„Verbandsgemeindeverbindungswege“: Klotz am Bein der VG Altenkirchen
Es ist schon ein Wortungetüm, das noch nicht einmal im Duden Aufnahme gefunden hat: Verbandsgemeindeverbindungswege. Von diesen bituminös befestigten "Straßen unterster Ordnung" besitzt die Verbandsgemeinde Altenkirchen eine ganze Menge. Zudem sind sie ein Alleinstellungsmerkmal. Denn nirgendwo auf der Welt gibt es Strecken mit genau derselben Bezeichnung.
Altenkirchen. Da hat die Verbandsgemeinde (VG) Altenkirchen auf ihre allerletzten Tage immer noch einen großen Klotz am Bein: ihre Verbandsgemeindeverbindungswege. Schon seit einigen Jahren ist sie bemüht, sich von diesen Routen zu trennen; sprich die Unterhaltungspflicht wieder in die Hände derer zu geben, die dem Verständnis nach verantwortlich sein müssen, den Ortsgemeinden. Die Strecken schaffen kurze Entfernungen zwischen Dörfern, ohne dass ein Autofahrer auf Kreis-, Landes- oder Bundesstraße ausweichen zu muss. Waren es in der "Blütezeit" einmal knapp über 90 Kilometer, so sind es, alldieweil die Fusion mit der Verbandsgemeinde Flammersfeld schon in aller Deutlichkeit am Horizont zu sehen ist, nur noch 25 Kilometer. Und bis zum Zusammenschluss am 1. Januar des kommenden Jahres wird sich diese Zahl auch nicht weiter verringern.
Keine originäre Aufgabe der VG
Die Unterhaltung dieser Verbandsgemeindeverbindungswege ist keine originäre Aufgabe einer VG. Warum sie sich seit mehreren Jahrzehnten diesem Treiben verpflichtet hat, ist final nicht ganz zu eruieren. Jedenfalls übernahm die VG Altenkirchen diese Aufgabe bereits von ihren Vorläuferinnen, den Ämtern Altenkirchen und Weyerbusch, die 1972 zur VG Altenkirchen verschmolzen. Inzwischen kritisierte der Landesrechnungshof schon mehrfach das Gebaren, dass die Ausgaben für die Instandhaltung mit der VG nach Hause gehen. Wie Altenkirchens VG-Finanzchefin Annette Stinner darlegte, summierten sich die Kosten für Rückübertragungen zwischen 2014 und 2019 auf rund 1,14 Millionen Euro.
Mit Fusionsvertrag definiert
Selbst in der Vereinbarung zur Hochzeit der beiden Gebietskörperschaften wird diesen Abschnitten Raum gegeben. In den Einzelbestimmungen (Paragraf 14, Satz 1) heißt es: "Die Verbandsgemeinde Altenkirchen unterhält seit Beginn der 1970er-Jahre eine Vielzahl von Wirtschaftswegen, die als notwendige Verbindungen zwischen den einzelnen Dörfern angesehen werden. Eigentümer dieser Wirtschaftswege sind nach wie vor die Ortsgemeinden. Die Unterhaltung der Wege (Fahrbahn) durch die Verbandsgemeinde ist eine freiwillige Leistung, für die grundsätzlich die Ortsgemeinden zuständig wären."
Zwei Modelle
Nun gibt es zwei Modelle, um den Ortsgemeinden die "Rückübertragung" schmackhaft zu machen. Zum einen bietet die VG eine vorgeschaltete Sanierung auf eigene Kosten an (rund 1,01 Millionen Euro zwischen 2014 und 2019), zum anderen die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 6,16 Euro pro Quadratmeter Wegefläche, wenn die Strecke noch sehr gut in Schuss ist (rund 136.000 Euro zwischen 2014 und 2019). Kompliziert wird es, wenn Zuschüsse fließen sollen. Da schreibt das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) als Fördergeber eine Mindestbreite des Weges von 3,50 Meter vor, die viele der heimischen "Abkürzungen" gar nicht erreichen, weil sie es meistens nur auf glatte 3 Meter bringen. Im Umkehrschluss bedeutet diese Vorgabe, dass vorab in Vermessung und Grunderwerb investiert werden müsste, um der DLR-Richtline für eine Ausdehnung nachzukommen. Und das rechnet sich in den allermeisten Fällen erst gar nicht, wobei es hin und wieder Ausnahmen des DLR für eine Bezuschussung gibt. Am liebsten ist der VG, wenn sich eine Ortsgemeinde, deren Rat ebenfalls die "Wiedereingliederung" beschließen muss, für eine auf den Cent genaue Entschädigungszahlung ausspricht. Denn den Kosten für Sanierungen sind dank explodierender Preise im Baugewerbe in den zurückliegenden Jahren nach oben Tür und Tor geöffnet. Festgezurrt im "Ehevertrag" der beiden VGs ist, dass eine Finanzierung gegebenenfalls über eine Sonderumlage für die Ortsgemeinden der (ehemaligen) VG Altenkirchen erfolgt, die der (ehemaligen) VG Flammersfeld mit solchen Ausgaben nicht belastet werden.
Beispiele für "erledigte" Strecken
Ein Beispiel für eine Rückgabe per Entschädigungszahlung ist der ehemalige Weg Nr. 1: Er führt von Helmenzen in den Altenkirchener Stadtteil Leuzbach. Die VG zahlte der größeren Kommune knapp 25.000 Euro, der kleineren knapp 2600 Euro. Zuvor hatten beide Räte diesem Vorgehen zugestimmt. Mehr als 100.000 Euro musste die VG für die Sanierung von Weg Nr. 60 in der Gemarkung Werkhausen aufbringen, der auf einer Länge von rund 1500 Metern aufgehübscht wurde, ehe ihn die Ortsgemeinde wieder in ihre Obhut nahm. (hak)
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