer Blaeser aus Schönstein und Bruno Stahl aus Wissen, beide Mitglied der Schönsteiner Bruderschaft sowie der spätere Bezirksschießmeister Gerhard Göbel von der Schützenbruderschaft Niederfischbach.
Rainer Blaeser war in den Jahren 1960 bis 1980 in den Klassen Jungschützen, Junioren und Schützen sowohl als Einzelsieger als auch mit der Mannschaft überaus erfolgreich. So war er in Einzelwettbewerben 12 Mal Diözesansieger und 9 Mal Bundessieger. Mit der Mannschaft der Schönsteiner Bruderschaft war er insgesamt 14 Mal Diözesansieger und 7 Mal Bundessieger. Mit der Armbrust war er sogar Weltmeister.
Bruno Stahl war 1972 im KK 3-Stellung Einzel- und Mannschafts-Bundessieger sowie mit dem Luftgewehr Mannschafts-Bundessieger. 1975 konnte er dieses Ergebnis mit der Mannschaft im KK und Luftgewehr wiederholen und 1976 wurde er mit der Mannschaft im KK Bundessieger und holte mit der Mannschaft mit dem Luftgewehr einen hervorragenden 2. Platz.
Gerhard Göbel wurde in den Jahren 1960 und 1961 jeweils Bundessieger in der Luftgewehr-Juniorenklasse. Damals erhielten die jeweiligen Bundessieger noch ein kleines Zuckerstückchen als Geschenk des Bundes. Sie durften auf dessen Einladung an der jährlichen Romfahrt des Bundes teilnehmen.
Auch in den weiteren Jahren stellten die Schützenbruderschaften Schönstein, Birken-Honigsessen, Selbach und Niederfischbach mehrfach Bundessieger in Einzel- und Mannschaftswettbewerben. Hier sind vor allem die Schützen Egon Wäschenbach, Jürgen Poppel, Martin Reiß, Oliver Poppel, Jochen Weyand, Ansgar Herzog, Michael Storbeck, Gero Weitz, Marko Hassel und Alexandra Studzinski zu erwähnen.
Wie in vielen anderen Sportarten, wie zum Beispiel im Tennis oder beim Radfahren, so fehlt auch den Bruderschaften im Bezirksverband Marienstatt ein "Zugpferd", das aufgrund seiner sportlichen Leistungen andere Schützen begeistern und mitreißen kann.
So wünschen sich die heimischen Bruderschaften für die nächsten 25 Jahre, also bis zum 100. Jubiläum, eine weiterhin große Bereitschaft von Schützenschwestern und Schützenbrüdern, Ehrenämter sowohl in ihren Bruderschaften, als auch im Bezirksverband zu übernehmen und sich für unseren Wahlspruch "Glaube - Sitte - Heimat" einzusetzen, um auch in der Zukunft das "Schiff Bezirksverband Marienstatt" sicher zu steuern und gut im Wind zu halten.
(Bericht über das Jubiläums-Festprogramm in Friesenhagen folgt)
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Foto: Auszug aus der Basilika nach dem Festgottesdienst am 10. Mai 1934 mit Generalpräses Dr. Peter Louis (mit Zylinder) aus Leverkusen-Bürig, Pfarrer Stoffels aus Schönstein, Pfarrer Peters aus Remagen und "Schützenpater" Placidus Hülster aus Marienstatt.
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