Die digitale Desinfektion
Vier Masterstudenten der Universität Siegen haben eine Virtual-Reality-Anwendung entwickelt, mit deren Hilfe Medizinstudierende die chirurgische Händedesinfektion der OP-Vorbereitung trainieren können.
Siegen. Ein Krankenhausflur, am Ende des Ganges ist ein leeres Krankenbett erkennbar. Direkt vor den Augen eine große Tür. Wir schreiten hindurch und befinden uns in einem Vorbereitungszimmer. Es sind Bänke und Spinde mit OP-Kleidung zu sehen. In unserem Blickfeld erscheint die Nachricht „OP-Kleidung anziehen“. Das Training beginnt. Was im ersten Moment etwas futuristisch klingen mag, ist das Ergebnis der studentischen Projektgruppe Tersus (lateinisch für rein) der Universität Siegen am Lehrstuhl Medizinische Informatik und Mikrosystementwurf.
Viel Übung und Disziplin
Adrian Bingener, Philip Gouverneur, Lukas Sayn und Ricardo Schmidt haben unter der Betreuung von Dr. Armin Grünewald eine Virtual-Reality-Anwendung entwickelt, mit deren Hilfe Medizinstudierende die chirurgische Händedesinfektion der OP-Vorbereitung trainieren können. „Das Erlernen der chirurgischen Händedesinfektion ist einer der wichtigsten ersten Schritte, um junge Mediziner in ihrer Ausbildung in den OP zu bringen“, sagt Professor Dr. Veit Braun, Chefarzt der Neurochirurgie am Diakonie Klinikum Jung-Stilling in Siegen, der die Idee zur Trainingsanwendung hatte. Die Händedesinfektion erfordere viel Übung und Disziplin. So passiere es jungen Ärzten und Ärztinnen häufig, dass sie sich unsteril machen würden und zurück in den Waschraum müssten, anstatt bei der OP zu assistieren. Dies diene weder dem Ausbildungsziel, noch sei es für die Medizinstudierenden sehr angenehm, sich vor dem OP-Team zu „blamieren“.
Gesteigerter Lerneffekt möglich
In enger Kooperation zwischen Uni und Klinikum entstand daher eine Anwendung, bei der die unterschiedlichen Schritte der OP-Vorbereitung spielerisch durchlaufen werden können: vom Anlegen der chirurgischen Unterbekleidung, über das mehrstufige Desinfizieren der Hände und Unterarme im Waschbereich, das Betreten des Operationssaals bis zum Anlegen eines sterilen Kittels. Den Abschluss bildet ein Quiz mit Fragen um medizinisches Wissen. Für alle Schritte werden am Ende der Simulation Punkte vergeben. So sollen die Studierenden einerseits motiviert werden, das Szenario mehrfach zu durchlaufen, andererseits wird ein gesteigerter Lerneffekt ermöglicht.
Evaluation steht an
Von dem Mehrwert einer derartigen Trainingsanwendung in der virtuellen Realität ist Professor Braun überzeugt: „Die Anwendung vermittelt die Kenntnisse in stressfreier Umgebung, aber in einem realistischen Setting, und ermöglicht so, die chirurgische Händedesinfektion perfekt zu erlernen.“ In einem nächsten Schritt soll die Anwendung nun mit Hilfe von Medizinstudierenden evaluiert werden. (PM)