Wirtschaftsförderung: Kirchener Konzept wird als Premiumprojekt gefördert
Als Premiumprojekt wird das interkommunale Gesamtkonzept der Wirtschaftsförderung der Verbandsgemeinde Kirchen gefördert: Bei einem Pressegespräch stellten Bürgermeister Maik Köhler und Tim Kraft, Leiter der Wirtschaftsförderung und des Bauamtes, das Konzept vor, das eine Strategie für die kommenden zehn Jahre bringen soll. Und: Das Konzept wird als Premiumprojekt eingestuft und somit statt mit 60 mit 75 Prozent gefördert.
Kirchen. Problem aufnehmen, ein Konzept entwickeln und so die Wirtschaft stärken: Das sei der Kern des interkommunalen Gesamtkonzeptes, sagte Bürgermeister Maik Köhler am Dienstag (25. Juni) bei e Pressegespräch im Rathaus Kirchen. Tim Kraft, der seit rund einem Jahr in der Kirchener Wirtschaftsförderung tätig ist und auch das Bauamt leitet, sei sehr engagiert, sagte der Verwaltungschef. Kraft habe seither Gespräche mit den Ortsgemeinden und der Stadt geführt, aber auch mit Betrieben, Handwerkern und Gewerbetreibenden. Ziel war es, Problemstellungen zu erfahren, aus denen letztendlich ein interkommunales Gesamtkonzept entwickelt wurde – und das soll ganzheitlich wirken, wie bei dem Gespräch erläutert wurde.
Kirchener überzeugten
„Wir sind glücklich, dass das Konzept so gut angenommen wird“, lenkte Köhler den Blick auf das Förderprogramm. Sowohl bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) als auch beim rheinland-pfälzischen Ministerium für Soziales, Arbeit und Gesundheit und der Lokalen Aktionsgruppe Westerwald/Sieg überzeugten die Kirchener mit ihrem Papier. Bei geschätzten Kosten von 82.500 Euro werden statt 60 sogar 75 Prozent gefördert. Es werden also knapp 62.000 Euro bezuschusst. Vier Bausteine beinhaltet das Konzept, das Tim Kraft vorstellte. Er machte einige Ausführungen zu den Hintergründen. Mit Blick auf Fachkräfte und den demografischen Wandel erwähnte er den „Jugendqoutient“ in der Verbandsgemeinde Kirchen. Hier sei man unterdurchschnittlich repräsentiert. Der Leiter der Wirtschaftsförderung schaute auch auf das Gebiet selbst, zum Beispiel die Topografie, aber er erwähnte zum Beispiel auch Landschaftsschutzgebiete und FFH-Flächen. Er hatte auch Gespräche mit den Ortsbürgermeistern und den Räten geführt. Auch mit einem Teil der Gewerbetreibenden war er bereits im Gespräch, auch um von Problemstellungen zu erfahren.
Gewerbeflächen seien ein gutes Beispiel. Es gebe eine sehr hohe Nachfrage, aber man habe so gut wie keine Flächen, die angeboten werden könnten. Bei der Problemstellung in der Verbandsgemeinde listete Kraft weitere Aspekte auf, etwa nicht vorhandene Ausgleichsflächen, starke negative demografische Entwicklung und für die Entwicklung von Gewerbeflächen schwierige Topografie auf. Es gehe aber auch darum, was Betriebe für ihre Entwicklung wollen und benötigen, zum Beispiel Platz, Fördergelder und Netzwerke. Es gebe zudem keine grundlegende positive Außendarstellung der Region, zum Beispiel im Internet. Man könne das losgelöst voneinander betrachten, sagte Kraft, für den jedoch feststeht: „Es gehört alles komplett und ganzheitlich zusammen.“ Anhand von vier Punkten verdeutlichte er, was „wir“ als Verbandsgemeinde Kirchen benötigen: Gewerbeflächenkonzept, Einbindung der Unternehmen bei der Entwicklung, Ausgleichsflächenanalyse sowie Standortpräsentation. Zu den Bestandteilen eines Gewerbeflächenkonzeptes gehöre es, die momentane Gewerbeflächensituation zu erörtern. Wie viel Flächen sind sofort beziehungsweise später verfügbar? Wo sind Leerstände, Reserveflächen und Unternutzung? Darauf soll es Antworten geben, aber bei der Analyse der Flächennachfrage, etwa: Wie viele Anfragen nicht bedient werden konnten? Oder: An welche Branchen wird verkauft? Es sollen aber eben auch die Unternehmen eingebunden werden, beispielsweise bei der Bedarfsermittlung: Welchen Bedarf haben Unternehmen? Und schließlich soll es auch um die Identifikation von Vorschauflächen gehen, also zum Beispiel welche noch nicht beplanten Flächen entwickelt werden könnten?
Ausgleichsflächenanalyse und Außendarstellung
Auch hier sieht Kraft das interkommunale Gesamtkonzept wieder ganzheitlich – ein Stichworte ist die Ausgleichsflächenanalyse, ein anderes die Außendarstellung. Aus Sicht von Kraft kann das bis in den Bereich der Freizeit gehen. Hier spannte er den Bogen weit, um den Standort Verbandsgemeinde Kirchen herauszuarbeiten. Stichworte waren der Giebelwald mit seinem Natura-2000-Gebiet und Fernwanderweg, aber auch die schnelle Erreichbarkeit der Autobahn. Als weitere Aspekte erwähnte er die Universität Siegen und die Berufsbildende Schule Betzdorf-Kirchen mit Verweis auf Ausbildung. Die gute Erreichbarkeit von Köln und, dass man in vier Stunden am Meer sei, führte er ebenso an. Das Standortmarketing und Gewerbeflächen müsse man ganzheitlich betrachten, sagte Kraft: „Es geht darum, den Standort zu präsentieren“, Arbeit und Netzwerke zu schaffen. Man müsse den Menschen etwas über die Region an die Hand geben, sagte Kraft: Modern sein, anders sein, sich abheben. Die Ortsgemeinden hätten die Grundlage dafür, und die Themen müsse man mit der Verbandsgemeinde herausarbeiten.
Bei dieser interkommunalen Themenstellung möchte man mit den sechs Kommunen gemeinsam Antworten geben, sagte Kraft, der in dem Standort Verbandsgemeinde Kirchen eine wichtige Rahmenbedingung für die Betrieb vor dem Hintergrund der Fachkräftegewinnung sieht. Nachdem das interkommunale Gesamtkonzept nun positive Resonanz gefunden habe, könne man in die Startphase gehen – und die sieht im ersten Schritt die Gewerbeindustrieflächenprognose vor. Gefördert wird das Projekt über das Leader-Programm. Das Gesamtkonzept beinhalte viele einzelne Bausteine, die ineinander greifen würden, sagte Sebastian Dürr, Regionalmanager der Leader-Region Westerwald. Als Handlungsfelder erwähnte er unter anderem Wirtschaft, Demografie und Tourismus. Das Konzept sei als Premiumprojekt eingestuft, sodass es mit dem höheren Satz von 75 Prozent gefördert werde. Stark habe man sich für das Projekt ausgesprochen. Dieses gehe in Richtung eines Maßnahmenbündels, und sei nicht oberflächlich, sondern gehe in die Tiefe, hieß es.
Nach Bedarf planen
Losgehen wird es mit dem Baustein „Gewerbeindustrieflächenprognose“, berichtete Kraft. Es sollen auch Unternehmen befragt werden, um zu erfahren, was notwendig sein wird. So könne man in den nächsten zehn Jahren nach Bedarf planen. Eine Kommune könne so frühzeitig tätig werden, und nicht erst in eine Entwicklung eintreten, wenn jemand nachfragt, erläuterte Kraft mit Blick auf die Vorlaufzeit von bis zu anderthalb Jahren, um Baurecht zu haben. Es sei zeitintensiv, aber es sei wichtig zu den Unternehmen zu fahren, betonte Kraft. In einem Fall habe man beispielsweise einen Schallgutachter hinzugeholt. Es sei wichtig, „sehr eng an den Betrieben zu sein, um solche Sachen zu begleiten.“ Im Laufe des vergangenen Jahres habe er sich bei einem Teil der Unternehmen persönlich vorgestellt. Der Entwicklungsbedarf stelle sich daraus mit einer Flächengröße von rund 30.000 Quadratmetern dar, und bei den Betrieben, die Bedarf hätten, seien rund 600 Mitarbeiter beschäftigt.
Das Konzept umfasst vier Bausteine, wie einer Tischvorlage zu entnehmen ist: Im ersten Schritt soll eine Gewerbeindustrieflächenprognose mit Experten erstellt werden, um Antwort darauf zu erhalten, wie hoch der Flächenbedarf der Region in den kommenden zehn Jahren ist. Danach steht die Unternehmensbefragung zu Flächenbedarf der Betriebe und Größe an. Es soll auch erfragt werden, was wichtig ist und wie die Entwicklung aussieht. Der dritte Baustein ist es, eine Standorthomepage (Betriebe, Fördermittel, Fachkräfte) mit einem lebendigen Netzwerk von Akteuren aus der Wirtschaft der Verbandsgemeinde und Netzwerk aufzubauen. Als vierten Baustein sieht das Konzept vor, mit externen Experten kommunale, aber auch private Flächen, die für das Ökokonto interessant sein könnten, zu analysieren. (tt)
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