Marienthaler Forum: Rückblick auf ein halbes Jahrhundert Zeitgeschichte
Mit einem Blick auf ein halbes Jahrhundert Zeitgeschichte gab das Marienthaler Forum einen Rückblick der Politik von 1969 bis heute. Ulrich Schmalz referierte in der Klostergaststätte über die wichtigsten politischen Ereignisse der letzten 50 Jahre sowie seine eigenen politischen Aktivitäten während dieser Zeit. Das Marienthaler Forum ist der Nachfolger des wurde 1994 von Ulrich Schmalz mit engen Freunden gegründeten Forums Pro AK und hat bisher mehr als 400 Veranstaltungen mit Schwerpunkten aus Politik, Kultur und Wirtschaft durchgeführt. Neben den klassischen Vorträgen und Diskussionen waren auch zahlreiche Konzerte, Tagungen und Reisen darunter.
Marienthal. „Blick auf ein halbes Jahrhundert, das vielleicht beste in der jüngeren deutschen Geschichte“ war Thema des Vortrags von Ulrich Schmalz im Marienthaler Forum am Samstagmorgen (18. Mai) in der Klostergastronomie in Marienthal. Was es von 1969 bis heute wichtiges in der Politik und im Zeitgeschehen gab, wurde den Gästen anhand von Fotos auf einer Leinwand präsentiert, während der Gastgeber und gleichzeitig auch Gastredner dazu die passenden Erklärungen abgab. Dabei ging Ulrich Schmalz bewusst auf die Frage ein, wie Deutschland mit vernünftigen Reformen seinen Wohlstand und seine politische Stabilität bewahren kann. Nach Ansicht des Redners gehören dazu ein positiver Streit und mehr Mitwirkung, die er vor allem in der bürgerlichen Mitte vermisse.
Wichtige politische Ereignisse des 20. Jahrhunderts
Zu Beginn seines Vortrags hob Schmalz die seiner Ansicht nach wichtigsten politischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts hervor. Dies waren 1919 die Gründung der Weimarer Republik, 1949 die Verabschiedung des Grundgesetzes und 1989 der Mauerfall. In den Jahren 1949 bis 1966 regierte die CDU/CSU mit FDP und weiteren kleinen Parteien. Er erinnerte an die Kanzler Ludwig Erhard, der als Bundesminister für Wirtschaft als Vater des „deutschen Wirtschaftswunders“ und der Sozialen Marktwirtschaft galt, aber an einer Finanzkrise scheiterte. Sein Nachfolger wurde Kurt Georg Kiesinger in einer ersten großen Koalition. 1969 wurde die Regierung von SPD und FDP durch Kanzler Willy Brandt abgelöst.
Die ersten 20 Jahre von 1969 bis 1989 und Bundesverdienstkreuz
1969 begann auch die politische Laufbahn von Ulrich Schmalz, zuerst als Stadtratsmitglied in Wissen und später als Kreistagsmitglied des Kreises Altenkirchen. 1971 als Landtagsabgeordneter in den Landtag gewählt, ging die von Helmut Kohl geführte CDU als großer Wahlsieger aus der damaligen Wahl hervor. Herausragende Ereignisse während dieser Zeit waren der Besuch von Franz Josef Strauß in Altenkirchen und der Besuch des damaligen Bundespräsidenten Walter Scheel. Politische Daten der 80er Jahre waren 1980 die Gründung der Gewerkschaft Solidarnosc in Polen, 1982 die Kanzlerschaft von Helmut Kohl, 1988 der Sturz von Ministerpräsident Bernhard Vogel nach einer parteiinternen Intrige und der Mauerfall im Jahr 1989. 1987 wurde Ulrich Schmalz das Bundesverdienstkreuz verliehen.
Treffen mit König Abdullah, Arafat und Fidel Castro
1990 erfolgte die Wahl von Ulrich Schmalz in den Bundestag. Die Bundestagswahl 1990 stand damals ganz im Zeichen der deutschen Wiedervereinigung. Die wichtigsten politischen Ereignisse der 90er Jahre waren die Wiedervereinigung, das Ende der Sowjetunion, der Vertrag von Maastricht als Startschuss für die EU und das Ende der Kohl-Regierung im Jahr 1998. Schwerpunkte des Bundestagsmandats von Ulrich Schmalz waren die wirtschaftliche Zusammenarbeit, der Tourismus, die Arbeit in der deutsch-bulgarischen Parlamentariergruppe - als Anerkennung wurde ihm dafür der Orden „Reiter von Madara“ verliehen - und ab 1994 die Mitgliedschaft im Auswärtigen Ausschuss. Nach einem Besuch beim saudischen Botschafter wurde Ulrich Schmalz Berichterstatter für die arabische Halbinsel. In dieser Funktion besuchte er den Kronprinzen und späteren König Abdullah in Jordanien. Ein Treffen mit Arafat wurde bei einer Reise mit dem damaligen Wirtschaftsminister Rexrodt möglich. Weiterhin hat er Gespräche bei Reisen in den Libanon mit Präsident Hariri und nach Kuba mit Fidel Castro geführt. Dabei habe das Treffen mit Fidel Castro, wie sich Ulrich Schmalz erinnerte, mehr als fünf Stunden gedauert. Ereignisse in den 2000er Jahren waren der Irakkrieg, die Wahl von Papst Benedikt XVI., der Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft und die Wahl von Barack Obama als erster afroamerikanischer Präsident der USA, die Katastrophe von Fukushima. Aktuelle Ereignisse sind der Terror im Nahen Osten und die große Flüchtlingswelle.
Prominente Gastredner beim Marienthaler Forum
Nach Gründung des Forums 1994 konnten viele Prominente, aber auch herausragende örtliche Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft als Gastredner gewonnen werden. Dazu zählen beispielsweise Ignaz Bubis, damals Vorsitzender des Zentralrates der Juden in Deutschland, und Theo Zwanziger, von 2006 bis 2012 Präsident des Deutschen Fußball-Bundes. Auch Brigitte Seebacher, Historikerin, Journalistin, Publizistin und ehemalige Ehefrau von Willy Brandt, sowie Norbert Röttgen, ehemaliger Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, konnten als Referenten gewonnen werden. Hans Jäckel, ehemaliger Rektor der Technischen Universität Chemnitz, und Professor Heinz Schilling, deutscher Historiker mit dem Schwerpunkt Frühe Neuzeit waren zu Gast. Alle Aktivitäten des Forums und die Ereignisse können im Buch „Zeitreise“ von Ulrich Schmalz nachgelesen werden.
Ausblick auf die Zukunft
Im Anschluss an 50 Jahre Zeitgeschichte gab Ulrich Schmalz noch einen Ausblick auf die Zukunft. Dabei machte er den Demographischen Wandel, die Renten, die Frauenquote und die tolerierte Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte gegen den Fachkräftemangel zum Thema. Notwendig für die Zukunft sei eine Sozialstaatsbremse, die Sozialleistungen seien seit 2011 um 24 Prozent gestiegen. Ein Drittel der Wirtschaftleistung fließe ins Soziale, die Anteile der staatlichen Investitionen würden reduziert. Dabei müsse man sich hinterfragen, ob die staatlichen Strukturen noch stimmen. Als Beispiel nannte Ulrich Schmalz die Schweiz als Modell der Moderne. In Deutschland seien zu viele Menschen in bürokratischer Funktion, es fehlen Fachkräfte. Auf kommunalpolitischer Ebene ist Ulrich Schmalz der Ansicht, dass man die Verwaltungsaufgaben beim Kreis ansiedeln könne und die Verbandsgemeinden dadurch entfallen können. Zur Wirtschaft bemerkte Ulrich Schmalz, dass die Vollbeschäftigung in Deutschland der Demographie geschuldet oder gedankt sei. Durch Senkung der staatlichen Investitionsanteile in den Haushalten habe man die niedrigste Quote seit 40 Jahren erreicht. Der deutsche Export lebe von Autos, Chemie und Maschinen. Die Veränderung der Antriebstechnik bei Autos verändere auch die Zulieferer. Der Kreis Altenkirchen sei durch hier ansässige Zulieferfirmen der Automobilindustrie indirekt davon betroffen. Der Kreis Altenkirchen ist hoch verschuldet, habe die geringste Kaufkraft und die höchste Auspendlerquote. Deshalb schlage er eine Strategiekonferenz vor, um Lösungsansätze auszuarbeiten. Denn gute Haushaltslagen, so Ulrich Schmalz, seien das aggressivste Momentum für die Parlamente aller Art. Seine persönliche Schlussfolgerung für das nächste halbe Jahrhundert ist, dass das alte allem Anschein nach besser war als das kommende verspricht. (GRI)
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