Miquel knutscht, Benita zickt rum: Ein Besuch beim Casa de la Lama
Warum Lamas und Alpakas? Was macht man mit denen? Die spucken doch! Fest steht: Die Begegnung mit Lamas und Alpakas ist für jeden eine Bereicherung. Zu Gast beim Casa de la Lama in Katzwinkel, wird das in wenigen Minuten klar. Der AK-Kurier hat sich umgesehen bei Sylvia Happ und ihren Schützlingen.
Katzwinkel. Die Presse wird schon erwartet im Casa de la Lama in Katzwinkel. Nein, nicht von Sylvia Happ, der Besitzerin der vielen Lamas und Alpakas, die hier leben, sondern Miquel und Pedro schauen neugierig um die Ecke, wer zu Besuch kommt. 2012 war eine Tiersendung der Auslöser für den Lama- und Alpakavirus, der die Katzenbacherin Sylvia Happ infizierte. Sie machte sich schlau und erfuhr, dass die Alpakas von den Vikunjas abstammen, die Lamas hingegen von den Guanakos. Lamas erreichen eine Schulterhöhe von 120 Zentimetern, Alpakas sind in der Regel kleiner, um die 90 Zentimeter. Dementsprechend sind die Alpakas mit einem Gewicht von circa 60 Kilogramm deutlich zierlicher als die Lamas, die bis zu 130 Kilogramm auf die Waage bringen. Das Fell der Alpakas ist meistens gleichmäßiger und feiner strukturiert als das der Lamas, daher werden die Tiere insbesondere für die Wollgewinnung gezüchtet. Während die Ohren der Alpakas gerade nach oben stehen, haben die der Lamas eine leicht gebogene Form. Ob zierlich oder größer, wer einmal mit den Tieren zu tun hatte, der weiß um deren Faszination. Egal ob Landwirt oder Manager, Kinder, Männer oder Frauen, sie alle schmelzen dahin bei dieser Begegnung der ganz besonderen Art. Der Blick aus den riesengroßen Augen, die langen, gebogenen Wimpern, dass wuschelige dicke Fell, da wird selbst der Hartgesottene ganz schnell zum Fan.
Ein Traum wurde wahr
So ging es auch Sylvia Happ, die sofort fasziniert war und die Familie mit ihrer Begeisterung ansteckte. Sie besuchte Kurse, erwarb einen Sachkundenachweis, nahm teil an Trekkingtouren. Der Gedanke an den eigenen Hof nahm mit der Suche nach der Fläche für den Stall und dem Auslauf immer mehr Gestalt an. In der idyllischen Landschaft in der Arnsbach in Katzwinkel wurden die Happs schließlich fündig und stiegen erstmalig in ihrem Leben in die Landwirtschaft ein. Ein Traum wurde wahr, das Casa de la Lama wurde Wirklichkeit. Ein gewaltiger Schritt, der das Leben vor allem von Sylvia Happ grundlegend veränderte. Neben der Versorgung der Tiere, dem Sauberhalten des Stalls, dem Training der Lamas und Alpakas, den Trekking-Touren, teils auch mit Kräuterkunde und vielem mehr, kümmert sie sich um Pflege der von ihr gestalteten Internetseite, kreiert Flyer und führt die Buchhaltung. Da wird aus einem Achtstundentag ganz schnell ein Job fast rund um die Uhr.
In ihrem originellen, schön dekorierten Bauwagen, gleich neben dem romantischen Ferienhaus, das alles bietet, was das Herz begehrt, erzählt Sylvia Happ aus ihrem neuen Leben und von ihrer Leidenschaft, dem „Workout für den Kopf“, wie sie es nennt und anbietet. 15 Tiere leben auf dem Hof. Zwei von den Kleinsten, Rosalie und Nayeli, die total knuffig aussehen und an Plüschtiere erinnern, werden im Juli ein Jahr alt, Oskar ist erst sieben Monate, sieht mit seinem Milchbart entzückend aus und ruft immer wieder nach Mama Benita. Der Nachwuchs wird immer zwischen 8 und 13 Uhr geboren, damit die Kleinen in der Sonne trocknen können, weil die Zunge der Muttertiere zu kurz ist um sie zu trocknen. Ist das Wetter ganz unpassend, so können die Tiere den Zeitpunkt der Geburt bis zu einer Woche verzögern.
Carlos ist schüchtern, Amigo will es wissen
Jedes Tier bei Casa de la Lama hat seinen besonderen Charakter, seine eigene Sprache und bis auf Zirkustier Hansi einen spanischen oder portugiesischen Namen. Carlos, der Schüchterne, sucht sich aus, wen er mag. Miquel knutscht gern, was er mit einem Küsschen zur Begrüßung äußerst eindrucksvoll demonstriert. Amigo ist ein kleiner Draufgänger und Showa der Schönling. Ausgerechnet Lama Pedro, das für jeden einsteht, ist das Mobbing-Opfer unter den Tieren. Hansi stammt aus dem Zirkus. Benita ist die Oberzicke unter den Mädels. Mini-Alpaka Talita, Mama von Benita, kommt gerade durch ihre Kleinheit gekonnt durch das tierische Leben. Souza ist die gutmütige Mama von Felia und des zweijährigen, hübschen kleinen Hengstes Juan – und mit der Geburt des kleinen Alpakas jetzt Oma geworden. Alpaka Holly mit den schwarzen Punkten und dem schwarzen Herzchen auf der Flanke ist die gute Tante in der Truppe. Vor nicht allzu langer Zeit neu hinzugekommen ist Arancez, der sich Schönling Showa zum Vorbild genommen hat und sich gerne streicheln lässt. Die beiden sind Wooly-Lamas, ein Zwischending zwischen Lama und Alpaka mit einer Zapfenlockenstruktur, die mit dem Glanz der Wolle einen umwerfenden Look ergibt.
Für Sylvia Happ ist es wichtig, dass sie etwas weitergeben kann. Sie besucht mit den Tieren Menschen in Altenheimen, auch an Demenz Erkrankte und steigt dazu mit den Tieren sogar in den Fahrstuhl, um die einzelnen Stationen zu erreichen. Besucher im Casa de la Lama , oft Städter von weither, versucht sie an die Natur heranzuführen. Die sind hinterher geerdet, haben total abgeschaltet und ihren Stress vergessen. Die Ruhe der Tiere und der Natur haben sich auf sie übertragen. Die Trekking-Touren verlaufen natürlich nicht immer gleich. In der Regel gehen die Menschen immer neben den Tieren her, quasi auf Augenhöhe. Fünf bis zehn Minuten dauert es normalerweise, bis sich Mensch und Tier aneinander gewöhnt haben. Am Anfang der „Mädels“ läuft Alpaka Holly, die ruhige und ausgeglichene. Allerdings kann solch eine Tour auch mal kürzer ausfallen als geplant: Vater und Sohn, zwei baumlange Kerle, hatten eine Vierstunden-Tour gebucht, waren aber in zweieinhalb Stunden wieder auf dem Hof. Sie waren so durchtrainiert, dass Sylvia Happ im Gegensatz zu ihren Tieren Mühe hatte mitzukommen.
Wie funktioniert das Ding?
Schulklassen kommen gerne. Ein Jugendlicher, dem jeglicher Kontakt zu Tieren fremd war, rief bei der Trekking-Tour voller Aufregung um Hilfe: „Das Ding hier will nicht laufen, wie funktioniert das Ding?“ Die Pädagogen der Kinder freuen sich darüber, dass die Teamfähigkeit gestärkt wird und der Umgang mit den Tieren oft eine nachhaltige Wirkung auf die Klassengemeinschaft hat. Selbstverständlich sind auch Menschen mit Handicap gerne gesehen. Eine Rollstuhlfahrerin, die nicht in der Lage war, ihre Gestik zu beherrschen, ruderte wild mit den Armen, was die Tiere naturgemäß erschreckt. Sylvia Happ hat sich Benita geschnappt, an den Rollstuhl herangeführt und die Hand der Frau an Benitas Hals gelegt. Die Frau hat geweint vor Freude und Benita stand ganz still daneben. Das sind Erlebnisse die, Sylvia Happ nicht missen möchte: „Ich bekomme so viel an Glück und Zufriedenheit zurück.“
Für die Tiere können Patenschaften übernommen werden, die nicht nur die Tiere und den Betrieb unterstützen, sondern sozialen Zwecken dienen, wie beispielsweise einem Besuch mit den Tieren im Kinderhospiz in Olpe. Das alles kann natürlich nicht alleine getragen werden, daher wäre es schön, bekäme Sylvia Happ Hilfe, zum Beispiel durch einen Förderverein an ihrer Seite. Gleich neben dem Stall können Erholungssuchende das Ferienhaus der Familie Happ mieten, das Platz für bis zu sechs Personen bietet. Wer Enrico, Amigo, Pedro, deren Gefährten und natürlich auch Sylvia und Georg Happ kennenlernen will, der kann Kontakt aufnehmen: www.lama-urlaub.de. (ma)
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