Kultur |
Sommerfestival mit José Feliciano und Arlo Guthrie
Ein Sommerfestival, das Siegen als Kulturmetropole profilieren wird. Nicht nur, dass mit José Feliciano und Arlo Guthrie zwei Musiklegenden auftreten werden, auch das übrige Programm wird weit über die Region hinaus für Aufmerksamkeit sorgen.
Siegen. "Hip Hop meets Woodstock" - die beiden Schlagwörter beschreiben am besten die thematischen Schwerpunkte des diesjährigen Sommerfestivals in Siegen. Im Juni steht das Festivalgeschehen zunächst ganz unter den Vorzeichen Tanz & Ballett. Im Vorfeld der alljährlichen Tanz-Shows der beiden Siegener Ballettschulen Reindt (11., 12., 13. Juni) und Meister (26./27. Juni) startet das diesjährige Sommerfestival am 4. und 5. Juni mit einer außergewöhnlichen Tanzproduktion: Das Renegade Dance Theatre bringt "Rumble" auf die Apollo-Bühne. Zur Überraschung vieler Experten erhielt "Rumble" den 1. Preis beim weltgrößten Kulturfestival, dem Edinburgh Fringe Festival.
Wie Bernsteins "West Side Story" liefert das mit internationalen Tänzern besetzte Renegade-Ensemble ein spannendes Remake von Shakespeares "Romeo & Julia". Aus 200 Bewerbern wurde die Compagnie zusammengestellt, um das explosive Gemisch aus Tanz und Leidenschaft auf die Bühne zu bringen. Kampferprobte Straßentänzer treffen auf klassisch ausgebildete Bühnentänzer, Breakdance und HipHop auf Modernen Tanz. Headspins, Beatboxing und Akrobatik faszinieren ebenso wie poetische Liebesszenen - dieser Mix macht den besonderen Reiz von "Rumble" aus.
Ein zweiter Tanz-Höhepunkt beim Sommerfestival - ebenfalls mit Breakdance- und Hip-Hop-Background - ist der Auftritt der Soul Street Dance Company aus Houston/Texas am 18. Juni. Das Quartett firmiert auch unter "Houston Hip Hop Ballet" und verblüfft sein Publikum mit der originellen Idee, Tanzfiguren aus Breakdance und Hip Hop zu kombinieren mit der Einspielung aus völlig "artfremden" Musikgenres wie Klassik, Pop und Jazz. Im Vorfeld des Gastspiels bieten die vier jungen Texaner im Apollo und in "BlueBox Workshops" für alle Interessierten an - mit der Chance auf einen Kurzauftritt gemeinsam mit den Profis von "Soul Street" im Rahmen ihrer Abendvorstellung.
Unter dem programmatischen Titel "Klassik meets Filmmusik, Jazz und Rock" beschließt das Collegium Musicum am 4. Juli den Indoor-Teil des Sommerfestivals mit einer Konzertmatinee im Apollo. Verstärkt durch das Blechbläserensemble "Pian e forte" und der Band des prominenten Siegener Gitarristen Peter Autschbach, "Terminal A", hat das Collegium unter der Leitung des Dirigenten Klaus Tenner ein echtes Crossover-Programm zusammengestellt.
Eine der wichtigsten Programmsäulen vergangener Festivals war die Präsentation von Internationalem Straßentheater auf den Plätzen in der Siegener Innenstadt. Nach 2001 und 2003 kommt das in Münster beheimatete Theater Titanick - weltweit bekannt als deutsches Aushängeschild für Theater im öffentlichen Raum - erneut nach Siegen und präsentiert am 9. Juli auf dem Schlossplatz sein neues Open-Air-Spektakel über die Irrfahrt eines Theaterensembles. Die Homersche "Odyssee" bildet den Ausgangspunkt der Inszenierung, in der der skrupellose Regisseur einer fahrenden Theatertruppe seine Version des klassischen Stoffs gegen alle Widerstände auf die Bühne bringen will. Verblüffende technische Effekte, Wasserfontänen, Feuer und literweise Blut: Kämpfe, Naturgewalten und Stürme, denen schon Odysseus trotzen musste, toben hier im wahrsten Sinne des Wortes über die Bühne. Das ist saftiges und kraftvolles Theater, wie man es von Titanick kennt - und ein besonderer Festival-Tipp.
Nach der Begeisterung über die Deutschlandpremiere des Street-Dance-Projekets "VibeZ - Streets of Berlin" im letzten Jahr gibt es zum Abschluss der diesjährigen Hip-Hop-"Trilogie" am 10. Juli ein Wiederholungsgastspiel-– und zwar dort, wo es "hingehört" - auf dem Theatervorplatz, mitten im Herzen der Stadt.
Nur wenige Tage darauf wird das Programm am Oberen Schloss fortgesetzt. 40 Jahre nach Woodstock präsentiert das Sommerfestival mit der Aufführung des gleichnamigen Dokumentarfilms als ‚Director’s Cut’ (29. Juli) und Konzerten von José Feliciano (15. Juli) und Arlo Guthrie (30. Juli) zwei absolute Musikerlegenden aus den Zeiten von Love & Peace.
José Feliciano, geboren 1945 in Puerto Rico und aufgewachsen in New York, nahm als 19-Jähriger seine erste Platte auf - und ist 55 Platten später immer noch ein Superstar. Mit "Light my fire" und "Hi Heel Sneakers" gelangen dem blind geborenen Sänger Welthits, die auch heute noch im Radio gespielt werden. Nie zuvor hatte es jemand geschafft, im weltweiten Popgeschäft Erfolg zu haben und gleichzeitig im spanisch und portugisisch sprechenden Teil der Welt zur Legende zu werden. "Alive Alive O" gilt als eines der besten Live-Alben aller Zeiten - und sorgte für politische Kontroversen: Feliciano kritisierte in einem witzigen Blues ("No dogs allowed") die britische Gesetzgebung, die ihm das Mitbringen seines Blindenhundes verwehrt - die Folge: die Gesetze wurden geändert. Kontroversen hatte er auch mit seiner Version des "Star Spangled Banner" ausgelöst, die vielen „zu unpatriotisch“ klang - weshalb rechte Kreise vehement Felicianos Abschiebung forderten. Sein trockener Kommentar: "Man kann mich nur zusammen mit den ganzen Steuergeldern abschieben, die ich dem US-Finanzamt jährlich einbringe." Wie lebendig und präsent der geniale Pendler zwischen Soul und Latin, Flamenco und Pop nach wie vor ist, belegt eine Live-DVD, die 2008 in Paris mitgeschnitten wurde. Zusammen mit fünf Begleitmusikern gastiert Feliciano am 15. Juli am Oberen Schloss.
Arlo Guthrie ist definitiv der witzigste Geschichtenerzähler, der je vor einem Mikro gestanden hat. Mit 13 startete der älteste Sohn des legendären Folksängers Woody Guthrie ("This land is your land") seine Karriere, begleitet von Blues- und Folk-Musikern wie Cisco Houston, Leadbelly, Odetta und vor allem seinem väterlichen Freund Pete Seeger. Die drei Live-Alben des Gespanns Guthrie/Seeger haben Kultstatus, seine Konzerte sind Ereignisse von höchstem Unterhaltungswert. Der internationale Durchbruch kam 1967, als Guthrie auf dem Newport Folk Festival mit dem 18-minütigen Talking-Blues "Alice’s Restaurant Massacre" Musikgeschichte schrieb: Die im Sprechgesang vorgetragene, bürokratie- und militärkritische Geschichte wurde später von Kultregisseur Arthur Penn als "Alice’s Restaurant" verfilmt - mit Arlo in der Hauptrolle. Noch heute wird der überlange Song im amerikanischen Radio gespielt. Dann kam Woodstock. Seine dort vorgetragene Fassung von "Amazing Grace" und Bob Dylans "Walking Down the Line" ließen Arlo für die Amerikaner zur Verkörperung des Woodstock-Mythos werden. Sein Song "City of New Orleans" (1972) wurde ein Welthit. 1992 wurde er für das Album "Woody’s 20 Grow Big Songs" für einen Grammy nominiert. Auch heute noch geht der Folksänger fast jedes Jahr auf Tournee - und macht in diesem Jahr zusammen mit dem Berliner Folksänger Wenzel Tournee-Stop im Siegener Schlosshof (30. Juli).
Hochkarätiger Musikgenuss, unterhaltsam verpackt und garniert mit charmantem Entertainment - so lautet auch das Rezept für die Gastspiele des Kölner Kult-Entertainers Linus (23. Juli), der A-Cappella-Boyband Viva Voce (24. Juli) sowie der frischgebackenen Gewinnerin des Deutschen Kleinkunstpreises, Tina Teubner (16. Juli).
Kein Sommerfestival ohne erstklassige Comedy: Am 17. Juli gibt es ein Wiedersehen mit den beiden Superstars des britschen Humors: Krissie Illing und Mark Britton kommen nach Siegen - diesmal nicht als "Nickelodeon" in ihrer Rolle als William & Wilma, sondern mit Ausschnitten aus ihrem jeweiligen Soloprogramm.
Neben dem Kindertheater in den Ferien (an jedem Feriensamstag um 4 Uhr im Schlossgarten) hat sich das Siegener Schlossfest zum festen Bestandteil des jährlichen Festivalreigens entwickelt und markiert gleichzeitig dessen Abschluss. Die diesjährige vierte Ausgabe des Schlossfestes am 1. August beinhaltet wieder ein ganztägiges Bühnen- und Walk-Act-Programm mit 20 Vorstellungen auf sechs Szenenflächen und lockt vor allem Familien und Kinder auf den Siegberg. Viel Spaß versprechen vor allem die "historischen Führungen" mit dem im Ruhrgebiet beheimateten Impro-Theater Emscherblut. Einen Vorgeschmack gibt das Ensemble bereits am Vorabend (31. Juli) mit seiner Improshow, mit der auch schon ein Impromatch gegen die Kollegen der legendären Bonner "Springmaus" gewonnen wurde.
Infos zum diesjährigen Sommerfestival gibt’s im Netz unter www.sommerfestival.com, Karten sind an allen lokalen und regionalen Vorverkaufsstellen des Apollo-Theaters zu bekommen.
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Foto: José Feliciano ist schon zu Lebzeiten eine Legende.
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