Michael Wagener: Ein kommunalpolitisches Urgestein zieht Resümee
Eigentlich könnte Michael Wagener ein Buch schreiben, so viel habe er erlebt in seiner Zeit, in der er kommunalpolitisch das öffentliche Leben zuerst in Hamm und Roth und dann seit 1996 als Bürgermeister in der Verbandsgemeinde Wissen mit gestalten konnte. Es gab Höhen und Tiefen, was bleibt sind viele Erinnerungen an gute und herausfordernde Zeiten und der freudige Blick auf den wohlverdienten und sicher aktiven Ruhestand.
Wissen. Noch hat der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Michael Wagener ein paar Arbeitstage vor sich, bis er ab dem 1. Juli in seinen wohlverdienten Ruhestand geht. Im Rückblick auf insgesamt fast 40 Jahre im Dienst, davon gut 36 Jahre in der Kommunalpolitik, wovon er 24 Jahre in Wissen tätig war, sind diese wenigen Tage nur ein kurzer Augenblick.
So lässt er es sich nicht nehmen in dieser verbleibenden Zeit noch einmal alle seine Ortsgemeinden zu besuchen und auch an seinem letzten Arbeitstag am 30. Juni wird er der Sitzung des Stadtrates in Wissen beiwohnen. Es ist nun aber auch die Zeit, um noch einmal Resümee zu ziehen und über besondere Erlebnisse, Herausforderungen und Veränderungen der vergangenen Zeit zu sprechen.
Michael Wageners Werdegang
Der heute 64-Jährige Wagener wurde am 6. Oktober 1955 in Roth-Öttershagen geboren. Nach erfolgreichem Abschluss des Abiturs absolvierte er seinen Grundwehrdienst und begann 1976 sein Studium der Rechtswissenschaften an der Johannes Gutenberg Universität in Mainz. Es folgte das erste juristisches Staatsexamen und seine Arbeit im Rechtsreferendariat im Oberlandesgerichtsbezirk Koblenz von 1982 bis 1985. Nach Abschluss des 2. juristischen Staatsexamens im Jahr 1985 war der Volljurist dann bis 1996 als Dezernent und Vorsitzender des Kreisrechtsausschusses, zuletzt als Kreisverwaltungsdirektor für den Landkreis Altenkirchen, tätig.
Immer auch politisch interessiert wirkte er schon während dieser Zeiten ab 1984 als Mitglied des Verbandsgemeinderates und teilweise auch als Fraktionsvorsitzender in der Verbandsgemeinde Hamm. Es folgte die Mitgliedschaft im Gemeinderat (teilweise als Fraktionsvorsitzender) in der Ortsgemeinde Roth (1989 - 1996), wovon er zwei Jahre als Ortsbürgermeister aktiv war, bis es ihn dann nach Wissen zog und er am 1. Juli 1996 zum Bürgermeister der Verbandsgemeinde Wissen gewählt und damit Verwaltungschef wurde. Dieses Amt begleidet er nun seit beachtlichen 24 Jahren noch bis zum 30. Juni. Zusätzlich hatte er in der überwiegenden Zeit von 1999 bis 2017 das Ehrenamt des Stadtbürgermeisters in Personalunion inne.
Insgesamt wurde Wagener in seiner politischen Karriere acht Mal durch Urwahlen bestätigt, sieben Male davon in der Verbandsgemeinde und Stadt Wissen.
Damit aber nicht genug: Wageners Aktivitäten reichen weit über den Tellerrand der Kommunalpolitik hinaus. Seit 1999 fand man ihn in den verschiedensten Verbänden als Mitglied, Vorsitzenden und Vorsteher (Zweckverband Wasserversorgung Kreis Altenkirchen, Aggerverband, Zweckverband EAM, Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz) und auch als Mitglied des Kreistages des Landkreis Altenkirchen und Mitglied des Verwaltungsrates der Kreissparkasse wirkte er.
Was macht Wagener aus?
Er selbst sagt von sich, er sei „ein Stück weit Preussischer Beamter“ in Anlehnung an den Freiherrn vom Stein. Was dies ausmache sei, dass er den Moment des korrekten Handelns verinnerlicht habe. Dabei Ermessensspielräume erkannte und nutzte, manchmal auch eine „knallharte Linie“ gefahren sei. Es ginge ihm dabei nicht darum nach Obrigkeiten zu handeln, sondern in einem vorgegebenen Ordnungsrahmen zu arbeiten und sich dabei auch nichts vergebe, sich dynamisch an Veränderungen anzupassen. „Dann funktioniere das auch“, beteuert Wagener. Bestes aktuelles Beispiel sei hierfür gerade die stetigen Veränderungen während der Corona-Pandemie.
Herausforderungen und gute Weggefährten
Gute Weggefährten brauche man in der Politik und wenn man Ämter wie die des Bürgermeisters begleitet. Von ihnen habe er in all den Jahren wirklich viele an seiner Seite gehabt, schildert Wagener begeistert. In diesem Zusammenhang erinnert sich der Volljurist allerdings gleichwohl an seine erste Zeit in Amt und Würden in Wissen. Innerhalb eines Jahres seien drei seiner guten Wegbegleiter verstorben und damit musste er von jetzt auf gleich allein im kalten Wasser schwimmen, das sei schwer und traurig gewesen. Nicht ganz, erzählt Wagener warmherzig: Denn bei all dem Verlust habe seine Mannschaft gezeigt, wie gut sie geschult war, die „zweite Reihe“ in der Lage war Verantwortung zu übernehmen und die nötige Unterstützung gab.
Gute Begleiter habe er auch in der Zeit gehabt, als es ihm Ende 2016 gesundheitlich sehr schlecht ging. Er selbst zog die Reißleine und auf Rat der Ärzte und auch seiner Familie begab er sich in ärztliche Behandlung. Danach trat er beruflich kürzer und legte als Folge 2017 das Amt des Stadtbürgermeisters nieder.
Highlights in seiner Amtszeit - Entwicklung der Verbandsgemeinde
Die Stadt und auch die Verbandsgemeinde sieht Wagener auf einem guten Weg. Mit einer guten Infrastruktur für Verkehr, Bildung, Sport und Kultur sei das Wisserland gut aufgestellt. Man habe viele finanzielle Kraftakte in der Vergangenheit machen müssen, die aber wichtig waren. Mitte der 1960er Jahre wurde das letzte Bergwerk im Wisserland geschlossen und 1995 folgte mit dem Walzwerk die Stilllegung des einst modernsten Stahlwerkes Europas. Als er 1996 sein Amt antrat, hatte er das Gefühl, durch die vielen Verluste, allein an Arbeitsplätzen, liege eine „Depression“ auf der Verbandsgemeinde. Die Zukunftsschmiede, seit 2000 aktiv, habe einen großen Anteil am damaligen Aufbruch und der Aufarbeitung.
Es sei wie eine „Welle gewesen“, viel habe reingespielt. „Wir haben die Chancen, die geboten wurden, genutzt und auf der Suche nach Lösungen im richtigen Moment zugegriffen, dabei ist man manchmal auch mit weniger zufrieden gewesen“. Als Meilensteine nennt Wagener die Ansiedelung der Firma Brucherseifer 2003 auf dem ehemaligen Walzwerkgelände, die Gestaltung der Walzwerkstraße, den Bau des Regiobahnhofs, der 2006 feierlich eingeweiht wurde, und die Eröffnung des Kulturwerks 2009, um nur ein paar der großen Projekte zu nennen.
Spricht man ihn auf das Rathaus als solches an, sagt er, er habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass er sich immer für einen Neubau ausgesprochen habe. Als der Rat sich allerdings 2017 für die Umgestaltung des Katasteramtes entschied, sei es seine Pflicht gewesen, die noch laufende Umsetzung dieser Entscheidung mit zu tragen und zu gestalten.
Eine der markantesten Maßnahmen sei die Übernahme der Trägerschaft der Kindertagesstätten durch die Verbandsgemeinde gewesen (insgesamt fünf aus Stadt und verschiedenen Ortsgemeinden). Sein „Baby“, wie es Wagener väterlich nennt, durch das man in diesem Bereich stets effizienter und effektiver geworden sei. Die Truppe der Kitas sei eine richtig tolle, Synergien ergäben sich ständig, schwärmt er.
Apropos Synergien: „Nicht jeder kann alles vorhalten“, meint Wagener und viele Kommunen haben die gleichen Themen. Umso wichtiger sei es auch für die Zukunft geschlossen mit anderen Kommunen, dabei eventuell über die Landesgrenzen hinweg, gemeinschaftlich zu arbeiten. Es ergäben sich oftmals Vorteile und in der Gesamtheit habe man einen großen Einfluss. Als Beispiel nennt er hier den Zweckverband Wasserversorgung und auch die Beteiligung der Kommunen an der EAM (Energienetz).
Unvergessliche Momente
Viele unvergessene Momente gab es in Michael Wageners Amtszeit. In seinem Rückblick erinnert sich Wagener besonders an den katholischen Weltjugendtag 2005. Für mehr als 1.700 junge Menschen war die Stadt damals als Gastgeber aufgetreten und als Dank wurde auch er mit seiner Gattin zur Papstmesse geladen. Ein weiteres Highlight, als Bundespräsident Joachim Gauck 2016 nach Berlin einlud und Wagener samt einigen seiner Bürgermeisterkollegen auch aus der Verbandsgemeinde Wissen seinen Dank für ihr tägliches Engagement aussprach. Der Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Jahr 2018 im Kulturwerk darf hier auch nicht unerwähnt bleiben.
Dem Ruhestand entgegen
Zufrieden und mit einer positiven Grundeinstellung, in der er sein Berufsleben gut gestaltet habe, blickt Michael Wagener nun dem Ruhestand entgegen. Ruhiger wird es hier sicher nicht zugehen, denn er hat viele Ideen, wie er sich zukünftig seine Zeit vertreiben möchte. Seinem Hobby der Modelleisenbahn will er sich widmen und der Geschichte, für die er sich schon immer sehr interessiert hat. Vielleicht trifft man ihn demnächst in den Hörsälen an der Uni Siegen oder Köln, wo er sich möglicherweise seinen Traum erfüllt. Denn eigentlich wollte er einmal Geschichte studieren. Natürlich darf auch das Reisen nicht zu kurz kommen. Er und seine Frau Martina seien immer gerne gereist und es gibt noch viele Orte, die er sich ansehen möchte. Und nicht zu vergessen: Da ist noch seine kleine Enkeltochter, die ihn „positiv beansprucht“ und der er sich mit viel Hingabe widmen wird.
Offiziell wird Michael Wagener im Rahmen der Sitzung des Verbandsgemeinderates am 25. Juni im Kulturwerk verabschiedet. Wir wünschen ihm schon jetzt alles Gute für den neuen Lebensabschnitt. (KathaBe)
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