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Regionalgeschichte: "Zukunft braucht Herkunft"
Zwei interessante Vorträge gab es bei einer Veranstaltung des Forums Pro AK und des Kreise Altenkichen zum Thema Regionalgeschichte im Waldhotel Imhäuser in Marienthal.
Marienthal. Die Bedeutung der Regional- und Kreisgeschichte standen im Mittelpunkt der Veranstaltung in Marienthal. Landrat Michael Lieber, die Heimatfreunde des Kreises und Ulrich Schmalz der Vorsitzende von Pro AK - Forum für Kultur, Wirtschaft & Politik - hatten gemeinsam eingeladen.
Landrat Lieber begrüßte das große Publikum Geschichts-Interessierter, und freute sich: "Die Anmeldungen haben unsere Erwartungen weit übertroffen." Vor rund 100 Gästen aus Schule, Politik, Heimatvereinen und Pro AK-Mitgliedern hielten die beiden Referenten, Professor Dr. Theo Kölzer und Christoph Geibel, ihre Vorträge.
"Geschichte im Kleinen: Heimat- und Regionalgeschichte als Aufgabe" so lautete der Titel des Referates von Theo Kölzer vom Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte und Historische Hilfswissenschaften der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Kölzer stammt aus Steckenstein (Mittelhof) und machte 1968 am Gymnasium in Wissen sein Abitur.
"Ich bin nicht gekommen, um Sie zu überzeugen, dass heimatgeschichtliche Aktivitäten wichtig sind und Sie darüber zu belehren", begann Kölzer seinen Vortrag. "Aber `Zukunft braucht Herkunft` wie es der deutsche Philosoph Odo Marquard in einem seiner Essays beschreibt", betonte er.
Die Schärfung des Bewusstseins für die Bedeutung regionaler Geschichte brachte er in seinen Ausführungen zur Geltung.
Gerade junge Menschen sollten intensiver und besser an die Geschichte der Region herangeführt werden, denn die Globalisierung und die Europäische Einigung drohten den Menschen zu entwurzeln.
Die Verankerung des Menschen in der eigenen Region sei jedoch wichtig, wenn er die überall präsente Eine Welt ertragen, akzeptieren und produktiv mitgestalten soll. Eine solche regionale Identität werde gespeist durch starkes regional-historisches Bewusstsein, das heißt der Auseinandersetzung mit Familien-, Orts- und Heimatgeschichte. Gerade Familiengeschichte sei ein interessanter Ansatzpunkt für Jugendliche, weil man sich aus persönlicher Wissbegierde auf die Spurensuche begebe.
Auch die Individualisierung von Geschichte ist seiner Meinung nach wirkungsvoller als "sterile Ausstellungen oder Publikationen". So habe Kölzers Kollege Michael Mitterauer aus Wien Publikationen mit dem Titel "Damit es nicht verloren geht" angestoßen und veröffentlicht.
"Alles ist wichtig", resümierte Kölzer, "auch die beachtlichen Serien des Heimatjahrbuches im Landkreis Altenkirchen, weil Sie die Kenntnis bewahren von Vergangenem für die folgende Generation."
Nach seinen Ausführungen übergab er an Christoph Geibel, Lehrer am Landgraf-Ludwigs-Gymnasium Gießen, der sich auf dem Gebiet von Schülerwettbewerben zu geschichtlichen Themen bestens auskennt und zum Thema "Spurensuche. Möglichkeiten geschichtlichen Lernens vor Ort" referierte.
Geibel erläuterte den Anwesenden die Bearbeitungsschritte bei Projektarbeiten und die Aufgaben eines Tutors, der die Schüler betreut. Die Beschäftigung der jungen Menschen mit dem eigenen ausgewählten Thema innerhalb des vorgegebenen Rahmenthemas sei in vielerlei Hinsicht fruchtbare Arbeit - das Selbstbewusstsein der Schüler steige, methodisch-wissenschaftliches Arbeiten werde erlernt, es gebe positive Rückmeldungen von Eltern und Großeltern, die sich generationsübergreifend austauschen und die Arbeit werde durch ausgelobte Preise und die Berichterstattung in der lokalen Presse gewürdigt.
Im Kollegium ist Geibel nicht immer auf Verständnis gestoßen, wenn es darum ging, die Schüler aus dem normalen Unterricht heraus zu holen. Er sei jedoch allezeit zielbewusst geblieben. Seitdem hat er mit außergewöhnlichem Engagement zahlreiche Arbeiten betreut, von denen viele auf Bundesebene erste, zweite und dritte Plätze erreicht haben. "Wichtig bei der Arbeit mit Schülern ist es, im Kleinen anzufangen und Erwartungen nicht zu hoch zu setzen, eine Vernetzung zwischen Schülern, Heimatforschern, Zeitzeugen und Archiven herzustellen und einfach auszuprobieren, wie kritisch die jungen Menschen heutzutage sein können", fasste Geibel seine Erfahrungen für die Schüler und Lehrkräfte zusammen.
In einer anschließenden Diskussionsrunde stellte sich heraus, dass es vor allem für die Schulen notwendig zu wissen ist, zu welchen Themen welcher Heimatverein oder Heimatforscher berichten können. Auch der Archivar im Kreisarchiv Altenkirchen wünscht sich den Kontakt zu den Geschichtsexperten der Heimatvereine, um einen Überblick der regen Bestrebungen im Landkreis zu erhalten und in einem "Findbuch" niederzulegen.
Als weiterer konkreter Vorschlag soll ein Schülerwettbewerb für die Schulen im Landkreis Altenkirchen durchgeführt werden, der die kritische Auseinandersetzung mit regionalen Themen vorsieht.
Dr. Alfred Beth, der als Vorgänger Liebers in seiner damaligen Amtszeit Initiativgeber für das Thema "Regionalgeschichte" war, erläuterte nochmals warum die Regionalgeschichte mehr in die Öffentlichkeit und ins Bewusstsein der Menschen gerückt und ihr ein höherer Stellenwert beigemessen werden sollte: "Es ist wichtig, gerade für junge Menschen, zu wissen, wo die eigenen Wurzeln sind, um eine Bindung an die Heimat zu festigen."
Landrat Lieber dankte abschließend den beiden Vortragenden für die wertvollen Impulse und nahm die Anregungen aus dem Publikum als Anstoß für weitere Aktivitäten in Sachen Regionalgeschichte mit.
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Foto: Die Referenten, Christoph Geibel (2. von links) und Professor Dr. Theo Kölzer (2. von rechts), gemeinsam mit den Initiatoren des Abends Dr. Alfred Beth, Landrat Michael Lieber und Pro-AK Vorsitzendem Ulrich Schmalz (von links).
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