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Mit Qualität und Innovation durch die Krise
Pro AK beleuchtete die Krisen-Konzepte heimischer Unternehmen. Die punkten unter anderem durch Service, Innovationen und Top-Qualität. Zudem ging es auch um neue Formen im Marketing, den multioptionalen Verbraucher und die Möglichkeiten des so genannten Web 2.0.
Marienthal. Zu einem Vortragsabend mit dem Titel „Wirtschaft aktuell“ mit mehreren Referenten hatte das Forum Pro AK ins Waldhotel Imhäuser in Marienthal eingeladen. Den Reigen der Referenten eröffnete Marketingspezialist Manfred von Schönfeldt mit dem Thema „Der multioptionale Verbraucher – Neue Aufgaben und Herausforderungen im Marketing“. Zunächst bedeutet dies die Erforschung der Lebenswelt und das Erstellen einer Analyse der Gesellschaft über das Alltagsbewusstsein, das Alltagshandeln und die Alltagseinstellungen der Menschen. Dazu unterteilt der Marketingexperte die Gesellschaft in zehn verschiedene Milieus, um eine genaue Zielgruppe für die Marketingstrategie zu ermitteln. Ein Beispiel sind die Traditionsbewussten – wie die Kriegsgeneration – mit ihren traditionellen Werten wie Pflichterfüllung, Disziplin, Moral und Ordnung. Modische Neuerungen lehnen sie ab. Die Wurzeln liegen hier im Kleinbürgertum oder der traditionellen Arbeiterkultur. Die Produktionsinteressen kreisen meist um den häuslichen Bereich und die Freizeitaktivitäten, die eher bodenständiger Natur sind. Lektüren dieser Zielgruppe sind eher die Yellow Press und die Unterhaltung ist eher in der volkstümlichen Szene zu finden. Fazit: Das Marketing nimmt sich all dieser Kriterien an und richtet ihre Werbung genau auf ihre Zielgruppe aus.
Der zweite Referent der Veranstaltung war der Wissener Diplom-Informatiker Marc Nilius, der die Gäste über das Web 2.0 als Marketinginstrument informierte. Zum Web 2.0 zählen Blogs, die sozialen Netzwerke und auch Twitter als jüngstes Element der Kommunikationsmöglichkeiten. Beim Web 2.0 besteht immer die Möglichkeit zum Kommentieren um damit eine Dialogkommunikation. Ein Beispiel sind Unternehmerblogs, die eine noch bessere Darstellung des Unternehmens ermöglichen. Zu den bereits bekannteren zählen laut Nilius der Saftblog, Frostablog und Bestatterwebblog. Ein weiteres Kommunikationselement des Web 2.0 sind die sozialen Netzwerke wie Xing, Facebook oder auch wer-kennt-wen. In diesen Netzwerken kann jeder Mensch ein Profil erstellen und digital „netzwerken“. Er kann Kontakte knüpfen, Erfahrungen austauschen, Aufträge vergeben und auch Auftraggeber suchen. Das jüngste Mitteilungsinstrument ist Twitter (von engl. Gezwitscher), dessen Botschaft nur 140 Zeichen lang sein darf. Das Twittern ist also auch gut geeignet, um von mobilen Endgeräten aus eine Nachricht zu senden. Dabei wird sie schnell und ungefiltert im Internet verbreitet und kann von vielen Personen aufgenommen werden. Ein weiteres Element ist das digitale Medienarchiv. Mit den verschiedenen Diensten können Videos, Filme, Links und Präsentationen selbst hochgeladen werden und man hat überall und jederzeit einen Zugriff darauf. Allen Web-2.0-Diensten ist die Möglichkeit gemein, die publizierten Inhalte von Nutzern kommentieren zu lassen. Besonderer Nutzwert kann erreicht werden, indem die verschiedenen Web-2.0-Elemente miteinander verknüpft und kombiniert werden.
Im zweiten, vom Pro AK Vorsitzenden moderierten Teil, diskutierten vier mittelständische Unternehmer aus der Region sowie der Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse Altenkirchen, Dr. Andreas Reingen. Dabei ging es in erster Linie um die Bewältigung der wirtschaftlichen Krisenerscheinungen. Sandra Weeser vom Autohaus Weeser in Betzdorf zeigte auf, dass keine neuen Absatzimpulse für die Premiummarke durch die Abwrackprämie ausgelöst wurden. Deshalb hätten schnell wirksame Maßnahmen im Vordergrund gestanden, beispielsweise die massive Zurückführung des Gebrauchtwagenbestandes, die Hinzunahme einer Zweitmarke, allerdings mit geringeren Deckungsbeiträgen. Das Internet nannte sie „Fluch und Segen zugleich“. Es mache schonungslos Vergleiche möglich, aber auch der Verkaufs- bzw. Kaufradius sei wesentlich ausweitbar. Für Dr. Frank Hoffmann, geschäftsführender Gesellschafter des Pressevertriebs Siegerland, ist die Krise kein Neuland. Schon seit einigen Jahren habe sich das Leserverhalten und damit die Absatzgrößen verändert. Durch innovative neue Vertriebslösungen, Produkterweiterungen mit Blick auf denkbare Übernahmemöglichkeiten sei diese Krise auch eine Chance für ein zeitgemäß aufgestelltes Unternehmen. Die Firma Gebrüder Schumacher in Eichelhardt, in der Diskussion vertreten durch Fred Schumacher, ist als Teilelieferant für den Agrarmaschinenbau weltweit mit Niederlassungen in den USA, Brasilien und Russland tätig. Schumacher nannte auch den Produktionsstandort Deutschland noch wettbewerbsfähig, wenn man alle Chancen zur Rationalisierung nutze. Die hervorragenden Mitarbeiter seien fachlich so versiert, wie man sie im Ausland nur selten antreffe. Für sein Unternehmen sieht er weiterhin Expansionsmöglichketten. Denn so lange die Weltbevölkerung wachse, steige auch die Nachfrage nach Ernährungsprodukten. „Und damit sind wir als Unternehmen positiv betroffen“, so Schumacher.
Ähnlich gute Aussichten räumte Gert Schumann von der gleichnamigen Möbelwerkstätte in Altenkirchen ein. Zunächst ein ganz normaler Holzverarbeitungsbetrieb, ist das Unternehmen heute mit 50 Beschäftigten in der Möbelproduktion und Gebäudeausbau im hochwertigen Segment tätig. Kunden hat man fast in der ganzen Welt. Gert Schumann hält für sein Unternehmen den Preis nicht für absatzentscheidend, sondern hohe Qualität, schnelle Verfügbarkeit und zuverlässigen Service. Für Dr. Andres Reingen ist die Altenkirchener Region typisch für ein Mittelstandsmilieu, in dem es viele hochinnovative Firmen gibt. Die Kreissparkasse gehe wie andere regional verwurzelte Banken gestärkt aus der Krise hervor, weil sich Vertrauen und seriöses Handeln auszahlen. Die oft beschworene Kreditklemme sei nicht konstatierbar, allerdings hätten sich mit Basel II die Anforderungen für die Kreditvergabe verändert. Schwierigkeiten sieht Reingen weniger für die kleinen und mittleren Mittelständler. Erst ab einem Kreditbedarf ab 100 Millionen Euro täten sich im Bankgewerbe Schwierigkeiten auf.
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Diskutierten Konzepte gegen die Krise: (von links) Marc Nilius, Fred Schumacher, Sandra Weeser, Manfred von Schönfeldt, Ulrich Schmalz, Gert Schumann, Dr. Andreas Reingen und Dr. Frank Hoffmann.