„Lady Chic“ in Wissen meistert die Krise mithilfe von Social Media
Wenn wichtige Dinge fehlen, sind Ideen, wie ein Ersatz erfolgen kann, von immenser Bedeutung. Umsatz, der abrupt auf Null gefallen ist, lässt Einzelhändler in Zeiten der Corona-Pandemie neue Wege beschreiten, um das garantierte finanzielle Fiasko ein wenig erträglicher zu gestalten.
Wissen. Wie wichtig soziale Medien in diesen Tagen und Wochen auch für Einzelhändler sein können, zeigt das Beispiel von Nicole Häusler. Die Geschäftsführerin des Wissener Modehauses "Lady Chic" bespielt Instagram & Co., um mit Verkäufen trotz geschlossenen Ladenlokals wenigstens ein wenig die Kasse klingeln zu lassen. Seit über einer Woche ist sie mit selbst produzierten Videoclips, die das Outfit präsentieren, das im Frühjahr angesagt ist und das sie in ihrem Laden offeriert, im weltweiten Netz unterwegs, um ihren Kundinnen auch weiterhin als kompetente Modeexpertin zur Seite zu stehen. "Jeden Tag stelle ich zwischen fünf und sechs Sequenzen online", berichtet Häusler, "ich muss ja irgendwie zu den Kunden kommen." Froh ist sie, dass "ich die Situation finanziell so ein wenig abfedern kann". Ihre Erreichbarkeit hinter den zugesperrten Türen beginnt um 9.30 und endet um 14 Uhr.
Modenschauen im Netz
Das Prozedere, wie Verkäufer und Käufer zueinander finden, ist denkbar einfach. Das geschieht über Instagram, Mail, Telefon oder WhatsApp. Die Interessentin berichtet nach Studium der selbst gefilmten Modenschauen, an welcher Bluse, Rock oder Jacke sie Gefallen gefunden hat, ehe Häusler das Paket inklusive eines Beautyprodukts als "Bonbon" schnürt und es auf den Versandweg gibt. Hin und wieder werden Livechats eingestreut, in denen es darum geht, ob beispielsweise Farbe, Größe, Preis, Qualität und Schnitt zum Typ der potenziellen Abnehmerin passen. Im Umkreis von rund 15 Kilometer um Wissen herum macht sie sich selbst auf Tour als Botin, hängt die Fashion-Auswahl-Box – teils auf der Fahrt gen Heimat in den Hohen Westerwald – in einem Stoffbeutel an die Haustürklinke der Kundin. So werde der erforderliche Abstand gewahrt, verdeutlicht sie. Weiter entfernt beheimatete Bestellerinnen werden via DHL portofrei mit der Ware versorgt. "Wie beim Online-Handel gibt es natürlich die Möglichkeit der Rückgabe wegen Nichtgefallens oder wegen des Wunsches, eine andere Größe zu probieren", ergänzt Häusler, "entweder fahre ich wieder vorbei, oder die Retoure erfolgt über den Postweg."
Geschäft in dritter Generation
In einem ersten Fazit spricht Häusler, die das Bekleidungsgeschäft in der Rathausstraße seit rund 20 Jahren und bereits in dritter Generation als Familienbetrieb führt, von einer "wirklich unglaublichen Resonanz. Das System hat sich inzwischen verselbstständigt. Es sind nicht nur Stammkundinnen, die dieses Angebot wahrnehmen. Ich freue mich auch, dass es immer wieder Neuzugänge gibt". Zudem garantiert die aus der Not geborene Idee gerade wegen des geschlossenen Geschäfts den Fortbestand der engen Beziehung zu Häuslers Klientel, zumal für sie die "Kundenpflege sehr wichtig ist". Als weiteren Aspekt des guten Echos vermutet sie, dass "uns als Einzelhändler wirklich geholfen werden soll, auch nach der Krise noch vor Ort präsent zu sein. Das finde ich gut, dass uns solch eine Chance gegeben wird".
Antrag auf Kurzarbeit
In genau dieses Bild passt auch Häuslers Verhältnis zum Vermieter des einen Ladenlokals (für den anderen Bereich von den insgesamt 150 Quadratmetern Verkaufsfläche muss nichts gezahlt werden). Da sei momentan alles in grünem Bereich, "wir pflegen einen vertrauensvollen Umgang. Wir kommen gut miteinander aus. Da hilft uns gewiss der ländliche Raum, in dem wir leben", erklärt sie und hofft, dass es alsbald zu keinen Veränderungen kommt. Eine Neuregelung scheint hingegen für ihre zwei Vollzeitangestellten so gut wie unabwendbar zu sein. Es deute sich an, dass "ich wahrscheinlich bald Kurzarbeit beantragen muss".
Viele IHK-Seminare
Dass Häusler sich so gut mit Social Media auskennt und deren Vorteile intensiv zum Fortbestand ihres Betriebes einbringen kann, hat einen einfachen Grund. "Ich habe an sehr vielen Seminaren der Industrie- und Handelskammer teilgenommen, das kommt mir jetzt zugute", blickt sie zurück, teilweise habe sie damals nicht verstanden, warum die Kurse bisweilen auf eine schwache Resonanz gestoßen seien: "Ich habe das Glück, dass ich mich jetzt mit diesen Dingen auskenne, da ich sie dringend brauche." (hak)
Informationen zu Nicole Häuslers Angebot unter Tel. 02742/1855 oder www.ladychic-wissen.de
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