Werbung

Nachricht vom 05.03.2018    

100 Jahre Frauenwahlrecht - aber wo bleibt die Lohngerechtigkeit?

100 Jahre Frauenwahlrecht sind eine Sache. Die berufliche Gleichstellung und Lohngerechtigkeit eine ganz andere. Darauf macht die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) zum Internationalen Frauentag am 8. März aufmerksam. Allein im Kreis Altenkirchen sind demnach 71 Prozent aller Teilzeit- und Minijobs in Frauenhand. Und für Teilzeit-Beschäftigte sind Gehaltszuwächse und Beförderungen viel seltener als bei Vollzeit-Beschäftigten. Laut NGG-Pressemitteilung verdienen Frauen in Deutschland derzeit 21 Prozent weniger als Männer.

Ein Job, zwei Löhne: Noch immer ist die Bezahlung zwischen Männern und Frauen unterschiedlich hoch. Darauf weist die Gewerkschaft NGG zum Internationalen Frauentag hin – und fordert mehr Anstrengungen für die Gleichberechtigung im Job. (Foto: Tobias Seifert/NGG)

Region. Die Teilzeit und der Niedriglohn: im Landkreis Altenkirchen ist beides weiblich: Noch immer sind hier 71 Prozent aller Teilzeit- und Minijobs in Frauenhand. Darauf hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) zum Internationalen Frauentag am 8. März hingewiesen. Bei den rund 9.400 Teilzeit-Stellen im Landkreis liegt der Frauenanteil nach Angaben der Arbeitsagentur sogar bei 85 Prozent.

Roland Henn, Geschäftsführer der NGG Mittelrhein, spricht von einer „Karrierefalle“: Gerade in Hotels, Restaurants und Bäckereien seien Minijobs und Teilzeit-Verträge stark verbreitet. „Die Kellnerin in Vollzeit ist die Ausnahme“, so Henn. Wer jedoch 20 oder 25 Stunden arbeite, habe es beim beruflichen Aufstieg deutlich schwerer. Das gehe aus einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung hervor. Danach sind für Teilzeit-Beschäftigte auch Gehaltszuwächse und Beförderungen seltener. „Bei der Bezahlung stehen Frauen allgemein weiterhin deutlich schlechter da als Männer“, kritisiert Henn. So verdienten Frauen in Deutschland zuletzt 21 Prozent weniger als Männer. Das hat das Statistische Bundesamt ermittelt. Im EU-Durchschnitt lag der so genannte „Gender Pay Gap“ dagegen lediglich bei 16 Prozent. „Es kann nicht sein, dass Paula nur deshalb auf bis zu mehrere Hundert Euro pro Monat verzichten muss, weil sie nicht Paul heißt“, kritisiert Henn.

Zwar gebe es für Frauen im Kreis Altenkirchen seit diesem Jahr erstmals einen Rechtsanspruch darauf zu erfahren, was ein männlicher Kollege in ähnlicher Position verdient. Doch das Lohntransparenzgesetz gilt lediglich in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten. „Davon hat kaum eine Köchin oder Bäckereifachverkäuferin im Kleinbetrieb etwas“, bemängelt Gewerkschafter Henn. Hier müsse die künftige Bundesregierung dringend nachbessern. Sollte die Politik nicht deutlich mehr gegen die Lohnungerechtigkeit unternehmen, dürfte sich nach Einschätzung der NGG auch die Altersarmut für Frauen im Kreis Altenkirchen verschärfen. „Geringere Löhne und kürzere Arbeitszeiten sorgen für magere Renten. Außerdem tragen Erziehungs- und Pflegezeiten dazu bei, dass nur wenige Rentenpunkte zusammenkommen“, erklärt Henn.



In einer aktuellen Studie beziffert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) die „weibliche Rentenlücke“ in den alten Bundesländern auf 42 Prozent. Ein Rentner erhält demnach Bezüge von durchschnittlich 994 Euro im Monat. Eine Rentnerin kommt dagegen nur auf 576 Euro. Henn: „Am Ende ist das auch für den Staat eine teure Sache. Die öffentliche Hand muss dann Armutsrenten durch Grundsicherung im Alter und Zuschüsse fürs Wohnen aufbessern.“ Hinzu kommt: Im Beruf sind nach Beobachtung der NGG noch immer viele Frauen Diskriminierung ausgesetzt. „Zotige Sprüche an der Theke sind da noch das Geringste“, so Henn. In 80 Prozent aller Fälle von sexueller Belästigung von Frauen gehe die Gewalt von einem Mann aus. Dies hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in einer aktuellen Studie festgestellt.

Positiv wertet die NGG Mittelrhein, dass sich immer mehr Frauen gegen Ungerechtigkeiten im Arbeitsleben zur Wehr setzten. Dabei könnten sie auf die Hilfe der Gewerkschaft zählen – per Rechtsschutz lasse sich etwa der übergriffige Kollege abmahnen. Mit Blick auf das 100-jährige Bestehen des Frauenwahlrechts sagt Roland Henn: „Nach der rechtlichen Gleichstellung muss auch eine vollständige Gleichbehandlung im Job kommen. Unterschiedliche Löhne für Männer und Frauen darf es heute nicht mehr geben.“


Lokales: Altenkirchen & Umgebung
Feedback: Hinweise an die Redaktion

Anmeldung zum AK-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Kreis Altenkirchen.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus Region


Goldene Jahre auf vier Pfoten: Barney wartet auf seinen Gnadenbrotplatz

Manche Geschichten beginnen leise. Sie schleichen sich nicht mit Pauken und Trompeten in die Aufmerksamkeit ...

50 Jahre KVG "Lugge Loo": Ein Jubiläum voller Highlights in Gebhardshain

Der Karnevalsverein Gebhardshain "Lugge Loo" 1975 e.V. feiert sein 50-jähriges Bestehen mit einem besonderen ...

Hamed Abdel-Samad liest in der Kreisverwaltung Altenkirchen

Hamed Abdel-Samad, ein prominenter Islamkritiker und Autor, wird am Donnerstag, 15. Mai, in der Kreisverwaltung ...

Aktionstag in Koblenz: Unternehmensnachfolge durch Frauen im Handwerk

Am 23. Juni bietet die Handwerkskammer Koblenz individuelle Beratungstermine zur Betriebsübernahme für ...

Montabaur blüht auf - der Frühling kann kommen

Die Veranstaltungen in Montabaur gleichen fast in jedem Jahr dem Silvesterklassiker "Dinner for One", ...

Der Goldene Löwe strahlt mit den Werbetreibenden über dem Hachenburger Frühlingsmarkt

Das Gold des Hachenburger Löwen glänzte im Mittelpunkt des traditionell am ersten April-Wochenende stattfindenden ...

Weitere Artikel


Fotoausstellung „Wunderwelt Natur“ in der Kreisvolkshochschule

„Wunderwelt Natur“: ein Ausstellungstitel, der viel verspricht. Die Ausstellung mit Fotos von Anne Nadine ...

Wanderausstellung will zur Darmkrebsvorsorge motivieren

Darmkrebs ist eine der häufigsten Tumorarten in Deutschland. Welche Gefahren von ihr ausgehen und welche ...

Westerwaldschule Gebhardshain wird Dritter im Fritz-Walter-Cup

Als Drittplatzierte unter insgesamt 104 teilnehmenden Schulen der Region Koblenz beendete die Schulfußballmanschaft ...

Silbernes Dienstjubiläum für Bernd Herzog

Bernd Herzog, Mitarbeiter des Bauhofes der Verbandsgemeinde Wissen, feierte am 1. März sein 25-jähriges ...

Kindergeld gibt es auch noch nach dem Abitur

Bald endet für viele Abiturienten die Schule. Oft sind die Eltern verunsichert wie es mit der Zahlung ...

Zehn Jahre PjO – Eine Ära geht zu Ende

Das zehnte Projekt des Projektorchesters (PjO) bot mit dem Benefizkonzert "10 Jahre PjO" auch dieses ...

Werbung