„Viele Menschen haben keine Idee, für was sie dankbar sein können“
Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, predigte am gestrigen Sonntag (7. Oktober) zum Erntedankfest in Mehren. In seiner Predigt über Verse aus dem biblischen Buch des Propheten Jesaja erinnerte Präses Rekowski an das göttliche Gebot, Brot mit den Hungrigen zu teilen, Obdachlosen ein Dach über dem Kopf zu geben und Menschen, die Mangel leiden, zu versorgen: „Wenn wir Erntedank feiern, ist uns klar: Es geht neben Lebensmitteln auch um die Lebensmitte und um viele Grundlagen, die unserer Gesellschaft ein Gesicht geben – Freiheit, Wohlstand, Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit.“
Mehren. Das Erntedankfest geht deutlich über den Dank für die Ernte, die die Felder, Bäume und Sträucher gebracht haben, hinaus. Das hat Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKIR), unterstrichen: „Wenn wir Erntedank feiern, ist uns klar: Es geht neben Lebensmitteln auch um die Lebensmitte und um viele Grundlagen, die unserer Gesellschaft ein Gesicht geben – Freiheit, Wohlstand, Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit, für all dies können wir wahrlich dankbar sein. Das Erntedankfest erinnert, aufmerksam zu bleiben, einen Blick auf all diese guten Gaben zu haben. Erntedank möchte unsere Augen mit einem aufmerksamen und dankbaren Blick auf die Schönheiten und guten Gaben des Lebens lenken“, sagte der rheinische Präses am Sonntagvormittag im Erntedankgottesdienst in Mehren im Kirchenkreis Altenkirchen.
In seiner Predigt über Verse aus dem biblischen Buch des Propheten Jesaja erinnerte Präses Rekowski an das göttliche Gebot, Brot mit den Hungrigen zu teilen, Obdachlosen ein Dach über dem Kopf zu geben und Menschen, die Mangel leiden, zu versorgen. Durch solches Tun werde es heller in der Welt, hatte der Prophet dem leidenden Volk Israel zugesagt – eine Sichtweise, die heute oft fehle, so der oberste Repräsentant der Evangelischen Kirche im Rheinland: „Wir feiern Erntedank in diesem Jahr aber auch in dem Wissen, dass sehr viele Menschen, obwohl es ihnen materiell nicht schlecht geht, einen solchen dankbaren Blick nicht einnehmen können. Und sie sind weit davon entfernt, es je zu wollen.“
Gottes Wille: Der Mensch begegnet dem Mitmenschen mit Humanität
Viele Menschen in unserem Land fühlten sich von einer offenen Gesellschaft bedroht, und wenn sie nicht bereits in sozialer Not lebten, dann sei ihre Weltsicht von Zukunftssorgen und Abstiegsängsten geprägt. „Von ihren eigenen Eltern hatten sie oft gehört: ,Unsere Kinder sollen es einmal besser haben als wir.‘ Sie ahnen es schon längst, wissen aber nicht, was das konkret bedeutet: Dieses uneingeschränkte Wohlstandsversprechen, das in unserem Land vielfach eingelöst werden konnte, wird nicht mehr uneingeschränkt gelten. Das ist vor allem eine Frage der weltweiten Gerechtigkeit. Diese Unsicherheit wandelt sich vielfach in Frustration, Wut und Hass. Gesucht werden Sündenböcke, und einige meinen genau zu wissen, wer die Mutter aller Probleme ist. Viele Menschen sind weit entfernt von einer Idee, wofür sie in unserem Land dankbar sein könnten.“
Umso mehr müsse es darum gehen, nach Gottes Willen zu handeln, unterstrich Präses Manfred Rekowski: „Der Mensch begegnet seinem Mitmenschen mit Humanität. Er wendet sich nicht ab vom Notleidenden, er teilt das Brot und den Wohlstand mit dem Hungrigen. Er dreht sich nicht weg und verschließt Fenster und Türen, wenn der Obdachlose herannaht. Dem Menschen, der ohne Pläne, Ziele, Visionen und Hoffnungen nackt und bloß vor uns steht, gewährt er Wärme und Schutz. Der Mensch sucht das Beste für seinen Mitmenschen und redet nicht schlecht über ihn und zeigt nicht mit dem Finger auf ihn. Er öffnet dem Hungrigen sein Herz.“
Und weiter sagte der 60-jährige Theologe: „Wenn wir den Hungrigen unser Herz finden lassen, dann kommt Licht in unser Leben und Helligkeit in unsere Welt. Grenzziehungen, Abschottungen und Hasskampagnen bringen uns dem Reich Gottes auf dieser Welt nicht näher. Gelebte Nächstenliebe befördert Licht und Helligkeit, die uns zu glücklichen, zufriedenen und dann auch dankbaren Menschen werden lässt.“
Viertägige internationale und ökumenische Begegnung
Der Erntedankgottesdienst in Mehren ist Teil eines viertägigen Programms, bei dem sich Menschen begegnen, die kirchliche Arbeit auf dem Lande ökumenisch und international tun. Anlässlich gleich dreier Jubiläen (200 Jahre Friedrich Wilhelm Raiffeisen, 70. Geburtstag der Mouvement d’Action Rurale (MAR) und 60. Geburtstag der Landjugendakademie in Altenkirchen) treffen sich der Evangelische Dienst auf Land im Rheinland, die französische MAR und die Katholische Landvolkbewegung im Erzbistum Köln zu einem internationalen Austausch im Kreis Altenkirchen. (PM)
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