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Landrat Lieber: "Integration ist keine einfache Aufgabe"
Oft wurden sie als "Bürger 2. Klasse" bezeichnet. Ausgewachsene Ausländerhasser verachteten ihre Mitbürger aus der Türkei, Slowakei, Rumänien oder Venezuela. Gründe hierfür konnten die Verfechter von "Deutschland den Deutschen" nie so recht finden, genörgelt wurde allenthalben. Jetzt hatte Landrat Michael Lieber eine angenehme Pflicht zu erfüllen: Im August-Sander-Zimmer der Kreisverwaltung erhielten zwölf ehemals ausländische Mitbürger ihre Einbürgerungsurkunde.
Altenkirchen. Betül Ince war ganz schön aufgeregt. 33 Jahre lebt sie jetzt im Kreis Altenkirchen, wurde hier geboren und geht seit einigen Jahren ihrer Arbeit als Köchin in einem Café in Siegen nach. "Und eigentlich", meint sie, "hätte ich gar keine deutsche Staatsangehörigkeit gebraucht." Aber wenn man seit 33 Jahren in einem Land lebt und das Heimatland der Eltern nur von Urlaubsreisen und aus Erzählungen kennt, kommt man schon mal ins Grübeln. Und Betül Ince aus Betzdorf wollte einmal einen deutschen Pass besitzen. Da fiel es ihr nicht schwer, die türkische Staatsangehörigkeit abzugeben und sich "ganz ins Boot zu setzen".
Auch Claudia Weyer hatte ein flaues Gefühl. Wenn man die deutsche Staatsangehörigkeit beantragt, so ist das die eine Sache. Wenn man aber, so die 28-Jährige "dann die Urkunde bekommen soll, ist das ein unglaublicher Schritt." Die junge Ex-Rumänin ist bereits seit dreieinhalb Jahren in Deutschland. Drei Jahre davon ist sie bereits mit einem Deutschen verheiratet und lebt in Altenkirchen.
Landrat Michael Lieber, der jährlich rund 100 Einbürgerungsurkunden überreicht, hatte zu einer kleinen Feierstunde in die Kreisverwaltung eingeladen. In seiner Rede interpretierte er den Willen der fast ausschließlich jungen Leute so, dass ihre Entscheidung, die deutsche Staatsangehörigkeit anzunehmen, darauf schließen lässt, "dass sie gerne in unserem Land leben und sich auch im Kreis Altenkirchen wohl fühlen."
Lieber wertete den Einbürgerungsakt als "ersten Schritt, auf den noch viele weitere folgen müssen. Diese Schritte müssen wir alle gemeinsam tun, denn Integration ist keine einfache Aufgabe." Lieber zitierte in diesem Zusammenhang den Schweizer Dramatiker Max Frisch: "Demokratie bedeutet, sich in die eigenen Angelegenheiten einzumischen." Und mit der Einbürgerungsurkunde, so der Landrat, seien "eigene Angelegenheiten" entstanden.
Lieber appellierte an die neuen Bundesbürger, "zu helfen, diesen Landkreis und dieses Land so zu gestalten, dass die Lebensqualität aller Menschen steigt, dass gegenseitiger Respekt und die Gleichberechtigung unveräußerliche Grundrechte für Jedermann sind." (Werner Wenzel)
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Insgesamt empfingen zwölf neue Bundesbürger ihre Urkunden aus der Hand von Landrat Michael Lieber. Einer von ihnen war der 31-jährige Yavuz Aydin, der aus der Türkei stammt. Foto: Werner Wenzel