Ortstermin zur Wissener Altstadt-Brücke: Fragen bleiben
Bald schon wird sich der Bagger durch die Altstadt-Brücke in Wissen nagen und die ausgearbeitete Umleitung im Alltag ankommen: Im Vorfeld tagte die städtische Verkehrskommission. Und zum Ortstermin waren auch viele Einwohner erschienen. Sie hatten Gelegenheit, Wünsche und Bedenken zu äußern, Fragen zu stellen und zu diskutieren. Das geschah sachlich, ruhig und konstruktiv, an der Einmündung Holschbacher Straße und Hermannstraße. Letztere soll eine Bypass-Funktion übernehmen, allerdings dann mit einer Begrenzung auf 3,5-Tonnen und einer Einschränkung des Parkens auf nur noch einer Seite.
Wissen. Wohl selten dürfte das öffentliche Interesse so groß bei einer Sitzung der Verkehrskommission der Stadt Wissen gewesen sein wie am Mittwoch (10. Juli): In großer Zahl kamen Einwohner zu dem Ortstermin hinzu, vor allem die Anlieger der Hermannstraße. An deren Einmündung zur Holschbacher Straße begrüßte Stadtbürgermeister Berno Neuhoff die Anwesenden. Das waren in der Summe mehr als 50 Menschen, Einwohner und die Mitglieder der Verkehrskommission. Das Interesse lag zweifelsfrei an dem Thema: Denn mit dem näher rückenden Abriss der Altstadt-Brücke an der Landesstraße L 278 wird diese Stelle für den Fahrzeugverkehr gesperrt und damit unpassierbar. Der AK-Kurier berichtete mehrfach.
Wünsche und Bedenken ernst nehmen
Die Alserberg-Brücke, „rote Brücke“, bezeichnete der Stadtbürgermeister dabei als die Aorta, die Hermannstraße als einen Bypass. Denn über die derzeitige Anliegerstraße wird dann auch Verkehr fließen, wenn Abriss und Neubau in dem geplanten Baufenster von 14 Monaten bewerkstelligt werden sollen. Es sei wichtig gewesen, die Anwohner der Hermannstraße anzuschreiben, sagte Neuhoff, der allerdings herausstellte, dass die Verkehrskommission nur eine Beratungsfunktion habe. Wichtig sei es, die Wünsche und Bedenken ernst zu nehmen, und es könnten Fragen gestellt und diskutiert werden, stellte der Vorsitzende heraus. Mit von der Partie war am Mittwoch unter anderem für den Landesbetrieb für Mobilität (LBM) Diez Christian Willwacher von der Straßenmeisterei Altenkirchen, Polizeihauptkommissar Herbert Bahles und Wehrleiter Stefan Deipenbrock und dessen Stellvertreter Daniel Hundhausen sowie Marco de Nichilo vom Ordnungsamt der Verbandsgemeinde.
Zwei Mal habe ein runder Tisch getagt, unter anderem mit Vertretern der Polizei, des LBM und den drei Schulen. Man habe sich viele Gedanken gemacht, sagte Neuhoff. „Es ist die stärkste Zäsur seit dem Zweiten Weltkrieg“, sagte Neuhoff mit Verweis auf die 8.900 Fahrzeuge, die täglich über die Brücke zwischen Altstadt und Brückhöfe rollen – noch bis Anfang August. Denn, so war zu erfahren, dann soll Baubeginn sein.
Nach der Baustelle kommt eine Baustelle
Mit diesem soll bekanntlich die Brücke gesperrt werden – komplett. Ziel sei es, in den Sommerferien zu beginnen, Ampeln aufzustellen und außerhalb des Schulbetriebes zu testen. Neuhoff skizzierte unter anderem, warum keine Ersatzbrücke möglich sei, und Willwacher stellte dar, dass die Brücke auch nicht erst zur Hälfte abgerissen werden könne: Der Überbau „trägt nur als Ganzes.“ Die Brücke sei kaputt, und da müsse man nun durch, sagte Neuhoff: „Und da brauchen wir Ihrer aller Hilfe.“ Auch eine Ponton-Brücke komme nicht in Frage, sagte er, denn der Flusslauf könne nicht verriegelt werden, falls ein Niederschlag wie vor einem Jahr in Betzdorf drohe. Sorge bereite ihm, sagte der Stadtbürgermeister, wenn am 12. August wieder die Schule beginnt. Von 1.500 Schülern hätten 370 keinen Anspruch auf ein Schülerticket, sagte er und nannte das Stichwort „Elterntaxi“. „Meine Hauptsorge ist es, wenn alle fahren würden, könnte nichts mehr funktionieren.“ Eine Möglichkeit sei es, dass 290 Schüler mit dem Bus ab dem Regio-Bahnhof fahren. Neuhoff blickte über die 14 Monate für die Maßnahme Altstadtbrücke hinaus – denn: Es schließt sich die Erneuerung der Kreisstraße Holschbacher Straße im Abschnitt ab der Alserberg-Brücke bis zur Pirzenthaler Straße an.
Zurück zur aktuellen Maßnahme: Alle würden die Zeit am Morgen und Mittag als kritischste Phase ansehen, bei der Entlastung geschaffen werden müsse, wobei Neuhoff auch erwähnte, dass man nur anregen könne. Die Alserberg-Brücke sei die Aorta, da „wird alles drüber gehen“. Deshalb sei ein Bypass wichtig, und das sei die Hermannstraße, auf der bislang auf beiden Seiten geparkt werden kann. Hier wird es Einschränkungen geben. Statt von 7 bis 14 Uhr auf beiden Seiten nicht mehr parken zu können, damit der Verkehr fließen kann, soll zunächst in der besagten Zeit nur auf der linken Seite – bergaufwärts gesehen – nicht mehr geparkt werden können. Wenn dies nicht funktionieren sollte, müsse das Parkverbot in dieser Zeit auf beide Seiten ausgeweitet werden. Für diesen Fall sollen Parkmöglichkeiten geschaffen werden, oben im Bereich Spielplatz und unten auf der Wiese am Kreuz.
Land und Kreis sollen Schülerticket mitfinanzieren
„Das alles beschäftigt uns sehr“, sagte Neuhoff, der auch hofft, dass Land und Landkreis es mit der Übernahme von jeweils zehn Euro für ein verbilligtes Schülerticket sorgen, sodass die Eltern nur 20 Euro finanzieren müssen. „Wir sind auch neun Jahre auf den Alserberg gelaufen“, sagte ein Teilnehmer und erntete Beifall. Auch diese Möglichkeit besteht. Neuhoff skizzierte, dass die Schüler bis an die Weststraße gefahren werden könnten. Über die Unterführung an der B 62, über die Stadionbrücke und weiter bergauf zu den Schulen sei ein sicherer Weg. Man müsse an die Vernunft der Eltern appellieren. Für den Stadtbürgermeister ist hier die am weitesten entfernte Realschule – im ehemaligen Gebäude der Hauptschule untergebracht – das Hauptproblem. Die Einrichtung könnte Wettbewerbsnachteile haben, wenn sich die Sanierung der Holschbacher Straße anschließe. „Kinder laufen nicht drei Jahre zur Schule hoch“, sagte Neuhoff später bei der weiteren Sitzung der Verkehrskommission und erwähnte das verbilligte Ticket: „Wir müssen die Leute auf die Busse bringen.“ Es müsse auch ein finanzieller Anreiz geschaffen werden, sagte der Vorsitzende, der auch das Stichwort Wettbewerb der Schulen erwähnte.
Die Alserberg-Brücke soll in beide Fahrtrichtungen immer nur einspurig befahren werden. Die Zufahrt der jeweiligen Straßen über Ampelregelung gesteuert werden. Bei dem Ortstermin wurde deutlich, dass die mobile Ampel auf der Holschbacher Straße vor der Einmündung zur Hermannstraße in Richtung Morsbach aufgebaut werden sollte. Es werde Rückstaus geben, hieß es bei der Sitzung. Aber der Begegnungsverkehr soll eben nicht klemmen. „Die Laufzeiten werden länger“, räumte Neuhoff ein. Für die Hermannstraße ist keine Einbahnstraßenregelung vorgesehen, hieß es. Bei einer Einbahnstraße würde der Verkehr über die Holschbacher Straße wieder an den Knotenpunkt an der Alserberg-Brücke geleitet. Stattdessen soll geschaut werden, wie bei der nun angestrebten einseitigen Parkregelung der Verkehr läuft. Die Anwohner würden hier – gemeint war die Einmündung auf die Holschbacher Straße – gut herauskommen.
Pendler wollen zum Bahnhof
Die „Anlieger frei“-Schilder der Hermannstraße werden abgenommen, die 30er-Zonen-Schilder bleiben. Es sei angeregt, dass ab September Messinstrumente angebracht werden sollen, antwortete Neuhoff auf die Frage eines Anwohners nach der Überwachung der Geschwindigkeitsbegrenzung. Gerade an dem Anstieg im hinteren Teil der Straße werde Schwung genommen, um hoch zu kommen. „Ich hätte gerne einen Blitzautomat“, sagte der Vorsitzende. Aber man dürfe keinen kaufen, weil Wissen zu klein sei. Ein Einwohner merkte an, dass Menschen zum Beispiel zur Arbeit oder an den Bahnhof müssten. Hier werde es sich stauen, und man müsse jeden Tag eine halbe Stunde mehr einplanen.
„Es wird schwierig“, sagte Neuhoff, der aber auch herausstellte, dass der Landesbetrieb sich die meisten Gedanken gemacht habe. Zu den knapp 9.000 Fahrzeugen, die die Altstadtbrücke täglich befahren, würden nun nicht alle über die thematisierte Strecke fahren, denn es gebe ja auch eine großräumige Umleitung – und Holschbacher Straße und Co. sind keine offizielle Umleitung, wie herausgestellt wurde. Es könne es in den ersten zwei, drei Tagen zu einem Verkehrschaos kommen. Aber niemand habe ein Interesse, in einem Stau zu stehen, sagte Willwacher, es würden andere Wege gesucht. Auch in Kirchen und Betzdorf habe es Befürchtungen gegeben. Es habe sich auf ein verträgliches Niveau eingependelt.
Zum angekündigten Wegfall der Anliegerstraße kam die Frage auf, ob die Hermannstraße dann auch für Lastwagen und Busse geöffnet sei. Grundsätzlich ja, aber auch hier kam man sachlich und konstruktiv zu einem Ergebnis: Neuhoff regte eine Tonnagen-Begrenzung an – und die soll an der Hermannstraße auf beiden Seiten mit dem Schild „3,5 Tonnen“ vorgenommen werden. Das soll in die verkehrsbehördliche Anordnung einbezogen werden. Das Stichwort Begegnungsverkehr sprach Stadtbeigeordneter Wolf-Rüdiger Bieschke an. Um dem bergauffahrenden Verkehr eine Ausweichmöglichkeit zu bieten, sollten in der einseitigen Parkmöglichkeit Bereiche frei gelassen werden: „Dann macht es Sinn, Lastwagen machen keinen Sinn.“
Weitere Alserberg-Anbindung fehlt
Zur den Ampelreglungen berichtete Neuhoff, dass die Polizei zugesagt habe, morgens und mittags zu kontrollieren. Den größten Kollaps befürchtete ein Einwohner morgens und mittags. 370 Schülerinnen und Schüler seien ohne Ticket. Aber es gebe auch eine ganze Menge an Eltern, die ihre Kinder fahren würden, die ein Ticket besäßen. Da nütze keine Ampel etwas, da sei die Polizei gefragt, händisch zu regeln. Um Autos zu reduzieren und Abhilfe zu schaffen, gehe es nur über die Eltern, hieß es bei dem Ortstermin. Die Polizei habe nicht das Personal, um den Verkehr händisch zu regeln, gab der Stadtbürgermeister weiter. Die Schulleiter von Gymnasium und Realschule hätten in Elternbriefen bereits auf den Fußweg Weststraße, Unterführung, Stadionbrücke bis zu den Bildungseinrichtungen hingewiesen, teilte Neuhoff mit. Es seien aber eben auch Busse frei. Er sei kein Freund von Geboten, betonte Neuhoff, der auf Anreize setzt – und zwar mit verbilligten Schülertickets. Er räumte ein, dass dem „Bildungshügel“ eine zweite Anbindung fehle. Aber: Die Stadt habe 20 Millionen Euro Schulden, und auch der Landkreis sei pleite. Die Alserberg-Brücke sei die Aorta, das Nadelöhr, um das sich alles drehen werde.
Angesprochen wurde auch das Stichwort Fahrradfahrer, für die es eine gefährliche Situation sein könnte an der Alserberg-Brücke. Radfahrer könnten die Stadion-Brücke, im Volksmund als „Salamander-Brücke“ bekannt, nutzen, als Fußgänger das Bike über das Bauwerk schieben. Die Sieg-Promenade soll grundsätzlich offen bleiben – mit Ausnahme des Bereiches der Baustelle. Er habe den Vorschlag gemacht, unterhalb des Wisserbaches eine Behelfsbrücke zu errichten, erinnerte der Stadtbürgermeister. Mit dem THW und der Feuerwehr sei man vor Ort gewesen. Für das Aufstellen müsse jedoch erst noch ein Antrag für eine wasserrechtliche Genehmigung gestellt werden. Es müsse auch ein Alarmsystem vorgelegt werden, wie die Konstruktion bei Hochwassergefahr schnell abgebaut werden kann. Die Elemente für die Brücke würde der Landkreis Altenkirchen zur Verfügung stellen.
Fußgängerampel ist nicht vorgesehen
Eine Einwohnerin beschäftigte die Frage, wie man von der Hermannstraße über die Holschbacher Straße zur Kindertagesstätte Lummerland am Stadion kommen könne. Das sei jetzt schon ein Problem. Er verstehe ihr Problem, sagte der Vorsitzende, aber: „Eine Fußgängerampel bekommen wir nicht eingerichtet.“ Das sei aufgrund der Umlaufzeiten für die dann bestehenden Ampeln nicht zu schaffen. Bei der Sitzung prognostizierte Neuhoff, dass sich viele Dinge einfach verlängern werden. Es wurde auch angeregt, vor oder nach den Stoßzeiten Möglichkeiten zu nutzen.
Aus den Reihen der erschienenen Einwohner, das waren nicht nur Anwohner der Hermannstraße, kam die Anregung, auch für die Holschbacher Straße in einem Teilabschnitt ein beidseitiges Parkverbot einzurichten. Genau genommen geht es um den rund 200 Meter langen Bereich zwischen der Einmündung Hermann- und Pirzenthaler Straße. Auch damit zeigte sich die Verkehrskommission einverstanden. Auch das Thema Straßenschäden wurde angesprochen. Der Landesbetrieb habe alle Straßen im Rahmen einer Beweissicherung aufgenommen und dokumentiert, berichtete der Stadtbürgermeister. Etwaige Schäden könne man so später feststellen.
„Wir schauen uns die ersten Tage an“, versprach Neuhoff. Auch das einseitige Parken. Sollte dies nicht funktionieren und beidseitig nicht mehr geparkt werden können, dann werde man elf Stellplätze schaffen, in dem Flächen geschottert werden, teilweise müsse man dann jedoch weiter laufen. „Wir warten, was da kommt“, meinte ein Anwohner bei dem Ortstermin. (tt)
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