Mut zum Widerstand auch heute aktuell
Den 20. Juli 1944 und das gescheiterte Stauffenberg-Attentat nahm der FDP Kreisverband Altenkirchen zum Anlass, zu einer Veranstaltung nach Marienthal einzuladen – auf den Tag genau 74 Jahre danach. Zivilcourage und Mut zum Widerstand sei angesichts der negativen Trends im Land heute mehr gefragt denn je.
Marienthal. „Dies soll keine parteipolitische Veranstaltung sein, auch wenn die FDP eingeladen hat. Die Bewahrung von Frieden, Freiheit und Demokratie geht uns alle etwas an“, stellte der FDP Kreisvorsitzende Christof Lautwein voran. Und so freute er sich, dass unter den rund 70 Besuchern der Veranstaltung auch zahlreiche Vertreter anderer Parteien den Weg in die Klostergastronomie Marienthal gefunden hatten – trotz Urlaubszeit und schönem Wetter.
Als Redner waren Kurt Salterberg und Robby Gebhardt eingeladen. Kurt Salterberg aus Pracht ist der letzte noch lebende Augenzeuge des Attentats vom 20. Juli – er war zu dieser Zeit Wachsoldat in der Wolfsschanze. Und so schilderte er detailliert, wie er von der Ostfront zum Wachdienst abkommandiert wurde und er „gar nicht wusste, wie ihm geschah“ und er natürlich froh war, nicht mehr an der Front dienen zu müssen. Die Ereignisse des 20. Juli sind ihm ebenfalls noch sehr präsent, schließlich stand er zum Zeitpunkt des Attentats in unmittelbarer Nähe der Baracke Wache.
Stauffenberg selbst wurde von ihm bei der Abreise kontrolliert. „Ich habe den Stauffenberg überhaupt nicht gekannt. Er hat seinen Ausweis gezeigt und da habe ich den Namen zum ersten Mal wahrgenommen. Ich habe mir auch nichts dabei gedacht, dass Stauffenberg ohne Käppi und Koppel abreiste – es kam oft vor, das Offiziere nochmal kurz raus mussten, weil etwas vergessen worden war…“, schilderte Salterberg. Kurz danach explodierte die Bombe, „einer flog sogar aus dem Fenster“ und Verletze wurden hektisch versorgt. „Hitler selbst kam als letzter aus der Baracke, gestützt von zwei Soldaten“, so Salterberg.
Kurt Salterberg erklärte aus seiner Sicht auch, warum damals so viele Hitler gefolgt sind. „Das fing schon in der Jugend an, es wurden Anreize geschaffen wie Jungvolk, HJ und BDM. Man wurde früh linientreu erzogen, es gab keine Arbeitslosigkeit mehr.“ Er selbst konnte fast 40 Jahre nicht über die Ereignisse reden. Schließlich schrieb er ein Buch über seine Zeit in der Wolfsschanze und die einsetzende Erkenntnis, welchem Unrechtssystem er gedient hatte.
Sehr emotional schilderte Robby Gebhardt aus Hamm seine Erlebnisse zum Kriegsende, welche er als Kind erlebt hat. „Meine Eltern haben nie über den Krieg geredet, wir sind schon angezogen schlafen gegangen und haben Nächte im Keller verbracht“, so Gebhardt. Ausgebombt wurden die Gebhardts aufs Land nach Polen evakuiert – um kurze Zeit später im Konvoi vor der anrückenden russischen Armee über die Oder zu flüchten. „Wir hatten nichts mehr“, meinte Gebhardt und appellierte zum Schluss, dass jeder alles dafür tun müsse, dass sich so etwas niemals wiederholt.
Bei der abschließenden Diskussionsrunde stellte Lautwein sich selbst und den Anwesenden die Frage, wie man wohl selbst mit Mitte 20 in den 30`er Jahren gewesen wäre. Mitläufer oder Widerständler? „Wohl auch eher Mitläufer – wenn man die Erziehung, die Anreize und die fehlende Medienvielfalt bedenkt“, so Lautwein. „Aber haben wirklich alle aus der Vergangenheit gelernt? Populisten gewinnen heute wieder an Boden, und hier heißt es frühzeitig den Mut zum Widerstand, den Mut zu Widerworten und den Mut zur Zivilcourage zu zeigen“, so das Resümee von Lautwein. (PM FDP Kreisverband)
Lokales: Hamm & Umgebung
Jetzt Fan der AK-Kurier.de Lokalausgabe Hamm auf Facebook werden!