Fall des Monats: Gackernde Hühner und krähender Hahn zu laut?
Zwei Nachbarn in einem kleinen Ort im Bezirk des Amtsgerichts Diez an der Lahn streiten über die Frage, welche Beeinträchtigungen durch die Haltung von Hühnern und einem Hahn hinzunehmen sind. Dazu urteilte nun auch das Gericht.
Zum Sachverhalt: Die Parteien sind Nachbarn in einem kleineren Ort mit weniger als 250 Einwohnern, der ländlich geprägt ist. Die Bebauung besteht überwiegend aus Einfamilienhäusern mit relativ großzügigen Grundstücken. Im Ortsgebiet halten zumindest drei Personen Hühner, so auch der Beklagte und zwar ca. 25 Hühner sowie einen Hahn. Hieran stört sich die Klägerin. Im Verfahren trägt sie vor, der Hahn krähe jeden Morgen ab ca. 4:00 Uhr, was zu einer unerträglichen Lärmbelästigung für sie und ihren Ehemann sowie einer erheblichen Beeinträchtigung ihres Schlafes führe. Auch tagsüber führe der Aufenthalt der Hühner und des Hahnes im Freien zu erheblichem Lärm. Zudem verursache der Kot der Tiere Gestank. Die Klägerin begehrt deshalb eine Unterlassung der Tierhaltung.
Der Beklagte verteidigt sich damit, der Ort sei ländlich geprägt. Insoweit seien die entstehenden Geräusche-und Geruchsemissionen als ortsüblich anzusehen. Das Amtsgericht hat sich in einem Ortstermin einen persönlichen Eindruck verschafft und nach den dort getroffenen Feststellungen die Klage abgewiesen. Hiermit hat sich die Klägerin nicht abgefunden, sondern das Urteil mit der Berufung angegriffen. Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass die von den Hühnern und dem Hahn ausgehenden Beeinträchtigungen nicht als ortsüblich anzusehen seien.
Die Entscheidung
Das Landgericht folgt im Urteil vom 19. November 2019 der Auffassung des Amtsgerichts und hat die Berufung zurückgewiesen.
Im Einzelnen
Nach § 1004 Abs. 1 BGB kann ein Eigentümer Beseitigung einer Störung seines Eigentums verlangen. Insoweit hat die Kammer zugunsten der Klägerin angenommen, dass das Krähen eines Hahnes an vorher nicht bestimmbaren Tages- und Nachtzeiten aufgrund desdadurch entstehenden kurzfristigen aber kräftigen Lärmimpulses als Störung anzusehen
ist. Dies verhilft der Klage allerdings noch nicht zum Erfolg. Der Anspruch auf Beseitigung ist nach § 1004 Abs. 2 BGB nämlich ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung der Beeinträchtigung verpflichtet ist. Eine solche Duldungspflicht ergibt sich vorliegend aus § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB. Danach ist sogar eine wesentliche Beeinträchtigung eines Grundstückes hinzunehmen, wenn diese durch eine ortsübliche Benutzung eines anderen
Grundstückes entsteht und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die dem Nutzer des anderen Grundstückes wirtschaftlich zumutbar sind. Hier hat das Landgericht die von dem Amtsgericht aufgrund des Ortstermines gewonnenen Feststellungen zugrunde gelegt, wonach es sich bei der Haltung von Hühnern und einem Hahn um eine ortsübliche Nutzung des konkreten Grundstückes handelt.
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Die hiervon ausgehenden Beeinträchtigungen sind nach den weiteren Feststellungen der Kammer auch nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen zu verhindern. Der mit der Errichtung eines schalldichten Stalles verbundene Kostenaufwand würde nämlich nach Einschätzung der Kammer die Haltung eines Hühnervolkes mit Hahn als Nebenerwerb, wie vorliegend, völlig unrentabel werden lassen. Dies hätte absehbar das Ende privater Kleintierhaltung auch in ländlichen Gebieten zur Folge. Eine Geruchsbelästigung war zudem nach den Feststellungen des Amtsgerichtes auf dem Grundstück der Klägerin nicht wahrnehmbar, was diese letztlich in der Berufung auch nicht mehr angegriffen hat.
Die Klägerin wird also weiter das Gackern der Hühner und das Krähen des Hahnes hinnehmen müssen. Eine Entschädigung hierfür würde ihr nur dann zustehenden, wenn dadurch das zumutbare Maß überschritten wäre, was hier aber nicht der Fall ist. (PM)
Landgericht Koblenz – 6 S 21/19 - Urteil vom 19. November 2019
Amtsgericht Diez - 13 C 186/19-Urteil vom 19. Dezember 2018