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Nachricht vom 28.04.2019    

Rita Süssmuth in Oberlahr: Landfrauen sollen Einfluss nehmen

Unter dem Motto „Landfrauen zeigen Flagge“ hatte der Landfrauenverband „Frischer Wind“ nach Oberlahr eingeladen. „100 Jahre Frauenwahlrecht“ war das Kernthema. Als Referentin kam die ehemalige Bundestagspräsidentin und frühere Bundesministerin Rita Süssmuth (CDU) in den Westerwald. Sie forderte die anwesenden Landfrauen und ihre Verbände auf, nicht nachzulassen, den Druck und ihren Einfluss dauerhaft auf die Politik aufrechtzuerhalten.

Rita Süssmuth sprach bei den Landfrauen in Oberlahr. (Foto: wear)

Oberlahr/Kreisgebiet. Wohl dem, der es schafft, eine Persönlichkeit wie Rita Süssmuth als Referentin für einen Fachvortrag zu einem Thema zu gewinnen. Unter dem Motto „Landfrauen zeigen Flagge“ hatte der Landfrauenverband „Frischer Wind“ in den Hotelpark „Der Westerwald Treff“ nach Oberlahr eingeladen. Der Anlass zu dieser Veranstaltung waren die Feierlichkeiten zu „100 Jahre Frauenwahlrecht“. Wer konnte zu diesem Thema überzeugender und authentischer argumentieren als die ehemalige Bundesministerin für Familie, Jugend und Gesundheit sowie ehemalige Bundestagspräsidentin?

Einsatz für die Rechte der Frauen
Im Seminarraum des Hotels hatten sich an die 100 Frauen versammelt, um der Veranstaltung einen würdigen Rahmen zu verleihen. Gerlinde Eschemann, die Vorsitzende der Landfrauen „Frischer Wind“, konnte neben einigen Vertretern der Kommunal- und Landespolitik, unter anderem Landrat Michael Lieber und MdL Heijo Höfer, Petra Bentkämper vom Vorstand des Deutschen Landfrauenverbandes und Ursula Braunewell, die Vorsitzende des Landesverbandes Rheinhessen der Landfrauen, sowie Julia Bieler, die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Altenkirchen, begrüßen. In einem kurzen Statement fasste Gerline Eschemann den schweren Weg zusammen, den die engagierten Frauen im Laufe der Jahrhunderte für ihre Rechte gegangen sind. Es folgten Grußworte, bevor Professorin Dr. Rita Süssmuth an das Rednerpult trat. Der freundliche Applaus, der sie schon beim Betreten des Saales empfing, steigerte sich noch, als sie sie das Wort ergriff. Die Zuhörerinnen begegneten Rita Süssmuth mit einer tief empfundenen Mischung aus Respekt und Anerkennung, zumal am Rednerpult eine Frau stand, deren Name durch ihren unermüdlichen Einsatz für Benachteiligte in der Republik immer mit dem Kampf um die Rechte für Frauen verbunden sein wird. Man kann den Inhalt des Artikels 3, Absatz 2 des Grundgesetzes als Überschrift über das Referat von Rita Süssmuth stellen. „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“

Ein harter Weg
Rita Süssmuth ließ die schier unüberwindlichen Probleme Revue passieren, denen sich die Frauen stellen mussten, die in einer reinen Männergesellschaft für die Rechte der Frauen eintraten. Es war ein verdammt harter und langer Weg, bis letztendlich am 12. November 1918 die Geburtsstunde des Frauenwahlrechts offiziell verkündet wurde: Nunmehr hatten alle Männer und Frauen ab 20 Jahren ein Wahlrecht. Die Rednerin spannte den Bogen aus dem 19. Jahrhundert bis heute, sie wies eindringlich darauf hin, dass der Kampf für die Gleichberechtigung von Frauen noch immer nicht beendet sei. Rita Süssmuth wörtlich: „Frauen werden heute als gleichwertig angesehen, aber sind noch lange nicht gleichberechtigt. Ein Indiz für diese Tatsache ist der Umstand, dass bei einem Bevölkerungsanteil von rund 50 Prozent lächerliche 20 bis 30 Prozent in wichtigen Positionen sind. Es darf keine Parität geben, die dem allgemeinen Wahlrecht widerspricht.“



Landfrauen sollen Einfluss geltend machen
Auch heute noch fänden Bestrebungen statt, das Frauenwahlrecht aufzubrechen, deshalb dürfe der Verband der Landfrauen mit seinen 500.000 Mitgliedern nicht nachlassen, immer wieder seine Stimme zu erheben. Früher hätte sich das Frauenbild manifestiert, Frauen hätten nur eine private Rolle zu spielen, keine öffentliche, und schon gar keine berufliche. Gerade in den ländlichen Regionen sei das Frauenbild immer einem gleichen Schema folgend gesehen worden: Mädchen, katholisch und vom Land. Daraus hätte sich ein geringes Selbstwertgefühl entwickelt, weil den Frauen auch damit ein Angstgefühl eingetrichtert worden sei, dass sie für anspruchsvolle Aufgaben nicht geeignet seien. Gerade im ländlichen Raum wäre dieses Gefühl noch häufig verbreitet, darum der eindringliche Appell von Rita Süssmuth: „Kultur gehört nicht nur in Ballungsräume und Städte, sie gehört auch aufs Land.“ Sie forderte die anwesenden Landfrauen und ihre Verbände auf, nicht nachzulassen, den Druck und ihren Einfluss dauerhaft auf die Politik aufrechtzuerhalten, denn die Frauenquote ist wichtig, aber sie kommt nicht von alleine. Rita Süssmuth beschwor zum Ende ihres Referats nochmals den Zusammenhalt der Landfrauen: „Keiner schafft es alleine, gemeinsam sind wir stark.“

Großer Beifall für Rita Süssmuth
Am Ender des 45-minütigen Vortrags, in freier Rede ohne Manuskript, erhoben sich die Besucherinnen und dankten Rita Süssmuth mit aufrichtigem Beifall. Darin enthalten war die Anerkennung für die Lebensleistung einer Frau im Alter von 82 Jahren, die in diesem Alter immer noch ein Vorbild für die jüngere Generation darstellt. Nach einer Kaffeepause wurde ein Film vorgeführt, der unter dem Titel „Die Hälfte der Welt gehört uns“, aufzeigte, wie das Wahlrecht für Frauen international von Frauen erkämpft wurde. (wear)


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