Eine alte, faltige Bekannte: Felsfalte bei Hövels ist Geotop des Jahres 2019
Einst lag das Wissener Land in Äquatornähe. Seitdem sind 400 Millionen Jahre vergangen und die Erdmassen haben sich erheblich bewegt, bis sie die Kontinente bildeten, die wir heute kennen. Entstanden ist unter anderem eine Felsfalte bei Hövels, die vom Nationalen Geopark Westerwald-Lahn-Taunus als „Geotop des Jahres“ ausgezeichnet wurde.
Hövels. Eine Felsfalte bei Hövels ist das Geotop des Jahres 2019. Aus sachlichen und fachlichen Gründen ist die Wahl zum „Geotop des Jahres“, eine Auszeichnung, die der Nationale Geopark Westerwald-Lahn-Taunus vergibt, auf das Geotop Felsfaltung bei Hövels gefallen. Sie ist ein eindrucksvoller Stellvertreter einer ganz besonderen Reihe von geologischen Strukturen im Wissener Land. Die Felsfaltung in Hövels zeigt im Kleinen, wie ein erdgeschichtlicher „Auffahrunfall“ die Landschaft der ganzen Region prägte. Geotope sind Gebilde der unbelebten Natur, die als „Fenster in die Erdgeschichte“ Erkenntnisse über die Entwicklung der Erde und die Entstehung des Lebens vermitteln. Im Beisein von Landrat Dr. Peter Enders, Achim Heinz vom Bergbaumuseum Sassenroth, dem zertifizierten Waldpädagogen Eberhard Klein, Knut Rehn und Jan Gräf vom Geopark sowie Vertretern der beteiligten Kommunen und Tourismusorganisationen wurde das Geotop am Sonntag (15. September) feierlich eingeweiht. Eine aufgestellte Gabione mit Infotafel des Nationalen Geopark Westerwald-Lahn-Taunus wird künftig Besucher über das Geotop des Jahres 2019 informieren.
Erdgeschichte soll begreifbar werden
Peter Enders übernahm die Begrüßung der Gäste anlässlich der Auszeichnung dieses besonderen steinernen Zeugen der Erdgeschichte. Er dankte dem Team der Geotoppark-Geschäftstelle sowie Jochen Stentenbach von der Verbandsgemeindeverwaltung Wissen und Achim Heinz, dem Leiter des Bergbaumuseums des Kreises Altenkirchen, für die Vorbereitung und Organisation des kleinen Festaktes. Der Leiter des Nationalen Geoparks, Knut Rehn, gab einen kurzen Überblick über die Arbeit des Geoparks, der sich zum Ziel gesetzt, hat die Geschichte der Erde im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar und aktiv erlebbar zu machen: „Wir versuchen das, was seit Jahrzehnten, teils seit Jahrhunderten vorhanden ist, zu vernetzen und neu in Wert zu setzen.“ Ziel sei es, dass die Menschen im Ort wüssten, auf welchem Boden sie stehen und wo die gesamte wirtschaftliche Entwicklung der Region herkomme. Die geologischen Besonderheiten der Region in Westerwald, Taunus und Lahntal und die daraus resultierenden reichen Rohstoffvorkommen prägten die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung bis in die Gegenwart. Der Schutz und die Pflege von Geotopen sei eine globale Aufgabe, denn viele Geotope seien, wenn sie einmal zerstört sind, nicht regenerierbar. Rehn überreichte das Schild mit der Auszeichnung „Geotop des Jahres 2019“ an Landrat Enders und den Bürgermeister der Stadt Wissen, Berno Neuhoff. Auch Rinhold Bröhl, Beigeordneter der Verbandsgemeinde Wissen und der Hövelser Ortsbürgermeister Wolfgang Klein waren mit von der Partie.
Als das Wisser Land in Äquatornähe lag
Achim Heinz und Eberhard Klein, der auch ehrenamtlicher Mitarbeiter des Bergbaumuseums des Kreises Altenkirchen ist, erläuterten den interessierten Zuhörern die geologischen Besonderheiten der Felsfalte: „Vor 400 Millionen Jahren, zur Zeit des Devons, befand sich das Wisser Land noch in Äquatornähe und war von einem Schelfmeer bedeckt. Flüsse spülten Sande und Tone in das Flachmeer, die sich dort Schicht für Schicht ablagerten und im Lauf der Jahrmillionen zu festem Gestein wurden. Im nachfolgenden Zeitalter des Karbons wanderte der Südkontinent Gondwana – zu dem das heutige Afrika gehörte – nach Norden und kollidierte schließlich mit Laurussia. Dabei schob Gondwana die zwischen den Kontinenten liegenden Meeresablagerungen wie ein Bulldozer vor sich her. Vor rund 320 Millionen Jahren verfestigten sich die devonzeitlichen Ablagerungen unter dem Druck, legten sich in Falten, zerbrachen, erhoben sich über den Meeresspiegel und schoben sich schließlich zum Teil auf das nördliche Festland. Das Wisser Land wurde als Teil der Knautschzone wie ein Teppich von zwei Seiten zusammengeschoben und aufgefaltet, seine Ausdehnung reduzierte sich um die Hälfte. Flüsse, Wind und Wetter legten im Quartär, dem jüngsten Zeitabschnitt der Erdgeschichte, die Spuren dieses Aufpralls wieder frei. An solchen freigelegten Auffaltungen wie der Spitzfalte in Hövels sind mit etwas Glück Überreste des vergangenen Meeres wie versteinerte Wattböden mit ihrer markanten Rippelstruktur und Fossilien von Meerestieren sichtbar.“
Zurückblicken, um die Gegenwart zu verstehen
Für Achim Heinz war dieser Termin ein ganz besonderer, keine Routine. Seit 33 Jahren hänge ein Foto der Felsfalte bei Hövels im Bergbaumuseum, sie sei also quasi eine alte, faltige Bekannte von ihm. Immer wieder mal habe man die Ausstellung in Sassenroth überarbeitet, das Foto hänge immer noch. „Wir können gut mit Steinen umgehen“, so Dr. Franz Straubinger von der hatzfeldt-wildenburgischen Verwaltung. Die Steine seien die Basis von sämtlichen Bodenbildungen. Er freue sich sehr, auch im Namen des Eigentümers Hermann Graf von Hatzfeldt, dass jetzt das Geotop benannt worden sei, das in den Forstkarten schon lange abgebildet wäre. Über die letzten 900 Jahre sei der Fels nicht ausgeplündert worden, ein Zeichen für den Respekt vor solchen Formationen. „Wir müssen zurückblicken, um die Gegenwart zu verstehen und wir müssen auch die Gegenwart verstehen um die Zukunft zu bilden.“
Hövels in einer Sonderausstellung
Zeitlich mit der Auszeichnung zum „Geotop des Jahres“ gibt es im Bergbaumuseum des Kreises Altenkirchen in Herdorf-Sassenroth eine Sonderausstellung: „Die Gruben um Niederhövels an der Sieg und ihre Mineralien“. Die Ausstellung ist täglich außer Montag von 10 bis 12 und von 14 bis 17 Uhr geöffnet. (ma)
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