Wissener Rathausstraße: Einwohner wurden informiert
Die Rathausstraße in Wissen wird nach einem langen Vorlauf nun endlich ausgebaut, die Kanalarbeit sind bereits angelaufen, und in mehreren Bauabschnitten soll sich das Bild der Straße ab Frühjahr 2020 wandeln. Bei einer Einwohnerversammlung der Stadt Wissen am Donnerstag (23. Mai) stellte Stadtbürgermeister Berno Neuhoff „Meilensteine“ für den geplanten Ausbauzustand und den voraussichtlichen Zeitplan vor – bis Ende 2022. Denn das millionenschwere Förderprogramm „Aktive Stadt“ läuft dann für die Stadt Wissen aus.
Wissen. Die alten Fotos mit Baumbestand an der Rathausstraße zeigen prächtige Ansichten der Straße, die einst auch den Namen Kaiserallee trug – und später als eine Hauptverkehrsachse ausgebaut wurde. Bäume sollen bis zur Fertigstellung der Maßnahmen 2023 zurückkommen, zumindest in einem Teil, und auch ansonsten soll die ehemalige Bundesstraße in der Stadtmitte ein neues Gesicht erhalten. Bei einer Einwohnerversammlung im Kuppelsaal der Verbandsgemeinde informierte Stadtbürgermeister Berno Neuhoff über das millionenschwere Bauvorhaben, das mit erheblichen Mitteln aus dem Förderprogramm „Aktive Stadt“ finanziert werden soll. Die Rathausstraße ist lang, und lang war der Weg, um an diesen Punkt zu kommen – der Gestaltungsplan war ausgestellt.
Viel Arbeit für den neuen Rat
Nach der Konstituierung des bei der Kommunalwahl neu zu wählenden Stadtrates komme auf das Gremium viel Arbeit zu, sagte Neuhoff. Der alte Rat, dessen Amtszeit nun endet, habe Vorarbeit geleistet. Aber auch bei den Vorgängergremien war die Rathausstraße immer wieder auf dem Tapet, seit Anfang 2000 ist Bewegung in der Sache. Nun wird es konkret. Die Werke haben bereits mit den Kanalarbeiten in der unteren Rathausstraße begonnen – die neue Verkehrsführung in der Stadtmitte ist ein Ausfluss davon. Es sei eine Einwohnerversammlung, keine Anliegerversammlung, hatte Neuhoff eingangs betont. So werde der Komplex Finanzierung und Ausbaubeiträge bei einer eigens einberufenen Versammlung erörtert – aber am Donnerstagabend kam man nicht ganz an dem Thema vorbei.
Die Notwendigkeit und die Hauptgründe, die erforderlich machen, die Rathausstraße anzupacken, machte das Stadtoberhaupt in seinen Ausführungen deutlich – in Wort und Bild, ober- und unterirdisch. Die Gehwege seien defekt, und es gebe keine Barrierefreiheit. Die Straße mit einer Breite von 15 Metern zwischen den Häuserzeilen, einer elf Meter breiten Fahrbahn plus beiderseitigen Gehwegen hatte als Bundesstraße viel zu verkraften. Die Straße sei uneben, die Fahrbahn zeige Risse, die nicht nur oberflächlich seien. Die mit Platten ausgestatteten Gehwege seien uneben. Auch unter Tage sieht es nicht so gut aus: Die Kanalrohre, teils von 1955, sind defekt und müssen erneuert werden. Nur neue Leitungen in die Erde und die Straße abfräsen, damit lasse sie sich nicht erhalten. Die Breite von 15 Metern mache den Ausbau teuer. Mit Blick auf den Zustand von Straße und Gehweg meinte er, dass es für diejenigen, die zum Beispiel gesundheitlich nicht mehr so fit seien, ein Problem darstelle. Fotos von Kamerabefahrungen zeigten, wie es in den Kanälen aussieht. Im unteren Teil der Rathausstraße habe man sogar schon einen Bruch gehabt: „Wir müssen an den Kanal ran.“ In den Betonrohren aus den 1950er-Jahren fließe es auch nicht mehr so gut ab. Hier wird es künftig ein Trennsystem von Schmutz- und Oberflächenwasser geben.
Einstimmige Beschlüsse
Der Stadtbürgermeister stellte Details dar, wie die Straße sich in den einzelnen Bauabschnitten künftig darstellen soll. Aus dem Programm „Aktive Stadt“, was Fördermittel von 70 Prozent entspricht, sollen zum Beispiel Lampen und Bäume, „der obere Teil der gestalterischen Elemente“, mitfinanziert werden. Insgesamt stehen etwas mehr als sechs Millionen Euro bereit, der größte Teil ist für den Ausbau und die Umgestaltung der Rathausstraße vorgehen. Dreieinhalb Millionen Euro stünden für die Kofinanzierung zur Verfügung. Im März seien im Ausschuss alle Beschlüsse zum Ausbau einstimmig gefasst worden, teilte Neuhoff mit, zum Ausbaustandard und zur Enteignung. Es sei lange diskutiert worden, aber alles einvernehmlich beschlossen worden. Während es sich nach der Kommunalwahl gewöhnlich etwas hinzieht, bis die neuen Gremien sich konstituieren, wird der Stadtrat Wissen sich genau vier Wochen nach den Urnengang zusammen finden. Hier kam Neuhoff dann auf die Beiträge für den Straßenausbau zu sprechen. Derzeit hat Wissen Einmalbeiträge. Das Thema werde gerade auf Landesebene diskutiert. Parallel sei man in Wissen aber auch damit beschäftigt, eine Satzung für wiederkehrende Beiträge zu erarbeiten. Ob man umstellen werde, das sei eine Frage, über die der künftige Stadtrat entscheiden müsse, wenn die Grundlagen dafür vorliegen, sagte der Stadtbürgermeister. Dies soll im Herbst geklärt sein, informierte Neuhoff, der unter dem Stichwort „Meilensteine“ den Ablauf skizzierte.
Mit dem eigentlichen Ausbau beziehungsweise der Umgestaltung wird es im November konkret, wenn der erste Bauabschnitt ausgeschrieben wird. Über die Vergabe soll im Januar entschieden werden. Es sei eng getaktet, sagte der Stadtbürgermeister: Im März oder April, abhängig von der Witterung, soll das beginnen, was man „als Baustelle erleben“ werde. Man müsse es Schritt für Schritt machen, sagte Neuhoff auch mit Verweis auf die Geschäfte entlang der Wissener Einkaufsmeile. Wenn der erste Schritt bautechnisch realisiert ist, was für Oktober 2020 vorgesehen ist, soll es gleich mit der Ausschreibung weiter gehen. Der Projektplan sieht feste Abläufe vor, sodass nach der Ausschreibung des zweiten und dritten Abschnittes im November 2020 bereits die Vergabe der Aufträge terminiert ist. Der Plan sieht vor, dass hier bereits Mitte Dezember 2020 die Bauarbeiten beginnen. Für diese beiden Abschnitte ist eine Bauzeit von anderthalb Jahren eingeplant. Im Anschluss wird der letzte Bauabschnitt, von der Gerichtstraße bis zum Rathaus, angepackt, der schließlich 2023 das Großprojekt der Stadt Wissen abschließen soll.
Bäume, Ladestationen, Platzgestaltung
Zum vorgestellten Zeitplan gab es keine Nachfragen, sodass Neuhoff sich der Gestaltung widmen konnte, wozu er auch historische Fotos präsentierte. Die Rathausstraße soll nach der Fertigstellung wieder gemeinsamer Verkehrsraum für Autos, Fußgänger und Radfahrer sein, berichtete Neuhoff. Als es eine Bundesstraße war, hätten täglich 45000 Fahrzeuge die Straße frequentiert. Heute seien es weniger, und künftig sollen es mit geschätzt 2000 bis 3000 noch weniger sein. Als die Straße Kaiserallee hieß, gab es schon Bäume, was auch die Umgestaltung aufgreift. Es sollen Parktaschen entstehen. Es soll auch Ladestationen für E-Mobilität geben. Im Zuge der der Maßnahme wird sich die Straße, deren Fahrbahnbreite noch elf Meter misst, wesentlich verjüngen, berichtete Neuhoff. Es sind später nur noch sechs Meter. Die Gehwege werden breiter. „Es wird auch gemeinsamen Verkehrsraum geben“, sagte der Stadtbürgermeister. Sowohl vor dem Regio-Bahnhof als auch im Bereich der Einmündung von Mittel- und Gerichtsstraße soll die Straße einen Platzcharakter erhalten. Die Gehwege, die nicht hohe Bordsteine, sondern flache erhalten werden, werden bei den „Plätzen“ auf dem Niveau der Straße sein. „Metallnasen“ geben eine Abgrenzung vor.
„So sieht es aus, wenn es 2023 fertig gestellt sein wird“, sagte Neuhoff und präsentierte auf dem Beamer entsprechende Darstellungen beziehungsweise Montagen, auch wie das LED-Beleuchtungskonzept von oben betrachtet wirken soll. Die Straße wird nicht nur einen anderen Charakter erhalten. Es soll auch eine Temporeduzierung auf 25 Kilometer pro Stunde geben, was Neuhoff kommentierte: „Das wird eine Umstellung werden.“ Während die Straße zwischen Rathaus und Regio-Bahnhof Fahrbahn, Stellflächen und Gehweg – zwischen beiden werden die Bäume gepflanzt – erhalten wird, wird es im unteren Bereich bis zum Europa-Kreisel eine reduzierte Gestaltung geben. Hier soll unter anderem die hohe Wand am Regio-Bahnhof begrünt werden. Bei seinen Ausführungen erwähnte Neuhoff, dass es in Wissen 36 kaputte Straßen gebe, das Investitionsvolumen belaufe sich auf mehrere Millionen Euro.
Ohne Beitragsdiskussion ging es doch nicht
Auf eine entsprechende Frage aus der Versammlung berichtete Neuhoff, dass, für den Fall von wiederkehrenden Beiträgen, große Beitragseinheiten gefasst werden sollen, aber eben nicht die ganze Stadt in einer. Er verdeutlichte auch, dass es zum Beispiel bei dieser Variante berücksichtigt werden müsse, dass es gewisse Schutzpflichten dort gebe, wo bereits eine Straße ausgebaut – also bezahlt - wurde. Das werde man aber noch bei einer entsprechenden Versammlung besprechen, sicherte Neuhoff zu, als ein Einwurf kam, dass wiederkehrende Beiträge von einer anderen Bemessungsgrundlage ausgehen würden, und nach allen Erfahrungen die Kommune besser weg komme, weil der kommunale Beitrag geringer sei als bei einem Einmalbeiträge.
Er habe den Eindruck, dass der Weg doch hin zu wiederkehrenden Beiträgen bereits zementiert sei, meinte ein Einwohner. Er vertrat die Meinung, dass nun eine Satzung für diese Beitragsform erarbeitet werde, „die juristisch sattelfest ist“. Im Stadtgebiet habe man Einmalbeiträge, sagte Neuhoff: „Der neue Stadtrat muss eine Entscheidung treffen.“ Derzeit werde Grundlagenarbeit geleistet. Dies sei vom alten Stadtrat vorbereitet worden, aber es sei keine Vorentscheidung in die eine oder andere Richtung vorgezeichnet. Vielleicht schaffe die Landesregierung den Ausbaubeitrag ab, aber man könne nicht warten, bis das Land entschieden habe, sagte Neuhoff auch mit Verwies auf den Zeitplan für die Umgestaltung der Rathausstraße.
Bei diesem Projekt kam auch die Frage der Rentabilität für die Stadt auf. „Viele Gewerbetreibende warten darauf, dass es los geht“, sagte Neuhoff. Wenn die Straße vernünftig gemacht sei, „dann kommen Menschen nach Wissen“, zum Einkaufen, aber man bekomme auch Zuzüge. Davon würden auch Gewerbetreibende partizipieren. Ökonomisch werde man das erst in Jahren darstellen können, meinte der Stadtbürgermeister, der unter anderem das Kulturwerk anführte, das jährlich große Besucherzahlen nach Wissen hole. „Ich bin überzeugt, wenn wir die Straße attraktiver machen, bekommen wir Menschen hierhin“, sagte Neuhoff und bekam Beifall. Er erwähnte die Stichworte Daseinsvorsorge und Infrastruktur.
Einwohner wollten es genau wissen
Das „selbe Niveau“ von Gehwegen und Straße sorgte einen Einwohner. Es wird befürchtet, dass immense Wassermassen aus den Seitenstraßen nach einem entsprechenden Regenereignis, die heute noch vom Bordsteinen aufgehalten werde, nicht von dem „bisschen Bordstein“ gefasst werden könnten. Von Seiten der Werke hieß es, dass hydraulische Themen und hydrostatische Berechnungen bei der Planung berücksichtigt seien. In dem gleichberechtigten Verkehr habe man keine klassischen Bordanlagen. der Absatz sei niedriger. Nach den Regeln der Technik sei eine vernünftige Wasserführung gegeben. Mit Verweis auf den Rohrquerschnitt wurde von einem leistungsfähigen System gesprochen – insgesamt leistungsfähiger als das in der Vergangenheit. Statt Betonrohren werden Polypropylenrohre im Boden vergraben. Das neue System sei damit aus einem glattwandigen und abriebfesten Material.
Es werden auch weiterhin Parktaschen entlang der Rathausstraße angelegt sein – allerdings in der Summe zehn weniger als bislang. Im Querschnitt betrachtet, wird die künftige Fahrbahn nur noch eine Breite von sechs Metern aufweisen. Die fünf Meter, die gewonnen werden, werden auf beiden Seiten zugeschlagen. Links und rechts der Fahrbahn werden Parkstreifen und Gehwege angelegt. Auf beiden Seiten sollen Bäume gepflanzt werden, zwischen Gehweg und Parkfläche, und immer versetzt zu denen auf der gegenüberliegenden Straßenseite, berichtete Karl-Heinz Henn, Fachbereichsleiter Bauen und Umwelt. (tt)
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