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Schräge Kunst mit kritischen Seitenhieben
In der Wilhelmstraße 15 in Betzdorf ist die "Galerie W 15" für junge und moderne Kunst feierlich eröffnet worden. Als erster Künstler stellt dort Kai Niederhausen bis Ende des Jahres seine Werke aus. Inhaber Mario Görög betonte, dass neben der Förderung junger Künstler hier zugleich ein kritisches Forum für die Region entstehen kann.
Betzdorf. Von schräg bis verrückt, kritisch bis provokativ, jung bis modern - die neue "Galerie W 15" in Betzdorf ist nur schwer in einen festen Rahmen einzuordnen. Junge Künstler, die kreative Ideen haben, bekommen mit den Räumlichkeiten in Zukunft eine Plattform zur Artikulation. Die künstlerische Freiheit hat hier Priorität und so kommt auch die erste Ausstellung von Kai Niederhausen alias "Semor" abwechslungsreich daher. Der gelernte Bürokaufmann aus Seelbach bei Hamm stellt bis Ende des Jahres etwa 20 Kunstwerke in der Galerie aus. Seine Eindrücke aus New York verarbeitet er hier ebenso wie seine Begegnungen mit anderen Menschen. Im Prinzip alles, was ihm so durch den Kopf gehe, verrät der Künstler, der vor 16 Jahren mit klassischem Graffiti begann und nun für Ausstellungen vor allem auf Leinwand arbeitet. In seiner Arbeit setzt "Semor" auf Schablonentechniken, mit denen er seine künstlerischen Ideen verwirklicht. Lack und Sprühlack formieren sich bei ihm zu scharf gestochenen Konturen auf der Leinwand. Ein Hinterhof in New York wird da ebenso zum Hingucker wie das Porträt seiner Freundin. Neben zahlreichen Ausstellungen in der Region hatte Niederhausen im Frühjahr in New York/Huntington die Gelegenheit, seine Werke im Rahmen der Ausstellung "Urban Vibes" zu präsentieren.
Auch Mario Görög hat unter dem Künstlernamen "mario el toro" bereits für Aufsehen gesorgt und wird in der Galerie seine Werke präsentieren. Gesellschaftskritische und politische Kunst liegt ihm dabei besonders am Herzen. Die nackte Kritik, die dem Betrachter seiner Werke schonungslos in die Augen springt, wird nicht jedem gefallen, ist er sich sicher. "Meine Arbeiten sind gewöhnungsbedürftig", sagt Görög selbst. Doch wie wichtig Meinungsfreiheit ist, die so oft auf wackligen Füßen stehe, machte Görög nochmals in seiner Eröffnungsansprache deutlich, indem er einen weiten Bogen spannte und auf Ereignisse und Versäumnisse aus der Politik zu sprechen kam. Kriege und das damit verbundene Leid der Zivilbevölkerung sprach er dabei ebenso an wie die Täuschung der Bevölkerung durch genmanipulierte Nahrungsmittel. Auf Versäumnisse in der Politik gelte es auch in der Kunst hinzuweisen. Seit etwa fünf Jahren ist Görög in seiner Freizeit künstlerisch tätig und platziert nicht selten politische Botschaften in seinen Werken. Bei der diesjährigen Kunstausstellung im Medienpark Westerwald präsentierte er eine Mischung aus Fotografien, Texten und Collagen zum Thema "Sucht & Gesellschaft". 2007 wurde er Zweiter beim Kunstwettbewerb des Dumont-Verlages in Zusammenarbeit mit dem Kölner Stadt-Anzeiger und dem Museum Ludwig in Köln. Im letzten Jahr setzte er sich beim Celeste Kunstpreis gegen 500 Künstler durch und präsentierte als einer von 30 Finalisten seine Werke in Berlin.
Offiziell eröffnet wurde die Galerie durch Bürgermeister Bernd Brato. Er sei zwar, witzelte der Bürgermeister, "der künstlerische Nullpunkt" in diesem Raum, freue sich jedoch, dass hier ein kritischer Treffpunkt im Entstehen sei. Denn in der Gesellschaft werde ohnehin viel zu wenig die kritische Auseinandersetzung gepflegt. Diesen Gedanken schien auch Görög gehabt zu haben. Für die Zukunft sei neben Ausstellungen auch an ein Künstlercafé oder Lesungen zu denken. Und so besteht auch für den wiederaktivierten "Kunstkreis Betzdorf" die Möglichkeit, sich in diesem Rahmen zu engagieren.
Für den Rest des Abends sorgten die beiden DJs Martin Bonnet und Dirk Hollaender für eine angenehme Atmosphäre, bei der man mit Freunden und geladenen Gästen den Abend ausklingen lassen konnte. Vorerst ist die Galerie nur nach Vereinbarung und zu besonderen Anlässen geöffnet. Ansprechpartner ist Mario Görög unter Telefon 02741/970151. (Thorben Burbach)
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Mario Görög mit Sohn Luis und Kai Niederhausen freuten sich über den großen Andrang zur Ausstellungseröffnung. Die beiden Künstler lernten sich auf den Westerwälder Kunsttagen in Altenkirchen kennen. Fotos: Thorben Burbach
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