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Um die Wolf-Garten-Arbeitsplätze wird gekämpft
Wolf-Garten und Betzdorf - das ist eine Geschichte, verbunden mit Generationen und vielen Familien. Die plötzlich angekündigte Schließung des Werkes durch den amerikanischen Konzern MTD sorgte für erste Solidaritätsbezeugungen mit den rund 240 Mitarbeitern, die nach dem Insolvenzverfahren noch arbeiten. Es bahnt sich in Betzdorf ein heißer Sommer an, der womöglich auch im fernen Cleveland/Ohio, dem Muttersitz von MTD Inc., für unangenehme Temperaturen sorgen wird.
Betzdorf. Im Sitzungssaal des Betzdorfer Rathaus herrschte die Farbe rot und gelb am Mittwochnachmittag vor und es gab viele ernste und traurige Gesichter. Denn nicht nur zahlreiche Pressevertreter hatten sich eingefunden, sondern auch viele Wolf-Mitarbeiter, die aktuell etwas zur Situation ihres Unternehmens erfahren wollten. Die Firma Wolf-Garten ist Betzdorf und Betzdorf ist Wolf-Garten - so stand es auf den Transparenten und Bürgermeister Bernd Brato, Landrat Michael Lieber, der IG-Metall-Bevollmächtigte Leonhard Epping, Betriebsratsvorsitzende Petra Alof sowie die Kollegen des Betriebsrates, Stephan Kreps und Jacqueline Schneider, gaben ihre Einschätzungen zur beabsichtigten Schließung des Standortes Betzdorf.
Die Ankündigung der Schließung des Werkes Wolf-Garten Betzdorf durch den amerikanischen Konzern MTD (Modern Tool and Die Company) hatte am Montag die Menschen völlig überrascht, auch die örtlichen Politiker, die IG Metall und vor allem auch Bürgermeister Bernd Brato. Es sei nun eine schwere Situation für Betzdorf eingetreten, mit noch unbekanntem Ausgang. "Ich bin jetzt der stärkste Anwalt an ihrer Seite, es lohnt sich zu kämpfen. Vor allem für die Familien, aber auch für die Geschichte der Stadt, die mit Wolf-Garten untrennbar verbunden ist", sagte Brato. Es soll nun eine konzertierte Aktion geben, man müsse die Aktivitäten bündeln, regte Brato an. Die Solidarität des Kreises mit dem Schicksal des Standortes Betzdorf und des Unternehmens betonte auch Landrat Michael Lieber. Lieber regte ein Bündnis an, unabhängig von Parteien, Institutionen und machte Mut, nicht kampflos aufzugeben.
Leonhard Epping, der IG-Metall-Bevollmächtigte, sieht den Kampf um die Arbeitsplätze am Standort in Betzdorf noch völlig offen. Er berichtete von den Vorgehensweisen der MTD-Aktiengesellschaft, die nur schwer verständlich sei. So habe der Mutterkonzern von heute auf morgen die Schließung des Standortes angekündigt, binnen weniger Stunden seien der Betriebsrat und die Belegschaft informiert worden. Es sei keine Betriebsversammlung aller 240 Mitarbeiter gewesen, sondern eine Belegschaftsversammlung. Die IG-Metall habe kein Recht, daran teilzunehmen, dies sei erst am Dienstag geschehen. Epping berichtete, dass sich die Gewerkschaft zum ersten Gespräch den Sachverstand des Technologie-Beratungszentrums aus Mainz mit dazu geholt habe. Ein Unternehmen, das im Juni bereits 89 Prozent Umsatz verzeichne und dies bekannt gebe, zeitgleich über Umsatzrückgang, Ausfall der Großkunden und schlechte Wechselkurse (Euro/Dollar) berichte, führe zu Ungereimtheiten, die man nicht hinnehmen könne. "Da stellen sich mir alle Haare auf, diese Argumente der Konzernleitung sind lächerlich", schimpfte Epping. "Jeder weiß, das Firmen gegen schwankenden Wechselkurse versichert sind", meinte er mit Blick auf die Äußerungen des Vorstandsvorsitzenden der MTD Deutschland, Peter Janssen.
"Der Aufsichtsrat traf die Entscheidung zur Werksschließung, sie ist noch nicht endgültig. Wir werden den Aufsichtsrat an dieser Aussage messen und Alternativkonzepte vorlegen. Ob es gelingt, ist noch offen, aber wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen", kündigte Epping an. Die ganze Situation bei Wolf-Garten und der MTD sei unklar, von Seiten der Gewerkschaft wolle man die Diskussion offen führen. Dies sei man der Belegschaft schuldig, die seit der Involvenz im letzten Jahr viel mitgemacht habe. Die Betzdorfer Belegschaft habe sich da sehr flexibel gezeigt, es sei auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichtet worden und viele hätte ohne Lohn gearbeitet. Jetzt seien rund 40 Leiharbeiter beschäftigt, damit die Stammbelegschaft die aufgelaufenen Überstunden abfeiern könne. Die örtlichen Bereichsleiter habe man auch am Montag zur geplanten Schließung unterrichtet, ebenso wie den Betriebsrat.
Petra Alof, Betriebsratsvorsitzende, berichtete von den eiskalten Mitteilungen, die völlig überraschend für den Standort Betzdorf gekommen seien. St. Wendel, Saarbrücken und Etzbach seien von den angedrohten Schließungen nicht betroffen. Sie äußerte ihren Verdacht, dass dies von langer Hand vorbereitet wurde, und es letztlich in der amerikanischen Mutterfirma niemanden interessiere, welche Schicksale hinter der Betriebsschließungen stünden. "Was hier mit Wolf-Garten passiert, ist eine Schweinerei", sagte sie mit tränenerstickter Stimme. "Wir gehen auch auf die Straße, und dann soll Beck auch mal nach Betzdorf kommen, die meisten Abgeordneten in Bund und Land haben sich bereits gekümmert", so Alof.
Im Bericht von Stephan Kreps stand das Schicksal der 14 schwerbehinderten Wolf-Mitarbeiter im Mittelpunkt. Für Jacqueline Schneider, die für 17 Auszubildende sprach, war die schreckliche Ungewissheit ein Thema. Niemand wisse, ob man die Ausbildung abschließen könne, und die neuen Verträge seien voller Ungewissheit.
Es soll - so der Wunsch aller Beteiligten – ein Bündnis für Wolf-Garten Betzdorf entstehen. Alle Parteien, die Kirchen, die Vereine und Institutionen sind zur Auseinandersetzung mit der Problematik und zur Unterstützung für eine der ältesten Betzdorfer Firmen mit Weltruf aufgerufen. Und: Diese Stimmen sollen bis nach Saarbrücken zur deutschen Konzernzentrale schallen.
Die ersten Solidaritätsbekundungen für die Wolf-Mitarbeiter gab es von der Firma Rexnord (an Epping), von MdB Sabine Bätzing-Lichtenthäler und vom CDU-Kreisvorstand per Pressemitteilung. Wolf-Garten Betzdorf - das ist mehr als nur eine Firma, die Gartengeräte und Rasenmäher herstellt - auch dies wurde im Ratsaal in Betzdorf deutlich. (Helga Wienand)
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Nicht kampflos werden die Wolf-Garten-Mitarbeiter in Betzdorf die angekündigte Schließung des Standortes hinnehmen. Fotos: Helga Wienand
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