Völkerball - Der Weyerdamm bebte und wackelte in Altenkirchen
In früheren Jahren hieß es immer von Altenkirchen, das sei die Stadt der Schulen und Behörden. Demzufolge hatte Altenkirchen immer das Image einer soliden, etwas biederen, beschaulichen Stadt, in der nicht viel los ist. Spätestens seit gestern muss ein grundlegendes Umdenken stattfinden, denn es brach kein Orkan, es brach ein Inferno über Altenkirchen herein.
Altenkirchen. Was war los? Getränke Müller aus Oberwambach hatte zu „Rock im Zelt“ eingeladen, dazu zwei Formationen der absoluten Extraklasse verpflichtet: „Iron Maidnem“ und „Völkerball“. Es gibt „RaR-Rock am Ring“, „RiP- Rock im Park“, „RaT-Rock am Turm und nun „RiZ-Rock im Zelt“. Die „Aalekärjer“ brauchen sich nach dem gestrigen Verlauf nicht zu verstecken, die Freunde des gepflegten, künstlerischen Krawalls kamen voll auf ihre Kosten.
Als Opener hatte die Iron Maiden Tribute Band „Iron Maidnem“ die nicht immer leichte Aufgabe, die erwartungsfrohen Metal-Fans in Stimmung zu bringen. Im langsam sich füllenden Zelt am Weyerdamm überzeugten die Jungs aus Ungarn vom ersten Song an. Das lag zum einen an der kräftigen Stimme des Leadsängers, der es schaffte, auch die hohe Stimmlage von Bruce Dickinson, dem Originalsänger von Iron Maiden, kraftvoll zu erreichen, zum anderen an den Musikern der Band. Da stand eine Einheit auf der Bühne, jeder ein exzellenter Könner an seinem Gerät, der harte Beat der Drums vereinte sich mit den bombastischen Riffs der Gitarristen, dazu die Stimme, ein komplettes Gebilde.
Textsicher auch die Fans, die in der Lage waren, viele Hits von Iron Maiden zu unterstützen, gesangstechnisch nicht immer fein, aber dafür laut: Run tot he Hills, Running free, Revelations, Stranger in a Strange Land, The Trooper“, um nur einige zu nennen, die von den Fans begeistert gefeiert wurden. Ein Höhepunkt der Show war der Auftritt von „Eddie“, dem Maskottchen von Iron Maiden. „Eddie“ ist liebenswertes, riesiges Monster, etwa eine Mischung aus einem Zombie und einem Alien. Ohne Zugaben durften die Musiker aus Ungarn die Bühne nicht verlassen.
Nach diesem gewaltigen Auftritt war die Messlatte für „Völkerball“ sehr hoch gelegt, denn „Iron Maidnem“ hätte auch als Power-Gig auftreten können. „Völkerball“ bringt eine riesige Fangemeinde mit nach Altenkirchen, die Kennzeichen auf dem Parkplatz am Weyerdamm deuten darauf hin: LM, KO, K, MZ, SI, MY, SIM und mehr. „Völkerball“ enttäuschte die Erwartungen nicht, sie zogen alle Register ihres Könnens, begeisterten mit ihrer Musik, dabei „Rammstein“ zwar zu kopieren, trotzdem noch einen eigenen Stil zu kreieren. Renè Anlauf, der Leadsänger von „Völkerball“ strahlte von ersten Sekunde an eine unglaubliche Bühnenpräsenz aus, vom Äußeren, und von der Stimme her, hätte ein geklonter Till Lindemann auf der Bühne stehen können. Die übrigen Bandmitglieder, Tobias Kaiser, Björn Müller, Tillmann Carbow, Dirk Oechsle und Andreas Schanowki standen ihm in nichts nach.
„Völkerball“ brannte von der ersten Sekunde an ein Feuerwerk, im wahrsten Sinne des Wortes, ab. Zu den markanten, weltbekannten Hits von „Rammstein“, wurde in großem Umfang Pyro-Technik eingesetzt, die manchmal bizarre Effekte auf die Bühne und ins Zelt zauberte. Hundertfach ertönte aus dem Publikum die Unterstützung von Renè Anlauf, wenn er „Feuer frei, Links 2,3,4, Du riechst so gut, Mein Herz brennt, Benzin, oder Waidmanns Heil“ anstimmte, das Publikum und der Gesang verschmolzen zu einer Einheit, Gänsehaut pur. Die Spielfreude der Musiker übertrug sich voll und ganz auf die Fans. Textsicher beteiligte sich die feiernde Menge, Renè hatte alles im Griff, die Leute warteten nur darauf, von ihm dirigiert zu werden. Eine erhobene Hand und schon streckten sich hunderte von Händen nach oben. Einfach ein gigantischer Zusammenspiel, ein Geben und Nehmen auf hohem Niveau.
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Ein Höhepunkt der Show war der geniale Auftritt vom Keyboarder Andreas Schanowski, der in der Band den Part des etwas tollpatschigen Clown spielt. Zu „Haifisch“ bestieg er ein Schlauchboot und ließ sich in diesem von der jubelnden Menge auf Händen durch das komplette Zelt tragen. Unter dem grenzenlosen Jubel der Fans führte René zu „Bück dich“ den armen Andreas an einer Hundekette auf die Bühne, wo er unterwürfig gedemütigt wurde. Der Clou bei diesem Act war die Tatsache, dass Andreas eine Trump-Maske trug.
Bei dem Spektakel, welches „Völkerball“ auf der Bühne bot, bekam man kaum die Luft zum Atmen. Immer wieder wurden die Songs von aufwendiger Pyro-Technik begleitet, ein Gewitter an Lichtblitzen, explodierenden Gegenständen und gleißendem Feuerregen ergoss sich über die Besucher. Insgesamt spielten „Völkerball“ 24 Songs, inklusive der Zugaben. Krönender Abschluss eines denkwürdigen Konzertes war „Engel“, als eine wunderschöne Frau mit engelsgleicher Erscheinung, zusammen mit René dieses Lied anstimmte.
Jubel ohne Ende belohnte die Musiker für einen grandiosen Auftritt, der die Schar ihrer Anhänger sicherlich noch wachsen lässt. Sympathisch, wie René ganz zum Schluss nicht nur die einzelnen Musiker vorstellte, er würdigte auch die Roadies, zum Beispiel die Pyro-Techniker, die für Ton und Licht Zuständigen, die vielen Helfer, die die Bühne aufbauten und das Equipment immer zur Hand hatten. Zu guter Letzt bat René Anlauf den Veranstalter Michael Müller auf die Bühne, er nahm ihn in den Arm und bedankte sich sehr herzlich für die Möglichkeit, in Altenkirchen auftreten zu dürfen.
René Anlauf verließ nicht die Bühne, ohne den Fans, und den Einwohnern, zu drohen: „Altenkirchen, wir kommen wieder.“ Nach der Show mischte sich „Völkerball“ unter das feiernde Volk, man konnte mit ihnen das eine oder andere Bierchen zischen. Um 1.30 Uhr war die Show endgültig beendet, die Ruhe legte sich wieder über Altenkirchen und der Ort fand wieder zu seiner Beschaulichkeit zurück. Altenkirchen ist ab sofort nicht nur eine Stadt der Schulen und Behörden, nein, jetzt auch des Rocks. Das ist doch nicht das schlechteste Image. wear
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