Verkaufsoffener Sonntag im Dezember: Wunsch in der Region ist da
Steter Tropfen höhlt den Stein: Noch scheint das Ziel weit entfernt, ehe es auch in Rheinland-Pfalz die Möglichkeit gibt, an einem Adventssonntag, der in den Dezember fällt, die Geschäfte für wenige Stunden öffnen zu dürfen. Deswegen hat sich die Industrie- und Handelskammer (IHK) Koblenz aufgemacht, mit Aktionen auf die Unausgewogenheit in deutschen Landen hinzuweisen.
Altenkirchen. Sonntagmorgen, erster Advent, 11 Uhr, Altenkirchen, Kölner Straße 9: Die rund 20-köpfige Gruppe vor dem geschlossenen Intersport-Fachgeschäft Hammer, die auf Initiative der IHK-Regionalgeschäftsstelle Altenkirchen zusammengekommen ist, möchte mit dieser kleinen "Demonstration" auf einen Missstand aufmerksam machen, der seit Jahr und Tag die lokale Geschäftswelt erzürnt. Laut rheinland-pfälzischem Ladenöffnungsgesetz ist es verboten, an einem Dezember-Sonntag die Geschäfte zu öffnen. Nur wenige Kilometer entfernt, zum Beispiel in Hennef, darf an diesem ersten Tag des letzten Monats des Jahres von 13 bis 18 Uhr geshoppt werden. Die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich abgefassten Vorgaben machen es möglich. Fällt der erste Advent jedoch auf den letzten Sonntag im November, wie im kommenden Jahr wieder, steht der Öffnung der Geschäfte auch in Rheinland-Pfalz nichts im Weg.
Werbegemeinschaften auch vertreten
Oliver Rohrbach, Geschäftsführer der IHK-Dependance in der Kreisstadt, freute sich, dass neben Vertretern aus der Politik auch Abordnungen der Werbegemeinschaften aus Altenkirchen, Wissen, Herdorf, Gebhardshain, Hachenburg und Daaden ihren Unmut über die Schieflage kundtaten. "Es wird im Kammerbezirk nicht die einzige Aktion bleiben, wir werden immer wieder den Finger in die Wunde legen", versprach er, wohl wissend, dass sich die Landesregierung in Mainz in dieser Frage seit Jahren nicht bewegt. Die verantwortliche Ministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler war um eine Teilnahme gebeten worden, hatte jedoch nach einer eher recht "kurzfristigen Einladung", so Rohrbach, abgesagt. Allgemein gilt, dass ein verkaufsoffener Dezember-Sonntag einer der umsatzstärksten Zeiträume eines gesamten Jahres ist.
Mittelfristig keine Änderung
Landrat Dr. Peter Enders, über zwei Jahrzehnte Mitglied im rheinland-pfälzischen Landtag, sprach mit Blick auf das benachbarte Bundesland Nordrhein-Westfalen von einem Dilemma, in dem sich die Randgebiete des Kreises Altenkirchen befinden. Gleichfalls machte er den Akteuren vor Ort wenig Hoffnung auf eine Änderung in der aktuellen Legislaturperiode, die im Mai 2021 endet. "Momentan ist kein politischer Wille vorhanden, sich des Themas anzunehmen. Wenn Dinge auffallen, müssen sie nachreguliert werden", erklärte Enders, "Kollegen im Landtag werden dranbleiben." Es müsse ein Mittelweg zwischen dem Schutz der Mitarbeiter, einer berechtigten Forderung der Gewerkschaften, und den Interessen des Handels vor Ort gefunden werden.
Buchhandlung hat geöffnet
"Die Landesregierung versteckt sich hinter der Gewerkschaft ver.di und der Kirche", formulierte IHK-Beiratsmitglied Volker Hammer seinen Ärger über die aktuelle Situation, "so kommen wir nicht weiter." Als Gegenbeispiel führte er den Buchladen der Abtei Marienstatt auf, der jeden Sonntag öffnen dürfe. "Wir wollen es ja bei vier Sonntagen im Jahr belassen, an denen unsere Läden verkaufsoffen sind", fuhr Hammer fort, "nur möchten wir selbst bestimmen, wie wir sie festlegen." Alle regionalen Einzelhändler hätten mit Frequenzverlust zu kämpfen, viele Leerstände prägten inzwischen die Städte im Westerwald, "wir sind auf diesen Sonntag im Dezember angewiesen." Volker Schürg, Vorsitzender des Werberings Hachenburg, berichtete von einem Schriftwechsel im Einbahnstraßen-Modus mit der Landesregierung: "Antwort haben wir nie erhalten." Er gab den Umsatz an diesem speziellen Tag im Weihnachtsvorfeld mit zwei Prozent des kompletten Jahres an.
Regelung auf Bundesebene
Auch Fred Jüngerich, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Altenkirchen, ist die Problematik lange geläufig. "Schon zu meiner Zeit in der entsprechenden Abteilung der Verwaltung in den 1990er-Jahren gab es Beschwerden wegen dieses Sachverhalts", erinnerte er sich. Es handele sich um eine Wettbewerbsverzerrung für die ländlichen Gebiete im nördlichen Rheinland-Pfalz. "Dass die Geschäfte geschlossen bleiben, ist für alle nicht zuträglich", ergänzte er und verdeutlichte: Bleibt ein Geschäft zu, macht es weniger Umsatz, folglich nehmen die Kommunen auch weniger an Gewerbesteuer ein". Deshalb forderte Jüngerich eine bundeseinheitliche Regelung: "Dann ist die Kuh vom Eis!" (hak)
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