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Alte Brücken erhielten ein neues Fundament
Der Mauerfall vom November 1989 brachte vielerlei Veränderungen in die Beziehungen der Evangelischen Kirchenkreise Altenkirchen und Gransee. Aber auch danach wurden viele der Brücken, die schon zuvor geschlagen worden waren, weiter genutzt und gepflegt. Bis heute.
Von Petra Stroh
Kreis Altenkirchen. "Unsere Brücken stehen schon lange, nun müssen wir dafür sorgen, dass sie erhalten bleiben, gut genutzt und gepflegt werden". Der Redeauszug des ehemaligen Superintendenten des Evangelischen Kirchenkreises Altenkirchen, Pfarrer Eckhard Dierig (Kirchen), beim ersten Kreiskirchentag in Templin-Gransee (Brandenburg) zum Thema "Brücken bauen" im Jahre 2000 wird seit vielen Jahren in den Ostgemeinden immer noch häufig zitiert. Sein Amtskollege Gerhard Gabriel von der Kirchenleitung Gransee unterstrich damals, dass Partnerschaft heutzutage konkrete gemeinsame Ziele brauche: "Es reicht nicht, in Nostalgie zu machen."
Der "Mauerfall" im November 1989 brachte vielerlei Veränderungen in die Ost-West-Beziehungen der Evangelischen Kirchenkreise Altenkirchen und Gransee, aber auch für die Gemeinden der Region. Im Rückblick, auch auf 20 Jahre "Reisefreiheit", wurden manche "Brücken" weiterhin gut genutzt, einige "repariert" und andere wegen "Baufälligkeit" geschlossen. Die Veränderungen eines ganzen Staates veränderten auch die kirchlichen Beziehungen.
Besonders augenfällig im Miteinander der beiden Partnerkirchenkreise ist vor allem, dass es den einen Partner so gar nicht mehr gibt. Notwendige Strukturveränderungen in der touristisch ausgesprochen reizvollen Region nördlich von Berlin sorgten für die Bildung von größeren Kirchenkreis-Einheiten. Der Kirchenkreis Gransee ging (nach Verhandlungen mit mehreren Nachbarn) schließlich 2000 eine Fusion mit dem Kirchenkreis Templin ein. Seither heißt der neue Partnerkirchenkreis - in dem nicht nur die Kanzlerin zu Hause ist, sondern der auch über so berühmte Orte wie Schloss Rheinsberg oder das in den Medien häufig präsente "Schloss Meseberg" (Gästehaus der Bundesregierung) verfügt - offiziell "Templin-Gransee".
Innerhalb der gesamten Strukturveränderungen "verschwanden" auch einzelne Partnergemeinden, die sich zu Großgemeinden zusammenschlossen. Nicht ganz einfach für die "Altenkirchener", Partnerschaften in einer "kirchenfremden Welt" mit einer ausgesprochen dünnen Personaldecke zu pflegen.
Dennoch erwies sich der Kirchenkreis Altenkirchen als verlässlicher Partner - auch im Bereich Finanzen: Geldmittel fließen und flossen sowohl in Vor- wie auch Nach-Wende-Zeiten nach Gransee. Vor 1990 waren es jeweils 40.000 Mark, die aus dem Westerwald nach Brandenburg "wanderten"; seit 2002 sind diese im Etat mit 20.000 Euro festgeschrieben. Zu DDR-Zeiten wurde das Geld (damals war diese DM-Summe rund das Dreifache in Ostmark wert) zumeist für wichtige Baumaßnahmen in den zahlreichen Dorfkirchen, den "Grundbetrieb der kirchlichen Aufgaben" oder zur Finanzierung der "Fortbewegung" der kirchlichen Mitarbeiter in dem großflächigen Kirchenkreis Gransee genutzt. Heute sollen diese 20.000 Euro zur Sicherung von Arbeitsstellen im Kirchenkreis Templin-Gransee eingesetzt werden.
Für jeweils fünf Jahre garantiert der Kirchenkreis Altenkirchen seinen ostdeutschen Partnern die Unterstützung, damit diese auch kontinuierlich arbeiten können. Läuft die Frist aus, muss die Kreissynode erneut entscheiden, ob und wie viel Geld man weiter zur Verfügung stellen kann.
Früher gehörte auch der Kirchenkreis Birkenfeld zu den Partnern Gransees. Jeweils zwei westdeutsche Partner waren mit einem ostdeutschen Kirchenkreis "verbandelt". Deshalb kooperierten vor 1990 die Altenkirchener und Birkenfelder auch stets intensiv miteinander, und mehrere Besuche im Partnerkirchenkreis Gransee wurden gemeinsam unternommen. Der etwas kleinere Kirchenkreis Birkenfeld musste nach der Wende allerdings seine finanziellen Bemühungen in Gransee einstellen; die eigenen Finanzprobleme ließen eine weitere Unterstützung nicht zu.
Gemeinsam halten die beiden verbliebenen Partnerkirchenkreise Altenkirchen und Templin-Gransee weiterhin enge Kontakte zu zwei Kirchenkreisen "weltweit". Beide unterstützen finanziell und ideell die Kirchenkreise Muku im Kongo und Codlea in Rumänien. Eine ganz besondere Partnerschaftsaktion zwischen Altenkirchen und Templin-Gransee hat sich erst nach dem Mauerfall entwickeln können: Im Rahmen eines "Jugendprojektes" entstand ein ost-west-deutsches Filmteam, das über mehrere Jahre unter Federführung der Jugendleiter der beiden Kirchenkreise erfolgreiche Videofilme produzierte. Darunter unter anderem Filme, die sich mit dem ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald auseinandersetzen. Für die einfühlsame Aufarbeitung dieser schwierigen Thematik in jugendgerechten Filmen, auch über die Zeit der Besetzung durch sowjetische Truppen, erhielten die Jugendlichen mehrfach Ehrungen und Auszeichnungen.
Manche Partnerschaften zwischen evangelischen Kirchengemeinden in Ost und West haben den Mauerfall nicht überlebt. Nicht allen Gemeinden gelang es, vor 1989 auch zu den Partner nach Brandenburg zu reisen. Diese Partnerschaften hatten ihren Schwerpunkt in "Paket-Aktionen" und nach der Wende plötzlich keine Basis mehr.
Andere Gemeinden hingegen "drehten" nach 1990 erst richtig auf. Dort, wo es persönliche Beziehungen zwischen kirchlich Engagierten gab, wurden diese durch die nun vereinfachten Reisebedingungen (das Problem der großen Entfernung von mehr als 600 Kilometer blieb allerdings) intensiviert. Etliche Gemeinden oder Gemeindegruppen schaffen es, bis heute einen jährlichen Austausch (mal im Osten, mal im Westen) auf die Beine zu stellen.
"Kanzeltausch" gehört dann regelmäßig zu den Besuchen; Gemeindepfarrer Hans-Jörg Ott (Birnbach) gestaltete im Vorjahr sogar den Konfirmationsgottesdienst der Partnergemeinde Gutengermendorf mit. Sogar ein längerer "Pfarrhaustausch" wurde schon praktiziert: Pfarrer Eckhard Dierig (Kirchen) und sein Grüneberger Kollege Gerhard Gabriel nutzten die Gunst der Maueröffnung, um im Sommer 1990 gleich für 14 Tage in die jeweilige Partnergemeinde umzusiedeln. Dies schuf nicht nur Gelegenheit zum "erweiterten Kanzeltausch", sondern wurde auch rege genutzt, um "Land und Leute" wirklich intensiv kennen zu lernen. Dieser nahe Kontakt wiederum schuf „guten Grund“ für eine noch intensivere Zusammenarbeit.
„Wir haben das Beste aus den Möglichkeiten gemacht“, beschreibt Pfarrer Eckhard Dierig, der erst kürzlich wieder in Kirchen eine Delegation aus Grüneberg begrüßen konnte, die Partnerschaftsarbeit der beiden Gemeinden. Allerdings weiß man in Kirchen und Grüneberg auch, dass die Arbeit trotz 27-jähriger Dauer nicht abreißt. Derzeit sollen über neu aufzubauende Kinder- und Jugendkontakte und verstärkte "musikalische Begegnungen" neue Bausteine dazukommen.
Auf der Basis einer regen musikalischen Partnerschaft funktioniert auch die Beziehung Altenkirchens und Gransees außergewöhnlich gut. Beide evangelische Gemeinden haben eine singfreudige und klangstarke Kantorei und einen rührigen Posaunenchor. Zwischen Chorleitern und Chormitgliedern stimmt es auch menschlich so hervorragend, dass musikalisches Miteinander überhaupt kein Problem darstellt.
Gemeinsame Konzerte - dabei auch Aufführungen großer Werke - gab es bereits mehrfach in Ost und West, und die ehemalige Posaunenchorleiterin Maren Seybold aus Gransee wurde sogar beim Westerwälder-Bläsertag zur "Ehren-Westerwälderin" per Urkunde befördert.
Da, wo die Ost-West-Kontakte sehr locker geworden sind, klappt zumindest noch oft der Austausch von Gemeindebriefen, so dass lose Fäden vielleicht irgendwann wieder verknüpft werden können.
Kirchengemeinden, die kommunalpolitisch Handelnde in ihren kirchlichen Gruppen haben, nutzten die kirchlichen "Vorarbeiten", um auch auf kommunaler Ebene etwas aufzubauen. Diese "Doppelbeziehungen" sorgen dann für häufigere persönliche Kontakte. So schaute eine kirchliche Delegation aus Birnbach im Vorjahr natürlich nach der Linde in Gutengermendorf, die 1990 von den Birnbacher Kommunalpolitkern unter dem damaligen Ortsbürgermeister Manfred Walterschen auf dem Dorfplatz gepflanzt worden war und sich mittlerweile zu einem stattlichen Baum entwickelt hat. Und eine Reisegruppe aus der Kirchengemeinde Schöneberg hatte bei ihre Besuch 2006 in Großwoltersdorf auch zwei Ortsbürgermeister "im Gepäck".
Auf Kirchenkreisebene fand der letzte persönliche Kontakt im Januar 2009 anlässlich der Amtseinführung des neuen Kreissynodalvorstandes und der Superintendentin Andrea Aufderheide statt. Ihr Amtskollege Uwe Simon (Templin-Gransee), der die dreiköpfige Delegation anführte, nutzte die Festversammlung zu einer Einladung an alle, sich persönlich ein Bild von der schönen Mark Brandenburg zu machen. Ein Besuch, der sich nicht nur wegen der Landschaft lohne. Auch die Menschen freuten sich auf die Fortsetzung der Begegnungen im christlichen Miteinander.
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Ilse Sonnentag und Dirk Bock, synodale Jugendreferenten der Kirchenkreise Altenkirchen und Templin-Gransee, trafen sich zunächst einfach mal beim Kirchentag 2001 in Frankfurt. Nach diesem ersten "Beschnuppern" begleiteten die beiden das erste erfolgreiche Ost-West-Jugendprojekt eines Videoteams. Preisgekrönte, anspruchsvolle Jugendfilme sind innerhalb des Projektes entstanden. Foto: Petra Stroh
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