Gutachten: Keine Windräder im Wildenburger Land
In der Ortsgemeinde Friesenhagen sind mehrere Windindustrieanlagen mit einer Höhe von 239 Metern geplant. Um die möglichen Auswirkungen dieser Anlagen auf die heimische Tierwelt zu dokumentieren, hat der Morsbacher Ornithologe Christoph Buchen in Zusammenarbeit mit Horst Braun aus Steeg ein Artenschutzgutachten für das Wildenburger Land erstellt und dem Landrat übergeben.
Friesenhagen/Altenkirchen. Dieses Gutachten wurde am 20. Januar 2020 Dr. Peter Enders, Landrat des Kreises Altenkirchen, überreicht. Außerdem erhalten die Bürgermeister der Ortsgemeinde Friesenhagen, der Nachbargemeinden Morsbach und Reichshof sowie der Landrat des Oberbergischen Kreises jeweils eine Ausfertigung.
Christoph Buchen erforscht die Tier- und Pflanzenwelt von Morsbach und dem Wildenburger Land seit über 50 Jahren. Horst Braun beschäftigt sich ebenfalls seit vielen Jahren mit der Natur seiner Heimatgemeinde und kartiert die Tierarten. Beide Fachleute sind Beauftragte für Naturschutz bei der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Altenkirchen und haben 2019 erneut 12 planungsrelevante und Windkraft sensible Tierarten beispielhaft untersucht, vier Fledermausarten und acht Vogelarten. Unterstützt wurden sie dabei von über 70 Gewährsleuten aus der Bürgerschaft.
Seltene Tierarten schließen Genehmigungen aus
Das Fazit der beiden Naturwissenschaftler ist eindeutig: Den geplanten Windindustrieanlagen stehen im Wildenburger Land und in den Nachbarregionen die Vorkommen seltener Tierarten entgegen. Die Arten würden durch diese Anlagen in ihrem Lebensraum beeinträchtigt, und es wäre in der Zukunft ein negativer Trend auf die Bestandssituation der Arten wahrscheinlich. Die geschützten Individuen sehen sich sogar nach dem Bundesnaturschutzgesetz einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt, sollten die Windindustrieanlagen tatsächlich genehmigt werden.
Folgende Untersuchungsergebnisse sprechen gegen die Errichtung von Windindustrieanlagen:
Das Große Mausohr ist eine seltene Fledermausart von europäischer Bedeutung. In zwei Stollen nahe der Gemeindegrenze von Friesenhagen haben 2019 wieder 17 Mausohren überwintert. Auch im Herbst zur Paarungszeit sind sie beobachtet worden. Die Bechsteinfledermaus ist ebenfalls im Gebiet ganzjährig anwesend. Es liegen Winternachweise und der Nachweis von zwei Wochenstuben für den Randbereich des Wildenburger Landes vor. Dies sind die ersten Wochenstuben-Funde der Bechsteinfledermaus am Schnittpunkt des Oberbergischen Kreises und des Kreises Altenkirchen.
Wildenburger Land für Windindustrieanlagen eine Tabu-Zone
Wichtigstes Argument gegen die Genehmigung von Windindustrieanlagen ist das Vorkommen von Schwarzstorch und Rotmilan. Alleine 2019 konnten 364 Flugbewegungen des Schwarzstorches im Wildenburger Land dokumentiert werden. Erfreulich ist der Nachweis von mehreren Schwarzstorchhorsten. Die Lage dieser Horste und die 3-km-Schutzradien rund um diese Horste lassen den Schluss zu, dass das Wildenburger Land für Windindustrieanlagen eine Tabu-Zone ist. Die Gesamtzahl der Schwarzstorchhorste im Wildenburger Land erhöht sich damit für die Jahre 1991 bis 2019 auf mindestens 17 verschiedene Horste mit 50 erfolgreichen Bruten und mehr als 114 Jungstörchen. Das Wildenburger Land und seine Randbereiche gelten damit seit Jahren als wichtiges Brutgebiet im Rheinischen Schiefergebirge.
Vom Rotmilan konnten 2019 immerhin 1.772 Flugbewegungen im Wildenburger Land erfasst werden. Außerdem sind in dem Gebiet 16 Rotmilanhorste und sieben weitere besetzte Reviere dokumentiert worden. In den Jahren 2015 bis 2019 sind bei 44 erfolgreichen Bruten mindestens 56 junge Rotmilane flügge geworden.
„Totschlagargument“ gegen die Genehmigung
Dieses konzentrierte Rotmilanvorkommen ist ein Indiz dafür, dass es sich bei dem gesamten Wildenburger Land und seinen Nachbarbereichen um ein Rotmilan-Dichtezentrum handelt, was quasi ein „Totschlagargument“ gegen die Genehmigung von Windindustrieanlagen ist.
Da sich der Rotmilan gegenwärtig auf die deutschen Mittelgebirgsregionen konzentriert, ist der hiesige Bereich von überregionaler Bedeutung für den Schutz dieser Vogelart europaweit.
Nach der „Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet Wildenburgisches Land“, die 2018 genau 50 Jahre besteht, und nach dem gültigen Regionalen Raumordnungsplan Mittelrhein-Westerwald (RROP) sind Windindustrieanlagen in dem Gebiet unzulässig. Auch weisen die Autoren auf den mangelnden Brandschutz in den Wildenburgischen Forsten hin. In dem heißen Sommer 2019 kam es mehrfach zu Waldbränden, die auch von Windindustrieanlagen ausgelöst werden könnten und nur sehr schwer zu bekämpfen sind.
Mit dem vorliegenden Artenschutzgutachten 2019 möchten Christoph Buchen und Horst Braun den zuständigen Behörden eine wissenschaftliche Hilfestellung und Sachargumente an die Hand geben, die Genehmigungen von Windindustrieanlagen und die Ausweisung von Windenergie-Potentialflächen im Wildenburger Land auf rechtlicher und sachlicher Grundlage zu versagen. Außerdem betonen sie: „Wir werden die bisherigen Horstbäume ganzjährig im Auge behalten und nach neuen Horsten Ausschau halten. Die wissenschaftlichen Kartierungen werden auch in Zukunft fortgesetzt.“ (PM)
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