Leitungsdoppelung sichert Trinkwasserversorgung im AK-Land
Die Versorgungssicherheit mit Trinkwasser von mehr als 100.000 Menschen im Landkreis Altenkirchen wurde mit einer Leitungsdoppelung und einer Investition von 15 Millionen Euro erhöht: Bei einer Feier am Übergabeschacht „Seifen“ wurde der rheinland-pfälzische Teil offiziell in Betrieb genommen. Das Wasser fließt von dort über zwei neu verlegte Rohre in den Landkreis Altenkirchen. Von „einem sehr großen Projekt für die Infrastruktur im nördlichen Rheinland-Pfalz“ sprach Michael Wagener, Verbandsvorsteher des Zweckverbandes Wasserversorgung Kreis Altenkirchen (WKA).
Wissen. Unter Tage, im Übergabeschacht „Seifen“ des Aggerverbands im Holperbachtal, drehten Staatssekretär Dr. Thomas Griese vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten und Dr. Ulrich Kleemann, Präsident der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord an einem der Stellräder: Mit diesem symbolischen Akt wurde die neue Trinkwasserleitung auf rheinland-pfälzischer Seite am Freitag (22. November) offiziell in Dienst gestellt, im Beisein von Vertreter von WKA, Aggerverband und Kreiswasserwerk Neuwied - und genau genommen sind es zwei Leitungen. Der alte Durchfluss aus den 1970er-Jahren wurde komplett von zwei neuen Rohren ersetzt. Es ist also eine Leitungsdoppelung, mit der die Versorgung der Bevölkerung im Landkreis Altenkirchen mit dem Lebensmittel Nummer 1, Trinkwasser, künftig sicher gestellt werden soll. „Wir haben eine sicher Versorgung“, verdeutlichte Verbandsvorsteher Wagener. „Zugleich steht künftig für den Notfall ausreichend Wasser für das im Verbund angeschlossene Kreiswasserwerk Neuwied zur Verfügung“, heißt es in einer Pressemitteilung.
In dem Übergabeschacht „Seifen“, der schon im bergischen Land liegt, gleich an der Grenze der Verbandsgemeinde Wissen, gehen die zwei Rohrstränge raus in das AK-Land – unterirdisch in Richtung Pirzenthal. Auf der gegenüberliegenden Seite des Schachtes kommt bislang eine Leitung des Aggerverbandes an. Aber auch hier soll ab Sommer 2020 eine zweite Leitung angeschlossen sein, sodass künftig aus zwei Rohren das Trinkwasser im Übergabeschacht ankommen wird. Auf NRW-Seite wird derzeit neben der bestehenden Leitung eine zweite in die Erde gebracht – eben auch eine Leitungsdoppelung.
Feierstunde am Übergabeschacht
Zur offiziellen Einweihung hatten sich unter anderem Vertreter aus den Verbandsgemeinden im Landkreis Altenkirchen am Treffpunkt Hof Hagdorn (Verbandsgemeinde Wissen) eingefunden, um im Shuttlebus in das Holperbachtal zu fahren. Am Übergabeschacht wurde bei einer Feierstunde die neue und verdoppelte Trinkwasserleitung eingeweiht. Bei der mehr als 20-minütigen Fahrt war im Holperbachtal mit seinen idyllischen Flecken gar nichts von den zwei Rohren zu erahnen, die dazu beitragen, das das Wasser über ein rund 230 Kilometer langes Hochdrucknetz in die Verbandsgemeinden des Landkreises Altenkirchen transportiert wird – damit es letztendlich aus den Armaturen in den Haushalten von Niederschelderhütte über den Stegskopf bis Willroth sprudelt. Vom Übergabeschacht „Seifen“ wurden zwei Leitungen mit einem Durchmesser von 600 Millimetern auf einer Strecke von 2.200 Metern bis zum Verteilerbauwerk „Hof Holpe“ verlegt. „Ab hier erfolgt eine Trennung der Wasserwege in die sogenannte Ost-Gruppe (die Verbandsgemeinden Wissen, Betzdorf-Gebhardshain, Kirchen, Daaden-Herdorf) und in die sogenannte Süd-West-Gruppe (die Verbandsgemeinden Hamm, Altenkirchen, Flammersfeld)“, heißt es in der Pressemitteilung, und weiter: „Ein circa 4.200 Meter langer Streckenabschnitt mit einem Nenndurchmesser von 400 Millimetern der Süd-West-Gruppe im Holperbachtal wurde ebenfalls durch eine Doppelleitung aus Stahl ersetzt.“ Die Siegquerung bei Pirzenthal wurde mit zwei Gussleitungen erneuert.
„Ein sehr großes Projekt für die Infrastruktur im nördlichen Rheinland-Pfalz“, sagte WKA-Verbandsvorsteher Michael Wagener, seines Zeichens Bürgermeister der Verbandsgemeinde Wissen. Es freue ihn, dass man sich nun hier treffe, sagte Wagener, der unter anderem Staatssekretär Dr. Thomas Griese sowie Dr. Ulrich Kleemann, Präsident der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord begrüßte. Ein Gruß galt dem Vorstand des Aggerverbands, Prof. Dr. Lothar Scheuer. Der Verband sei ein verlässlicher Partner bei der Wasserversorgung, so Verbandsvorsteher Wagener. Eine Teilnehmerin begrüßte Wagener, die Landtagsabgeordenete Jessica Weller. Unter den Teilnehmern waren weiter auch Bürgermeister und Vertreter der Kommunen sowie Leiter der Werke.
Natur holt sich Trasse wieder
Man sei eine gute Strecke mit dem Omnibus gefahren, und ab Pirzenthal auch an der kompletten neuen Trasse entlang, sagte Wagener: „Sie sehen, wie sich die Natur die Trasse wiedergeholt hat“. Kurz nach der Jahrtausendwende, blickte der Verbandsvorsteher zurück, habe man sich beim WKA damit beschäftigt, eine zweite Standleitung als Notversorgung zu installieren. Dies sei man gemeinsam angegangen. Auch die Kollegen aus Neuwied seien mit ins Boot gekommen. Ausdrücklich stellte Wagener heraus: „Wir haben das Land immer an unserer Seite gehabt“. Die Grundidee sei für richtig befunden worden. Hätte man diese Unterstützung nicht gehabt, dann „hätten wir noch keine Notleitung“, sagte Wagener, der weiter das Stichworte Miteinander anführte. In vertrauter Weise seien die Dinge mit dem Aggerverband abgearbeitet worden. „Unser Teil ist schon vollendet“, sagte Wagener. Buchstäblich sei man dabei durch die Sieg gegangen. In früheren Zeiten sei dies immer ein neuralgischer Punkt gewesen, so der Verbandsvorsteher.
Er spannte den Bogen zur Rohrstrecke auf NRW-Seite. Diese sei bereits sehr weit fortgeschritten. Dort wird nur eine neue Leitung verlegt, die bestehende soll saniert werden. Auf rheinland-pfälzischer Seite wurden hingegen komplett zwei neue Rohre im Erdreich verlegt. Wagener blickte auch auf die andere Seite des Landkreises Altenkirchen, zum Landkreis Neuwied. Als Vertreter war hier Stefan Herschbach, Geschäftsführer der Stadtwerke Neuwied und Betriebsführer des Kreiswasserwerkes Neuwied, erschienen. Denn hier wurde eine bestehende Leitung an das Leitungsnetz des WKA angeschlossen. So sei man nun in der Lage, auch Neuwied helfen zu können und sich selbst auch helfen zu lassen, verdeutlichte Wagner die Möglichkeiten - und: „Wir stehen so gut miteinander da, dass wir auch für andere Nachbarn interessant geworden sind.“
Trinkwassergewinnung beruht auf dem Grundwasser
Während ein paar Meter unter dem für die Feierstunde aufgebauten Zelt das Wasser sprudelte, sprach Staatssekretär Griese oben den Klimawandel an und erinnerte an die deutlich zurückgehenden Niederschläge, gerade in den beiden vergangenen Jahren. 2018 sei ganz extrem gewesen, weil der durchschnittliche Niederschlag deutlich zurück gegangen sei. Er spannte den Bogen zur Grundwasserneubildung. Die Trinkwassergewinnung beruhe auf dem Grundwasser, und das „muss uns alarmieren“. Überschwemmungen in Bangaldesh, Brände in Australien: Dies führte Griese exemplarisch an und wurde deutlich: „Wer meint, uns betrifft das nicht, der ist auf dem Holzweg.“ Er sprach an, was der Klimawandel an Schäden anrichte. Die wärmsten fünf Jahre seit der Wetteraufzeichnung seien die vergangenen fünf gewesen. Allein rund vier Millionen Bäume im Land seien abgestorben. Der Borkenkäfer habe sich exorbitant vermehrt. „Das alles bedeutet: Der Klimawandel ist hier.“
Beim Trinkwasser müsse man sichern. Quellen, die als sicher gegolten hätten, seien nicht mehr so sicher. Das brachte er an einem Beispiel näher, wo nach seinen Worten alle örtlichen Brunnen versiegt seien. Als eine Ringleitung eingeweiht wurde, seien die Leute dankbar gewesen, zum Beispiel ein Milchbauer, der seine Tiere mit Wasser versorgen muss. „Das ist die Dramatik, vor der wir stehen“, betonte Griese. Es müsse noch engagierter Klimaschutz betrieben werden. Was hier getan worden sei, „ist sehr sinnvoll“, attestierte der Staatssekretär mit Blick auf die Investition in das Projekt Leitungsdoppelung. Dies hätte man nicht machen müssen, wenn man keinen Klimawandel hätte. Dann hätte eine neue Leitung ausgereicht, ließ er wissen. So sei man nun besser gewappnet. Ministerium, Land und SGD hätten das Projekt „aus großer Überzeugung gefördert“. Von den Gesamtkosten von 15 Millionen Euro fördert das Land Rheinland-Pfalz zwölf Millionen Euro. „Das ist eine Hausnummer.“ Dies verdeutliche auch, „das teuerste im Klimaschutz ist unterlassener Klimaschutz“, sagte Griese: „Unterlassener Klimaschutz in der Vergangenheit führt dazu, dass wir das machen.“
Finanziert über den Wassercent
Froh zeigte er sich, dass es so schnell realisiert wurde. Finanziert werde es über den Wassercent, den das Land Rheinland-Pfalz 2013 eingeführt hatte. Diese Umweltabgabe animiere dazu, möglichst wenig Wasser zu verbrauchen, und sie werde wieder zweckgebunden eingesetzt, sagte der Ministeriumsvertreter und blieb beim Wassercent beim Bild des Wassers: „Es kann nicht versickern.“ Griese hatte nun einen weiteren Förderbescheid über 340000 Euro dabei. Diese splittet sich in einen Zuschuss von 35000 Euro sowie ein zinsloses Landesdarlehn für laufende Projekte, hieß es. Verbandsvorsteher Wagener sprach auch den verlässlichen Partner Aggerverband an, der auf der anderen Seite des Übergabeschachtes „Seifen“, auf NRW-Gebiet, eine zusätzliche Leitung baut. Das Land Rheinland-Pfalz habe nicht gesagt, hier vorne ist Schluss, betonte der Verbandsvorsteher, denn sonst wäre es auch hier vorne zu Ende. Man sei einen pragmatischen Weg gegangen: „Was für sinnvoll erachtet wird, wird gemeinsam getan.“ Das Land Rheinland-Pfalz fördere den NRW-Teil.
Für den Aggerverband sprach Prof. Dr. Lothar Scheuer. Er ging auch darauf ein, dass man einen Klimaveränderung feststelle. Der Aggerverband besitze 800 Hektar Wald, als Wasserschutzwald betrieben – und: „Unser Holz geht auch nach China, weil so viel Holz auf dem Markt ist.“ Man müsse sich überlegen, „wie wir diese Wälder neu bepflanzen“. Scheuer berichtete, dass man genug Wasser habe, und auch in den vergangenen zwei Jahren habe man genügend Wasser gehabt. Die beiden Talsperren seien gut voll. Man habe zwei unabhängige Talsperren im Verbundsystem. Für 29 Millionen Kubikmeter habe der Verband die Wasserrechte, 23 Millionen Kubikmeter gebe man ab. Während viele Jahre der Verbrauch zurückgegangen sei, sei die Tendenz steigend. Man müsse auch für eine ausreichende qualifizierte Reinigung sorgen. Ein „super Verhältnis“ habe man mit dem Landwirten im Einzugsgebiet. Beim Nitrat habe man nur acht Milligramm pro Liter, unterstrich er: „Wir haben hier ein super Wasser, das in Kooperation mit den Landwirten erreicht wird.“ Seit Mitte der 1970er-Jahre liefert der Aggerverband Trinkwasser an den Landkreis Altenkirchen – und: „Dieser ist mit mehr als fünf Millionen Kubikmeter ein bedeutender Abnehmer.“ Deshalb sei es „uns wichtig, dass sie auch künftig zuverlässig Wasser bekommen“. Sieben Kilometer werden jenseits der des Übergabeschachtes auf NRW-Gebiet gebaut. Bis auf anderthalb Kilometer sei alles fertig, informierte Scheuer bei der Feierstunde.
Der Klimaschutz war in den Reden ein Thema. Scheuer machte auf eine CO2-Einsparung bei dem Bauprojekt aufmerksam, was mit einer neuen Vorgehensweise zu tun habe. Denn die Leitung werde nicht mehr in Sand verlegt, der erst aus dem Rheintal hätte herbei geschafft werden müssen. Ein Unternehmen fraktioniere den Bodenaushub mit einer kleinen Siebanlage, zum einen in Bettungsmaterial, zum anderen in Material zum Einbau. So sollen rund 550 Lastwagentouren verhindert worden sein. Scheuer wünsche sich, dass der Teil auf NRW-Seite im Sommer 2020 fertig gestellt sein wird. Danach soll die bestehende Leitung aus den 1970er-Jahren saniert werden, mit einer Innenauskleidung. Danach stünden zwei Leitungen in voller Leistung zur Verfügung, sagte Scheuer.
Karl-Horst Stark in den Ruhestand zu verabschiedet
Das Projekt der Leitungsdoppelung im Überblick, wie es in der Pressemitteilung dargestellt ist: Auf NRW-Seite wird vom Hochbehälter „Freiheit“ - hier kommt das Wasser aus der Wiehltalsperre an, aus der der Landkreis Altenkirchen sein Wasser bezieht - eine 6.970 Meter lange Leitung aus Gusseisen neu verlegt. Diese hat einen Nenndurchmesser von 600 Millimeter und wird parallel zur bestehenden Leitung errichtet. Im Juli 2019 hatte der Aggerverband mit den Tief- und Rohrleitungsbauarbeiten begonnen – in Richtung Übergabeschacht „Seifen“. Im August 2017 war dieser bereits umgebaut worden. Von diesem Punkt aus wurden auf rheinland-pfälzischer Seite und bis zum Verteilerbauwerk „Hof Holpe“ die zwei 600er-Leitungen über eine Strecke von 2.200 Meter in die Erde gebracht und im September 2017 in Betrieb genommen. Weiter geht es über 3.400 Metern bis zum „Eingang Pirzenthal“: Diese zwei Stahlrohre haben jeweils einen Durchmesser von 400 Millimetern und sind seit April 2019 im Dienst. Von Pirzenthal bis zum Spülschacht Sieg wurden ebenfalls Stahlrohre verlegt, zwei und über eine Strecke von 560 Metern. Zwei 160 Meter lange Leitungen wurden für die „Siegkreuzung“ bei Pirzenthal unter die Erde gebracht. Auch diese Bauarbeiten dokumentierten bei der Feierstunde Fotos auf zwei Stellwänden.
Die Einweihung nutzte Verbandsvorsteher Wagener, um „den Vater des Projektes und der Leitung auf rheinland-pfälzischer Seite“ in den Ruhestand zu verabschieden. Karl-Horst Stark war fast 40 Jahre beim Zweckverband WKA beschäftigt. Der langjährige Mitarbeiter war Projektleiter für die Leitungsdoppelung beim WKA. Obwohl Karl-Horst Stark bereits im Ruhestand ist, habe er das Projekt weiter begleitet, erkannte Wagener an und dankte dafür, was der heute 65-Jährige alles für den WKA getan habe. Man geht mit Wehmut, sagte Stark und stellte heraus, dass er gerne für den WKA gearbeitet habe. Nach den Reden wurde im Übergabeschacht die Leitungsdoppelung offiziell in Betrieb genommen. (tt)
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