Im AK-Land soll mehr für die Pflege getan werden
Auch im Kreis Altenkirchen wird die Pflege in den kommenden Jahren einen immer höheren Stellenwert erlangen. Zum einen gilt es, Fachpersonal zu akquirieren und die Strukturen den Erfordernissen anzupassen. Der Kreisausschuss stellte in seiner jüngsten Sitzung mit zwei einstimmigen Beschlüssen weitere Weichen, wohl wissend, dass die Zahl der zu pflegenden Menschen kontinuierlich anwachsen wird.
Altenkirchen. Es ist nicht nur ein Problem im Kreis Altenkirchen: Die Zahl derjenigen, die Menschen pflegen wollen, hinkt weit hinter der eigentlich benötigten zurück. Gleichfalls bietet die Infrastruktur Schwächen, so dass sich der Kreis aufgemacht hat, die aktuellen Situationen zu analysieren, um Mittel und Wege zu finden, den jeweils fehlenden Bedarf abzumildern oder gar komplett aus der Welt zu schaffen. Der Kreisausschuss genehmigte in seiner jüngsten Zusammenkunft ohne Widerspruch zum einen die Verlängerung des Projektes "Pflege! Deine Zukunft" und zum anderen die "Handlungsempfehlungen für die zukünftige Entwicklung der Pflegelandschaft im Landkreis Altenkirchen als Pflegestrukturziele".
Pflegekonferenz seit 2006
Bereits im Jahr 2006 wurde im AK-Land die Pflegekonferenz, der alle Akteure angehören, die sich mit Pflege beschäftigen, mit Pflegestrukturplanung gebildet. Nach zwei Datenreports (2009 und 2016) zur Pflegestrukturplanung, von der Kreisverwaltung als Modellprojekt und von der TU Dortmund erstellt, wurde 2018 die Ausarbeitung von neuen Handlungsempfehlungen, als sinnvoll erachtet. Daraus resultierten fünf Arbeitsgruppen, die die Umsetzbarkeit der Handlungsempfehlungen aus der 2016er-Analyse über Strategien und neue Ansätze beraten und schriftlich ausarbeiten sollten. "Im Oktober 2019 beschloss die Pflegekonferenz einstimmig die Handlungsempfehlungen, die sich in Maßnahmen gliedern, für die der Kreis sowie Bund und Land verantwortlich zeichnen", erklärte Joachim Brenner als Referatsleiter "Allgemeine Sozialverwaltung" im Kreishaus.
Die lokalen Akteure haben sich auf die Fahnen geschrieben (jeweils Auszüge) - präventiver/vorpflegerischer Bereich: Ausbau der Beratung zum Umbau von eigenem Wohnraum, Ausbau des Mobilfunks und der Internetanbindungen sowie Erhalt des ÖPNV; ambulanter Bereich: Etablierung eines kreisweiten Netzwerkes "Häusliche Pflege"; teilstationärer Bereich: Aufklärung über Tagespflege, Ausbau der Kapazitäten; stationärer Bereich: Ausbau der Kapazitäten (auch für die Kurzeitpflege), Verbesserung der Versorgung für Menschen mit Behinderung, psychischer Erkrankung, Demenz oder des Angebots für altersspezifische Pflege; Bereich Palliativ/Hospiz: stationäres Hospiz, Netzwerkarbeit, stationäre und ambulante Versorgung.
Mehr Pflegedienste
Anhand einer Statistik beleuchtete Brenner zudem die Entwicklung der Pflegelandschaft im Kreis zwischen 2006 und Ende des vergangenen Jahres (in Klammern Zahlen des Jahres 2006): Krankenhäuser 3 (3), ambulante Pflegedienste 25 (18), Tagespflegen 8 (2) sowie Alten- und Pflegeheime (18 (18). Zudem schaute er ein wenig in die Zukunft und freute sich über neue Angebote wie von der Neuen Arbeit (Altenkirchen), dem Hiba (Wissen), dem Haushaltsservice Brauer (Kirchen) oder Recura (Hamm). Das Quartett bietet Unterstützung im Alltag, bei niederschwelligen Angeboten oder haushaltsnahen Dienstleistungen.
In Planung oder Umsetzung befinden sich neue Wohnpflegegemeinschaften in Altenkirchen, Hamm und Horhausen. Die Diakonie Südwestfalen hat einen Neubau in Herdorf mit Tagespflege, Demenz-Wohngemeinschaft und Seniorenwohnen für Menschen mit Pflegebedarf/Pflegegrad ins Auge gefasst. Neue ambulante Pflegedienste sind "Recura" in Hamm und "Deheem" in Birken-Honigsessen. Weitere Pflegeteams der Ökumenischen Sozialstation sind in Gebhardshain und Niederfischbach am Start.
Weitere Projekte
Auch im teilstationären und stationären Bereich wird sich das Angebot ausweiten. So soll in Gebhardshain eine neue Tagespflege entstehen, ist die Reaktivierung der Tagespflege im Alten- und Pflegeheim St. Barbara in Mudersbach ein Thema. Ein großer Schritt nach vorne ist die Eröffnung und erste Belegung des Pflegedorfes der Lebenshilfe in Flammersfeld mit 72 voll- und 14 teilstationären Plätzen. In Betzdorf wird die Planung für den Neubau des Alten- und Pflegeheims St. Josef konkreter. Ebenfalls reifen Gedanken für die Erweiterung des Alten- und Pflegeheims St. Vinzenzhaus in Gebhardshain um 20 Betten. "Die Fachkräftegewinnung stellt ein zentrales Thema der Handlungsempfehlungen dar", machte Brenner deutlich. Ausbildungsstruktur, Vergütung und Arbeitsbedingungen seien in den Handlungsempfehlungen für Bund/Land thematisiert worden.
Projekt wurde verlängert
Aufgrund der Rahmenbedingungen sucht der Kreis Ansätze, um mit Projekten und Kooperationen selbst eigene Wege aus der Misere zu finden. Dazu zählen Workshops, die Teilnahme der in der Pflege tätigen Anbieter an der Ausbildungsmesse in Altenkirchen, die Kooperation mit Schulen oder das Projekt "Pflege! Dein Beruf", dessen Verlängerung bis August 2021 der Kreisausschuss einstimmig genehmigte. Die Kosten wurden mit rund 19.000 Euro angegeben. Die Kampagne, im Herbst 2018 gestartet, richtet sich als niederschwelliges Angebot für den Einstieg in den Pflegesektor an Geflüchtete und Migranten. Instrumente sind der Freiwilligendienst (FSJ/BFD) für den Zeitraum von 12 bis maximal 18 Monate. Kooperationspartner für die bis zu zehn Teilnehmer ist der DRK-Landesverband. Einsatzstellen sind Pflegeeinrichtungen im Kreis, berufsbezogene Sprachkurse und Seminare eine Selbstverständlichkeit. Seit dem Jahr 2014 hat der Kreis 2750 Menschen der Migrations- und Fluchtbewegungen aufgenommen.
Freude über Lernwilligkeit
"Aktuell", so Brenner, "sind es zwölf Projekt-Teilnehmer, die aus zehn verschiedenen Ländern stammen." Vier kommen aus der Gruppierung der unbegleiteten minderjährigen Ausländer und haben in Deutschland ihre Schulabschluss absolviert. "Entsprechend gut sind ihre gesprochenen und geschriebenen Deutsch-Kenntnisse", ergänzte er. Die Sprachkurse (berufsbezogen auf die Pflege) werden an der Kreisvolkshochschule absolviert. Die Lehrkräfte seien sehr angetan vom Lernwillen der Gruppe. "Die Betreuung der Einsatzstellen läuft planmäßig", berichtete Brenner, der auch Problembereiche darstellte: Pünktlichkeit und Fluktuation, Unwissenheit über Arbeitsabläufe und Strukturen in Deutschland, ausländerrechtliche Angelegenheiten, fehlende Schulbildung sowie Wohnungsmangel und Mobilität. (hak)
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