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Nachricht vom 28.06.2019    

Experten bescheinigen Überlastung des Nahverkehrs im Rheinland

Die Ideen sind klasse: Kostenloser ÖPNV, vielleicht ein Jahresticket zum Preis von 365 Euro? Das klingt prima. Allerdings: Ein solches Angebot brächte einen Fahrgastzuwachs von 30 Prozent – und das System zum Kollabieren. Der begrenzende Faktor ist insbesondere die völlig überlastete Infrastruktur. Das haben Experten im Auftrag der Verbandsversammlung des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS) herausgefunden. Der Verkehrsverbund informiert hierzu per Pressemitteilung.

Die Diskussionen um kostenlosen ÖPNV oder 365-Euro-Jahrestickets sind derzeit allgegenwärtig. Sollten solche Angebote eingeführt werden, rechnen Experten mit einem Fahrgastzuwachs von rund 30 Prozent. (Symbolfoto: VRS)

Köln/Region. Die Diskussionen um kostenlosen ÖPNV oder 365-Euro-Jahrestickets sind derzeit allgegenwärtig. Sollten solche Angebote eingeführt werden, rechnen Experten mit einem Fahrgastzuwachs von rund 30 Prozent. Doch lassen sich die dafür notwendigen kurzfristigen Kapazitätssteigerungen überhaupt realisieren? Und welche Kosten entstünden durch die zusätzlichen Angebote? Die Mitglieder der Verbandsversammlung des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS) wollten diese Fragen beantwortet haben und beauftragten die Geschäftsführung der VRS GmbH mit der Erstellung einer Untersuchung. Im Fokus stand, welche zusätzlichen Kapazitäten bis etwa 2024 notwendig sind, um Fahrgaststeigerungen von 30 Prozent zu bewältigen und welche Maßnahmen und Finanzmittel erforderlich sind, um diese zusätzlichen Kapazitäten zu schaffen. Projektleiterin Jutta Henninger von der WVI Wermuth Verkehrsforschung und Infrastrukturplanung GmbH mit Sitz in Braunschweig sowie der Kasseler Professor Carsten Sommer vom Institut für Verkehrswesen stellten die Ergebnisse der Kapazitätsuntersuchung nun in der Sitzung der VRS-Verbandsversammlung vor.

Kooperation mit der Universität Kassel
Die Forscher betrachteten für ihre Untersuchung 120 Referenzlinien. Dabei wurden 21 regionale SPNV-Linien, 16 Stadtbahnlinien in Köln und Bonn sowie diverse Bus- und Schnellbuslinien unter die Lupe genommen. Bei der Auswahl der Linien beschränkten sich die Verkehrsexperten auf die besonders kritischen Engpässe. Die Experten verfolgen zwei verschiedene Ansätze. Der eine widmet sich vor allem der Identifizierung überlasteter Linien im Bestandsnetz, für die eine Auslastungsprognose vorgenommen wurde. In Abstimmung mit dem VRS und den angeschlossenen Verkehrsunternehmen wurden für die überlasteten Linien kurzfristig umsetzbare Entlastungsmaßnahmen entwickelt. Hierzu gehören zum Beispiel der Einsatz größerer Fahrzeuge und die Einrichtung von Bus-Parallelverkehren zur Schiene. Der zweite Ansatz untersucht pendlerstarke Verbindungen, für die der ÖPNV aufgrund langer Fahrtzeiten oder ungünstiger Umsteigeverbindungen keine wirkliche Alternative zum Auto darstellt. Für diese Relationen wurden Verbesserungsmöglichkeiten entwickelt.

Überlastung in den Zügen entsteht insbesondere im Zulauf auf die Großstädte
Das erste Ergebnis überrascht nicht wirklich: Die Überlastung in den Zügen entsteht insbesondere im Zulauf auf die Großstädte. Schon heute weisen viele Züge eine deutliche Überbesetzung auf. Auch bei den Bussen und Stadtbahnen wurden bereits heute teilweise Überlastungen festgestellt. Sollte es vor diesem Hintergrund zu einer 30-prozentigen Fahrgaststeigerung kommen, verschärft sich die Situation deutlich. Und dies nicht nur im SPNV, sondern auch im kommunalen Bus- und Stadtbahnsystem. Ein Kollaps des Nahverkehrssystems wäre aller Voraussicht nach die Folge.

Professor Sommer: Der Verkehrsraum muss neu aufgeteilt werden
Der begrenzende Faktor ist insbesondere die völlig überlastete Infrastruktur. Da diese aber bis ins Jahr 2024 nicht ausgebaut ist, sind gezielte Maßnahmen zur Angebotserweiterung erforderlich. Dies sind insbesondere Kapazitätserweiterungen im bestehenden Netz durch Taktverdichtungen, den Einsatz größerer Fahrzeuge sowie Direktverbindungen und Schnellbusse zur Entlastung des überfüllten Bestandsnetzes. Eine Entlastungswirkung, beispielsweise durch einen Expressbus, ist aber nur dann zu erwarten, wenn das Entlastungsangebot attraktiv und zeitlich konkurrenzfähig zum Auto ist. Folglich müssten eigene Busspuren oder zumindest Vorrangrouten für die Schnellbusse geschaffen werden. „Die vorgeschlagenen Maßnahmen im Busbereich können nur dann erfolgreich umgesetzt werden, wenn die Busse nicht im Stau stehen. Daher sind Bevorrechtigungen des ÖPNV erforderlich. Generell muss über eine Umverteilung der Verkehrsflächen diskutiert werden – auch wenn diese Diskussion dem Individualverkehr weh tut. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel bei der Verkehrsplanung, der vorhandene Raum muss für alle Verkehrsmittel neu gestaltet werden", so Professor Sommer.



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Aus der Pendleranalyse wurden einige gebietskörperschaftsübergreifende Relationen identifiziert, für die sich in vielen Fällen Schnellbusse eigenen. Für die Bestellung dieser Verkehre bedarf es aber einer Abstimmung über Kreis- und Stadtgrenzen hinweg. „Der Mobilitätswunsch endet nicht an kommunalen Grenzen. Zur sinnvollen Netzplanung wäre daher die Gründung einer übergeordneten Institution zur zentralen Koordination der zusätzlichen Angebote sinnvoll", so Professor Sommer.

Kosten werden auf rund 120 Millionen Euro jährlich geschätzt
Die Kosten für die von den Gutachtern erarbeiteten Entlastungsmaßnahmen, um Fahrgaststeigerungen von 30 Prozent aufzufangen, werden auf rund 120 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Diese Summe ist allerdings als Untergrenze zu verstehen. Zusätzliche Kosten, die beispielsweise bei der Beschaffung von Elektrobussen anstelle von Dieselbussen entstehen, konnten noch nicht bis ins Detail ermittelt werden.
VRS-Geschäftsführer Michael Vogel betont: „Der ÖPNV kann einen wichtigen Beitrag zu Luftreinhaltung und Mobilitätswende leisten. Die Untersuchung zeigt jedoch, dass eine kurzfristige Fahrgaststeigerung erhebliche Maßnahmen im ÖPNV-System bedarf und mit hohen Kosten verbunden ist. Wir brauchen daher das Bewusstsein, eine neue, moderne Verkehrsplanung einzuführen und auch Einschnitte für den Autoverkehr zu akzeptieren. Dazu müssen die zukunftsweisende Bedeutung des Nahverkehrs erkannt und die entsprechende finanzielle Ausstattung gewährleistet werden."

Bernd Kolvenbach, Vorsitzender der VRS-Verbandsversammlung, bedankte sich bei Gutachtern und VRS-Geschäftsführung für die Arbeit. „Mit den in dem Gutachten aufgezeigten Maßnahmen zur Entlastung sowie zusätzlichen Angeboten im Busverkehr könnten Nachfragesteigerungen im Nahverkehr kurzfristig ausgeglichen werden. Allerdings hat das Gutachten auch gezeigt, dass wir nur mit einem sehr hohen finanziellen Aufwand kurzfristig Entlastungseffekte erreichen können. Diese Finanzlast kann nicht nur von den Kommunen getragen werden. Mittel- bis langfristig wird uns aber nur der Ausbau der Infrastruktur entscheidend weiterhelfen." (PM)


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